Donnerstag, 7. März 2019

6.3., von Bogota nach Wien

Jüngst erstandene Schuhe, Tücher, Kapperl, Sonnenbrillen, Rum im Tetrapak und Kokakekse haben den Platz von Sonnencreme, Zahnpasta, Fenistil, zerrissenen T-Shirts und Hosen, löchrig gewordenen Socken, entsorgten Turnböcken, einer vergessenen Badehose und sonstigen verschwundenen Gebrauchsartikeln eingenommen.
Trotzdem habe ich weniger Gepäck als noch vor drei Monaten. Der abschließende Einkaufsstreifzug durch die Einkaufszentren, Handwerks- und Fetzenmärkte Bogotas war dennoch von Erfolg gekrönt. Die Stadt erinnert an Berlin mit seinen breiten Straßenschluchten und frei stehenden, mit Graffiti beschmierten Hochhäusern. Überlange Gelenksbusse fahren ungehindert auf eigenen Spuren. Fußgängerzonen und Parks, ein Universitätsviertel, alle Branchenvertreter gebündelt in einer Straße.
Wir beobachten Segnungen der Massen auch außerhalb der Kirchen, fast jeder trägt heute ein schwarzes Kreuz auf der Birne spazieren. Irgendein Feiertag wohl. Der letzte Tag verrinnt mit den üblichen Notwendigkeiten. Aus Esteban aka Stefsechef wird wieder Stef, der Chef. Die gebackene Leber bei Muttern ist bestellt und Marillenknödel für die Gefährtin, weil sie so brav war. Meistens. Mit dem ersten Flug geht´s noch einmal zurück nach Panama, dann weiter nach Frankfurt, wo
mich noch immer niemand versteht. Nach Wien ist´s nicht mehr weit, das sorgt durchaus für Heiterkeit. Hasta pronto!
5.3., Bogota

Das Goldmuseum dürfe man sich als Freund der gehobenen Kultur keinesfalls entgehen lassen, wurde uns von mehreren Stellen her nahegelegt, und so kämpfen wir uns heute durch mehr als fünfzigtausend Exponate auf vier Geschossen. Gewaltige Gesichtsblenden, die auf Herrschernasen montiert waren, unfreiwillig komische Totenmasken, Rollen von Blattgold, vielleicht das damalige Klopapier der oberen Zehntausend, winzige und filigrane Kunstwerke aus jeder Ecke des Landes und
allen Jahren seiner Geschichte. Mir reicht´s schon im zweiten Stock und würde ich irgendwo über einen verlorenen Goldbarren stolpern, ich würde ihn nicht mehr aufheben.
Bei einem Cafe Tinto erholen wir uns später auf einem kleinen, runden Platz, wo der Legende nach Bogota gegründet wurde, als vor uns ein Polizeibus hält und eine Ladung adretter Polizistinnen ausspuckt. Adrett, was sage ich! Die in unterschiedlichsten Uniformen gewandeten Girls sind
rattenscharf und obendrein sehr zutraulich. Eine von der Propagandaabteilung angeordnete Charmeoffensive hat sie in die Öffentlichkeit getrieben, wo sie sich jetzt genötigt sehen, ein freundliches Gespräch mit den zufällig anwesenden Passanten zu führen, während ein Kollege von der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit alles mit einer Kamera mitfilmt. Während ich meinen Geifer im leeren Kaffeehäferl sammle, beklagt sich die uns Zugeteilte, dass ihre Einheit, die Riotpolice, aufgrund irgendwelcher Menschenrechte keine Schusswaffen tragen dürfe, aber schon etliche ihrer Kollegen von Demonstranten erschossen worden wären. Was wir generell so von Bullen halten würden? Meine Schilderungen, wonach die heimische Exekutive, nach vorheriger
Schürung diffuser Ängste inflationär aufgestockt und danach obdachlos geworden durch Schließung ihrer Wach- und Schlafstuben, Tag und Nacht planlos in der Gegend herumeiert und in Ermangelung echter Verbrechen Strafzettel für durchgebrannte Abblendlichter oder offener Hosentürln ausstellt, entlocken ihr einen sphinxischen Schmollmund, bevor sie sich absetzt und nach neuen Adressaten ihrer gelebten Bürgernähe Ausschau hält.
Nach so viel Klimbim und heißer Luft muss wieder etwas Handfestes her. Wir nehmen an einer Foodtour teil, streifen durchs Candelariaviertel unterhalb des angrenzenden Barrio Egypto, eines großen Slums auf einem Berghang, und laben uns an landestypischen Speisen. Auf mit Reis und Erdäpfeln gefüllte Empanadas folgt eine Ajiacoosuppe mit Kapern, und als Draufgabe Chigüiro y Mamona, eine gegrillte Variation eines beutelrattenartigen Viechs und eines Milchkalbes.
Dann folgen süße Häppchen, alkoholische Getränke und Kaffee, ehe wir nach Hause gehen. Taxis sollte man nämlich tunlichst nicht einfach so herbeiwacheln, möchte man nicht beraubt oder gar entführt werden, und Uber kämpft mit rigorosen Strafandrohungen. Wird ein Fahrer erwischt, hat das den Führerscheinentzug für sagenhafte fünfundzwanzig Jahre zur Folge.
Ums Eck vom Hotel steht einschlägiges Publikum für das abendliche Saxon-Konzert an und Ena, Hassan und ich spazieren in den Hochhausbezirk Bogotas, weil die zwei nicht für Schwermetall zu begeistern sind. Bei ein paar Club Colombia erzählen wir uns fantastische Abenteuer, während sich auf den Straßen zwielichtige Gestalten einfinden, die unsere Freunde werden wollen.
4.3., von San Andres nach Bogota

