Donnerstag, 5. Dezember 2013



3.12., Granada

Wer schreitet so früh durch finsterste Nacht? Ich bin´s am Weg zur Alhambra, die sperrt nämlich auf um acht. 6600 Tickets pro Tag werden ausgegeben, davon ein Drittel an der Tageskassa. Mein schlaues Buch meint, ab sieben müsse ich mich mindestens anstellen, um realistische Chancen auf Einlass zu haben. Um 7.45 komme ich schnaufend oben am Festungsberg an, wir sind zu dritt. Nebensaison, eindeutig. Und was treibt sonst die Horden? Ein Kultur- Special. Diese coole Anlage beherbergt eine Festung aus dem 11. Jahrhundert, die Paläste der Nasriden (Muslim- Oberchecker), Gärten, eine Medina, Türme, Gräben, Brunnenanlagen und vieles mehr. Kirchen auch und Eigenheime christlicher Häuptlinge gibt´s auch massig, denn irgendwann wurden die Muselmanen ja wieder  ihrerseits in den Arsch getreten und gen Süden gebirnt. Kultur haufenweise, ein Audio- Guide plappert mir Jahreszahlen und Dynastien in´s Ohr, zwei Museen gibt´s auch noch da oben. Zu Mittag ziehe ich den vierten Pulli aus, nach fünf Stunden bin ich streichfähig und überlasse den mittlerweile doch noch eingetroffenen, asiatischen  Heerscharen das Feld.


2.12., Von Ubeda nach Granada.

Heute ist das Fahren noch superer. Ich tuckere entspannt durch´s sehr dünn besiedelte Andalusien, Kurve um Kurve fahre ich durch die größten zusammenhängenden Olivenhaine der Welt, angeblich mehrere Millionen Bäume stehen hier. Monokulturen überall. In Italien endlose Bahnen von Lavendel, entlang der Küste gab´s weitläufige Zitrusfruchtplantagen und hier gibt´s stundenlang fast nichts anderes als Oliven. Dazwischen eine herrschaftliche Hazienda oder auch mal ein kleines Dorf, klischeehafte Hirten mit ein paar Ziegen, die ersten streunenden Hunde. Und dann zeichnet sich die schneebedeckte Sierra Nevada am Horizont ab, sehr schön. Am Fuße dieser Berge liegt Granada, über acht Jahrhunderte unter muslimischer Herrschaft und geschichtsträchtig wie nur was. Am neuen Platz tanzen Damen in wehenden Gewändern den Flamenco, tacatacatacatacatacatacatacatac, die Sonne scheint und ich sitze das erste Mal seit dem Beginn meiner Reise bei einem Bier im Freien und die Temperaturen sind erträglich. Zum Gerstensaft werden Tapas frei Haus gereicht, das ist sehr aufmerksam. Der Erdäpfelschmarrn ist köstlich aber der nächste Gruß aus der Küche verlangt mir einiges ab. Fett und Flachsen und Glibberzeug auf Gulasch-Art. Tacatacatacatacatacatacatacatac, nicht viel schauen, nicht viel kauen, runter damit.


                       1.12., Von Valencia nach Ubeda

So mag ich das. Ich biege von der Küste weg nach rechts ab und becruise das Landesinnere. Und gleich wird´s viel hübscher. Wunderschön wilde Felsungetüme in der Gegend verstreut, kein Provinzstädtchen ohne gotische Kirche und viele davon oben in den Bergen. Nur mit den Tankstellen haben sie´s hier nicht so.Und als ich einem Bullizisten in höchster Bedrängnis pantomimisch erkläre, ich hätte keinen Tiger mehr im Tank, bekomm ich gleich eine Eskorte zur nächsten Tankstelle. Stefsechef is delighted. Seltsamerweise lungern in diesen Kaffs haufenweise Schwarzafrikaner auf den Straßen herum aber sonst niemand. Total verloren wirken die Typen, wie wenn sie ohne weitere Erklärung einfach hier ausgesetzt worden wären. In Ubeda ist alles in Renaissance und UNESCO und sonst weht die tote Hose im kalten Wind, weil heute Sonntag ist. Oder weil es hier immer so zugeht.

