25.11., Leh
Kein Schnee,
julee! Dieses Zauberwort reimt sich nicht nur, es kann hier mehr oder weniger wahllos
eingesetzt werden. Zur Begrüßung, Verabschiedung und Danksagung auf alle Fälle
und beim Rest kann man´s zumindest versuchen. Mittlerweile weiß ich, warum ich immer etwas Sand in der
Suppe habe. Die Gerste wird zuerst mit Sand vermischt, damit sie nicht anbrennt und dann geröstet. Der Sand wird zwar später
wieder weggesiebt, aber so hundertprozentig dürfte das nicht hinhauen. Die geröstete
Gerste, jetzt Tsampa, kommt dann in
die Suppe und die heißt jetzt Thukpa.
Die bekomme ich in Varianten täglich und dann Chapati mit Gemüsepampe und hin
und wieder ein paar Brocken sagenhaft zähes Fleisch dazu. Das quietscht dann,
als würde ich eine rohe Badeente verzehren, aber vielleicht ist das traditionell
bedingt. Gibt ja auch nicht genug Energie in der Gegend, um die Viecher zart zu
kochen. Meine Wirtin jedenfalls ist eine sehr gute Köchin, da kann ich nicht
klagen. Reis gab´s bis jetzt nur einmal. Der wird erst seit ein paar Jahren von
der Regierung als Grundnahrungsmittel subventioniert und ist noch recht neu in
der ladakhischen Küche. Das „Energy“-Stew
von gestern mit münzgroßen Teigteilen und halbrohen
Erdäpfeln und der Frost in meiner Kammer zwingen mich auch heute zu alsbaldiger
Aktivität. Die Hot bucket shower absolviere
ich dabei aus reinem Selbsterhaltungstrieb in Rekordzeit. Dann raus, in die
benachbarten Dörfer. Ich passiere eine kleine Mission der Herrnhuter,
irgendeine christliche Partie. Immerhin, einer der Missionare hat hier vor gut
hundertdreißig Jahren die Kartoffel eingeführt. Dann schaue ich mir ein paar
Chörten an, das sind glockenförmige Kuppeln die oft bizarre Reliquien
buddhistischer Heiliger enthalten. Haare, Finger, Zähne, so was in der
Art. Ein Sackerl getrocknete Marillen erstehe
ich von einer nebenbei Wolle spinnenden Alten und tibetische Klangdinger, das
sind zwei Tellerchen, die mit einer Schnur miteinander verbunden sind und
klingen. An die siebentausend Tibeter befinden sich zur Zeit in ladakhischen
Flüchtlingscamps, das größte Lager ist nur ein paar Kilometer von hier
entfernt. Noch ein Buch eintauschen und
bei Sonnenuntergang mache ich mich durchgefroren auf den Weg heim, in Erwartung
der abendlichen Ausspeisung. Sollte sich jemand fragen, was ich abends so
treibe- nichts. Ich liege trotz dem Alibi-Strahler mit Haube und Handschuhen
unter vier Decken begraben und hauche kleine Wölkchen zur Decke hoch. In Leh
gibt´s keine Touris und kein Nachtleben. Nur das Hotel Ibex betreibt eine Bar mit Alkoholausschank. Am Weg dorthin würde
ich wahrscheinlich erfrieren und das trostlose Schauspiel angesoffener indischer
Männer kenne ich noch gut von früheren Zeiten. Morgen werde ich Leh in der Früh
mit dem Bus verlassen und nach Likir übersiedeln. Rings um Leh gibt´s ja nichts
als hohe Berge und Pässe, das ist mir zu kalt und zu riskant. Von Likir führt
ein schöner Trek nachTingmogang, den man in drei oder vier Tagen schaffen kann
und der nie viel höher führt als viertausend Meter. Er trägt den Beinamen Baby Trek, klingt genau nach meiner Wanderliga.
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