In tiefster Nacht marschieren wir zum kleinen Inselflughafen und zeitig in der Früh setzen wir schon in der Hauptstadt auf. Dass ein vielleicht nur selbsternannter Priester in Zivil den Flug noch vor dem Start lautstark segnet, wird von den Passagieren noch wohlwollend mit einem kollektiv gemurmelten Amen quittiert, für die schreiende Danksagung kurz vor der Landung erntet er nur mehr wütende Zisch- und Pssst-Laute der verschlafenen Glaubensgemeinde. Es ist empfindlich kalt. Das auf 2600 Metern gelegene Bogota wird im Rest des Landes nicht umsonst The Fridge genannt.
 Im Bus hilft wieder ein freundlicher Mensch aus und weist uns den richtigen Weg zum Hotel der Wahl, das den frühen Gast schon ab Sieben aufs Zimmer lässt. Der hündische Rezeptionist trägt sogar ein rotes Jacket mit goldenen Knöpfen und ein Roomboy schleppt unsere speckigen Rucksäcke die zwei Stockwerke hoch. Dieses gehobene Etablissement zum kleinen Preis war ein Tip von Hassan, der morgen von San Andres nachkommen wird.
Ein zweiter Hahn in der Dusche verheisst Warmwasser und ein Schläfchen wäre jetzt schön, aber die Walking Tour durch das Zentrum Bogotas beginnt in Kürze.
Noch schnell einkaufen im Supermarkt, wo uns zuerst der Türsteher und später ein versandelter Typ herzlich in Bogota willkommen heißen, letztererstellt sich als Maler vor. Unser Guide Jeff zeigt uns dann den Schwarzmarkt für Smaragde, wo ältere, gut gekleidete Herren Steinchen ohne
Herkunftsnachweis verkaufen, trinkt mit uns Chicha, ein selbstgebranntes Gebräu aus Fallobst und sonstigen Küchenabfällen, und erzählt uns vor dem Justizpalast, was sich hier in den 80er Jahren abgespielt hat. Linke Guerillas nahmen in ihm rund dreihundert Zivilisten und einige Höchstrichter in
Geiselhaft, ehe das Militär das Gebäude in einer achtundzwanzig Stunden dauernden Schlacht zurückerobern konnte. Mehr als hundert Geiseln wurden dabei getötet, darunter auch elf ursprünglich schon Befreite. Die wurden nachweislich noch gefoltert, ehe sie gekillt und von Soldaten zurück in den Justizpalast gebracht wurden. Nur eine von vielen unglaublichen Geschichten, die Jeff über die Staatsgewalt auf Lager hat.
Wir besichtigen alte Kirchen aus dem sechzehnten Jahrhundert, besuchen sogar kurz das Boteromuseum, dem der namensgebende Künstler einst unzählige in zwei oder drei Dimensionen erschaffene dicke Menschen mit kleinen Köpfen, Händen oder Spatzis gestiftet hat, und stolpern über die engen und gebogenen Kopfsteinpflastergassen des Barrio Candelaria, der kleinen Altstadt. Dominant im Hintergrund ragt der Berg Monserrate mit einer weissen Kirche auf dessen Gipfel empor, der mit 3150 Metern höchste Hausberg Bogotas.