30.11., Valencia

                       Ich besuche das „Museum der schönen Künste“. Laaaangweilig! Hauptmotiv hier ist Homeboy Jesus. Jesus als Zwerg, Jesus am Kreuz, Jesus beim Essen mit seiner Partie, Jesus beim Bluten (Irgendwelche Weiber fangen dabei jedesmal so auf unauffällig seinen Blutstrahl in einem Kelch auf, lecker), Jesus erledigt. Aufgelockert wird das Szenario immer mit überfressenen Baby- Engeln mit unübersehbaren Trisomie 21- Tendenzen.


 29.11. Von El Masnou nach Valencia

                        Die Hilde fährt am Wochenende Doppelschicht und hackelt zusätzlich zum Haupt- Brotjob noch als Nachtportier in einem Hotel. Also machen wir uns beide noch vor Sonnenaufgang auf den Weg, ich cruise weiter gen Südwesten. Heute geht´s zügig dahin über gut ausgebaute Schnellstraßen, aber die Landschaft ist größtenteils wertlos. Links ist zwar meistens das Meer in Blickweite, aber sonst verschandeln Industrieanlagen und schmutzige Städte die Umgebung. Ich kann mir anziehen, soviel ich will, nach spätestens einer Stunde bin ich durch und durch ausgefroren. Aber wenigstens das Moped verhält sich unauffällig, trotz beginnender Inkontinenz. Den Aufregungen der letzten Tage isses wohl geschuldet, daß sich ab nun immer ein kleines Pfützchen Öl unter dem Gasrad finden wird. In Valencia checke ich in der billigsten Bude der Stadt ein. Das Zimmer um schlanke 13 Juros, bewachte Tiefgarage inklusive. Der Rezeptionist sitzt in Tarnkleidung hinter der Budel, ein Bewegungsmelder pfeift und verrät mich schon beim Eintreten. Mein Zimmer liegt im dritten Stock. Ob es vielleicht einen Lift gäbe? „Maybe next century.“ Warum ist die Bude so billig? Das Zimmer hat keine Heizung und draußen hat´s zehn Grad, deshalb. Dafür ist die Lage geschmeidig, quasi um´s Eck findet sich eine der Hauptsehenswürdigkeiten der Stadt, nämlich der riesige, überdachte Markt. Hier spielt sich´s anders ab. Die Leute schlendern nicht durch die einzelnen Gänge und gustieren, ganze Trauben von Menschen drängen sich vielmehr vor den Standeln, so daß die Verkäufer die Ware gar nicht mehr anpreisen müssen. Jede/r weiß scheinbar schon vorher ganz genau, was er/sie will, dazwischen sind die Gänge fast wie ausgestorben. Und was gibt´s da einzukaufen, außer dem üblichen Angebot? Haufenweise ganze  Schweinegesichter inklusive der Ohren, große Hufe, Fischteile im Durchmesser einer großen Pizza und Paella in allen Variationen. Und  natürlich Schinken. Zu Hunderten hängen die Keulen in unterschiedlichen Reifegraden von der Decke. Die frischen Keulen sind schon um weniger als 100 Juros zu haben, die „Gran Reserva“- Geräte kosten um die 750.-. Die hängen auch schon ein paar Jährchen ab, der Fettrand ist schon unappetitlich grau und der Geschmack
                        bleibt eurer Fantasie überlassen. Ihr könnt ja auch mal was beitragen.


28.11., ElMasnou

Die Nacht war zur Abwechslung bitterkalt. Drei Pullover, ein Schlafsack, eine Decke, von Feuer geträumt, trotzdem hab ich gefroren wie ein asozialer Pinguin. Hilde hackelt im World Trade Center in Barcelona und reißt schon sehr früh ab, dann geht die Sonne auf, der Strom ist wieder da und ich dreh mich noch einmal um und bleib noch laaaange liegen, yes. Zwei Espresso, endlich wird´s warm im Zimmer. Am Horizont schieben sich langsam und geräuschlos Frachter und Containerschiffe durch´s Bild und sonst passiert nix und das ist gut so. Lektüretechnisch kann ich wählen zwischen der „Astro- Woche“ und dem „PM“- Magazin, da fällt die Wahl nicht sehr schwer. Ein ereignisloser Tag, wunderbar.