Freitag, 25. November 2016



25.11., Leh
Kein Schnee, julee! Dieses Zauberwort reimt sich nicht nur, es kann hier mehr oder weniger wahllos eingesetzt werden. Zur Begrüßung, Verabschiedung und Danksagung auf alle Fälle und beim Rest kann man´s zumindest versuchen. Mittlerweile weiß ich, warum ich immer etwas Sand in der Suppe habe. Die Gerste wird zuerst mit Sand vermischt, damit sie nicht anbrennt und dann geröstet. Der Sand wird zwar später wieder weggesiebt, aber so hundertprozentig dürfte das nicht hinhauen. Die geröstete Gerste, jetzt Tsampa, kommt dann in die Suppe und die heißt jetzt Thukpa. Die bekomme ich in Varianten täglich und dann Chapati mit Gemüsepampe und hin und wieder ein paar Brocken sagenhaft zähes Fleisch dazu. Das quietscht dann, als würde ich eine rohe Badeente verzehren, aber vielleicht ist das traditionell bedingt. Gibt ja auch nicht genug Energie in der Gegend, um die Viecher zart zu kochen. Meine Wirtin jedenfalls ist eine sehr gute Köchin, da kann ich nicht klagen. Reis gab´s bis jetzt nur einmal. Der wird erst seit ein paar Jahren von der Regierung als Grundnahrungsmittel subventioniert und ist noch recht neu in der ladakhischen Küche. Das „Energy“-Stew  von gestern mit münzgroßen Teigteilen und halbrohen Erdäpfeln und der Frost in meiner Kammer zwingen mich auch heute zu alsbaldiger Aktivität. Die Hot bucket shower absolviere ich dabei aus reinem Selbsterhaltungstrieb in Rekordzeit. Dann raus, in die benachbarten Dörfer. Ich passiere eine kleine Mission der Herrnhuter, irgendeine christliche Partie. Immerhin, einer der Missionare hat hier vor gut hundertdreißig Jahren die Kartoffel eingeführt. Dann schaue ich mir ein paar Chörten an, das sind glockenförmige Kuppeln die oft bizarre Reliquien buddhistischer Heiliger enthalten. Haare, Finger, Zähne, so was in der Art.  Ein Sackerl getrocknete Marillen erstehe ich von einer nebenbei Wolle spinnenden Alten und tibetische Klangdinger, das sind zwei Tellerchen, die mit einer Schnur miteinander verbunden sind und klingen. An die siebentausend Tibeter befinden sich zur Zeit in ladakhischen Flüchtlingscamps, das größte Lager ist nur ein paar Kilometer von hier entfernt. Noch ein Buch eintauschen und bei Sonnenuntergang mache ich mich durchgefroren auf den Weg heim, in Erwartung der abendlichen Ausspeisung. Sollte sich jemand fragen, was ich abends so treibe- nichts. Ich liege trotz dem Alibi-Strahler mit Haube und Handschuhen unter vier Decken begraben und hauche kleine Wölkchen zur Decke hoch. In Leh gibt´s keine Touris und kein Nachtleben. Nur das Hotel Ibex betreibt eine Bar mit Alkoholausschank. Am Weg dorthin würde ich wahrscheinlich erfrieren und das trostlose Schauspiel angesoffener indischer Männer kenne ich noch gut von früheren Zeiten. Morgen werde ich Leh in der Früh mit dem Bus verlassen und nach Likir übersiedeln. Rings um Leh gibt´s ja nichts als hohe Berge und Pässe, das ist mir zu kalt und zu riskant. Von Likir führt ein schöner Trek nachTingmogang, den man in drei oder vier Tagen schaffen kann und der nie viel höher führt als viertausend Meter. Er trägt den Beinamen Baby Trek, klingt  genau nach meiner Wanderliga.

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