Dienstag, 5. März 2019

3.3., San Andres

Dreißig Leute nehmen insgesamt an der Tour teil, außer uns noch drei andere ausländische Touristen. Die Partie wird gleich ordentlich eingestimmt, eine dicke Lady erklärt minutenlang das Programm des Tages. Außerdem müsse man sich unbedingt noch Wasserschuhe kaufen, man könne sich sonst verletzen. Ein Typ, wahrscheinlich ihr nicht gänzlich unbekannt, der sich mit einschlägigem Sortiment neben der Anheizerin positioniert hat, wird umgehend gestürmt. Vorher fordert die Dicke Applaus für die Familia, das sind wir Teilnehmer, den Veranstalter und schließlich für sich selbst ein, was frenetischen Jubel zur Folge hat. Alle sind ziemlich aus dem Häuschen und mein Einwand, wir Gringos würden rein gar nichts verstehen, tut nicht viel zur Sache. Nach dem ersten Halt auf einer
kleinen Trauminsel wie aus dem Bilderbuch folgen wieder minutenlange Erläuterungen, nach denen ich abermals mein No entiendo espanol einwerfe, dann lassen wir´s bleiben. Ist ja auch wurst, wo die Häusln sind und wieviel ein Cocktail kostet, wir setzen uns eh ab. Auf diesem kleinen Eiland schieben sich soo viele Menschen den Strand entlang und fahren sich gegenseitig die Selfiesticks ins Auge. Sonntag isses und das Wetter ist schön.
Wir finden zwei Palmen, wo wir unter den neidischen Blicken der Heimatlosen unsere Hängematten montieren, unsere wichtigsten Reiseaccessoires. Dort latschen Iguanas, die schönen grünen Echsen, im Minutentakt vorbei und schauen, ob etwas für sie abfällt, immer ein großer und ein kleiner. Vielleicht handelt es sich um Pärchen oder es geht ein Lehrling mit, was weiß man.
Hassan, ein dänischer Altenpfleger mit iranischen Wurzeln, gesellt sich zu uns, und erzählt von jahrelanger Nachtschicht. Nach zwei Stunden treffen wir uns wieder mit der restlichen Reisegruppe, während am Strand und auf dem Wasser an die zwanzig Boote unterschiedlicher Größe auf ihre menschliche Ladung warten. Ein apokalyptisches Szenario tut sich auf und erinnert an eine Evakuierung. Männer schreien in Megaphone und teilen Menschen ein. Es gibt keine Stege, weswegen die Boote mit dem Bug in den Sand schneiden, während sie mit den Außenbordmotoren in Position gehalten werden. Teilweise monströs ausgefressene Kolumbianerinnen müssen von armen Helfern händisch an Bord gehoben werden, die können nach ein paar Jährchen getrost Versehrtenrente beantragen. Während der Beladung kippen die Boote nicht selten auf die Seite und
kreischen die Leute, die sich bereits darauf befinden. Nächste Station: Eine längliche Sandbank. Rund um den kahlen Fleck wächst Seegras und liegen ein paar Felsen, unter denen sich erstaunlich viele Fische verstecken, darunter auch zwei von den Horden unentdeckt gebliebene Ammenhaie. Dann klettern wir wieder in unsere Gefährte und fetzen weiter. Als nächster muss ein Rochen dran glauben. Unser zuständiger Guide springt an einer seichten Stelle ins Wasser und hebt ein
riesiges Exemplar hoch. Keine Ahnung, wie er den so schnell zu fassen bekommen hat, vielleicht war der Rochen irgendwo angebunden. Zunächst greift der Schoitl das arme Viech aus, als bräuchte er dringend eine Freundin, dann lassen sich ein paar Mutige hinab ins Wasser und streicheln und küssen den geflashten Rochen, der wohl schon schwer geschädigt sein muss. Das gleiche Schicksal widerfährt später einem Seestern. Auch er wird aus seinem Element entführt, herumgereicht und
betatscht. Es folgt ein Abstecher zu einem grandiosen griechischen Geisterschiff, das vor rund dreißig Jahren am sich ein paar hundert Meter vor San Andres befindlichen Riff gestrandet ist. Der Kahn steht perfekt waagrecht und man könnte glauben, er läge nur vor Anker, währe er nicht vollständig verrostet. An Bord befindet sich auch ein Kran, der fügt sich wunderbar in das desaströse Ambiente. Den letzten Programmpunkt der ausgedehnten Tour bildet eine vor einer Mangrovenlandschaft halb versunkene Segeljacht mit der Takelage und allem noch montiert, daneben rottet ein großes Schnellboot vor sich hin. Unser Mann erzählt etwas von Narco-Trafficer, einem Drogenschmuggler. Ein paar Brocken können wir uns zusammenreimen, ansonsten sind wir vom Informationsfluss
abgeschnitten. Am Abend kehren die Süße und ich zurück und sind uns einig, dass dieser seltsame Trip das beste war, das wir mit diesem letzten Tag auf San Andres hätten anfangen können. Ein achtzigjähriger Grazer erzählt an der Uferpromenade von Hitler, der damals immerhin jedem seinen täglichen Liter Milch hat zukommen hat lassen, wenigstens versteht ihn sonst keiner.

2.3., von Providencia nach San Andres

Kein Taxi weit und breit und der Wirt, der es hätte bestellen sollen, ist auch verschollen. Shit, die Zeit läuft. Die Fähren konnten die letzten Tage wegen des schlechten Wetters nicht auslaufen und die paar Flugtickets sind heiß begehrt, da würde ein verspätetes Erscheinen am Flughafen Begehrlichkeiten wecken. Kommt man von hier nicht weg, versäumt man womöglich den Flug von der Hauptinsel zurück in die Zivilisation, und ab dann wird´s teuer.
Die Betreiberin einer anderen Unterkunft hilft freundlicherweise aus und ruft auf Kreolisch alle Bekannten in der Nähe durch. Paulino, are ye derhome? Twe customas needet de Taxi!,
so ungefähr klingt das dann. Irgendwann sitzen wir auf den Gasrädern zweier Typen, die sich schnell ein paar Scheinchen dazu verdienen möchten, und alles klappt. Am Flughafen holt der Insulaner Nick gerade Frau und Kind ab, seine norwegische Gespielin hat Providencia zeitlich gut abgestimmt schon gestern verlassen. Auch ich bin ganz Stratege und platziere mich in der zweiten Reihe des winzigen Flugzeuges, so kann ich abwechselnd aus dem Fenster und ins offene Cockpit spechteln, wo die zwei Piloten tatsächlich die ganzen fünfzehn Flugminuten gut damit zu tun haben, in irgendwelche Listen und Aufzeichnungen zu schauen und mindestens hundert Knöpfchen zu drücken und Schalter umzulegen. Der Anflug auf die Piste und dann die Landung aus deren Perspektive ist
spektakulär.
Babylonische Sprachverwirrung später auf San Andres in der schon erprobten Unterkunft. Die Frau erwartet für übermorgen zeitig in der Früh Gäste und checkt nicht, dass wir ohnehin schon um zwei Uhr morgens auschecken werden. Ihr Mann, den sie irgendwann zu Hilfe holt, kann auch nicht viel mehr, als den gleichen Kauderwelsch um vieles lauter zu wiederholen, und es dauert sicher zehn Minuten, bis sich die Sachlage geklärt hat und wir das Zimmer beziehen können. Das nächste mal ein bisschen Spanisch lernen tut not, oder zumindest die Installation einer Übersetzungs- App. Das hätten wir auch hier noch machen können, wird man sich jetzt denken, aber seid versichert- nicht auf die besseren Münztelefone, mit denen wir hier sicherheitshalber unterwegs sind.
Nach so viel Fisch mit Reis inhalieren wir schon sehnlich erwartete Sandwiches beim Subway und einen Trip für morgen organisieren wir auch.
1.3., Providencia

Bis zum letzten Tag auf Providencia haben wir gewartet, um endlich tauchen zu gehen, und können froh sein, dass noch ein versprengter Franzose auftaucht und der Ausflug für die Tauchbasis somit lukrativ wird. Wegen des hohen Wellengangs tauchen wir umgehend ab und schon nach zwei, drei Metern lassen wir das wilde Herumgeschaukel hinter uns und betreten einen Hort der Stille und Beschaulichkeit. Neugierige Grauhaie umkreisen uns in geringem Abstand und eine gigantische und völlig furchtlose Languste steht einfach so und ohne jede Deckung im Gelände herum. Ansonsten ist das Szenario ganz nett, aber auch nicht überwältigend.
Während wir uns am Nachmittag am Zimmer von den Anstrengungen erholen, findet am Hausstrand von uns unbemerkt ein Pferderennen statt. Kein Wort davon irgendwo, auch das Personal wusste nichts. Pech gehabt.
Ich trinke noch den Kühlschrank aus, morgen fliegen wir zurück nach San Andres.
28.2., Providencia

Ein Schnorchelausflug im Collectivo mit zwölf anderen. Der Nationalpark auf Crab Island stellt sich als ein kostenpflichtiger, mit Seilen abgesperrter Bereich von vielleicht vierzig mal vierzig Metern dar, innerhalb dessen sich die Gäste gefahrlos bewegen können. Außerhalb wird die Lage vom Personal als potentiell zu gefährlich eingestuft, aha.
Tatsächlich hält sich eine Schildkröte in diesem schützenswerten Areal auf und grast den sandigen Untergrund ab. Sobald ihr die zahlreichen Besucher jedoch zu nahe kommen, schwimmt sie ein paar Meter weiter und sucht knapp außerhalb, in der Todeszone quasi, weiter. Und tatsächlich wagt es so gut wie keiner, den abgesperrten Bereich zu verlassen. Wir alte Anarchisten setzen uns elegant über die Sicherheitsbestimmungen hinweg und umschwimmen die Insel, das dauert keine zehn Minuten. Auch hier ist eine Schildkröte unterwegs, ein großer Barracuda und reichlich weitere Passanten, sehr schön. Den Inselberg kann man in zirka drei Minuten erklimmen und wird mit fantastischem Rundumblick belohnt, den großen Rochen sehen wir leider erst, als wir uns schon wieder an Bord unseres Bootes befinden. Später am Lagerfeuer wird er sogar noch größer, je mehr Biere und Mojitos wir uns gegen den durch die gefürchtete maritimaquatische Spontanosmose entstandenen Salzverlust verabreichen.

Freitag, 1. März 2019

27.2., Providencia

Erster Tagespunkt: Mit dem Mototaxi zur einzigen Tankstelle der Insel fahren und Benzin für die Mofette holen.
Zweiter Tagespunkt: Bis Mittag vom ersten Tagespunkt erholen.
Dritter Tagespunkt: Die Besteigung des namenlosen Berges. Der höchste Punkt der Insel wird schlicht The Peak genannt. Hunderte kleine Echsen wuseln am Weg herum, darunter auch blau schillernde Exemplare, aber keine Iguanas. Wahrscheinlich sind die auch schon ordentlich dezimiert, weil die Einheimischen sie mit Steinen von den Bäumen schiessen und ihnen dann wie Gefangenen die Vorderbeine am Rücken zusammenbinden, um sie anschließend in Richtung Kochtopf abzuführen.
Nach eineinhalb Stunden belohnt herrlicher Rundumblick unsere Mühen. Wellen brechen sich ein paar hundert Meter vor der Küste am mit dreihundert Kilometern Länge angeblich drittlängsten Riff der Welt, das Wasser innerhalb der Barriere leuchtet türkis.
Später auf der Ringstraße kommt uns Nick entgegen, der Typ, der uns gestern mit leerem Tank bis heim geschoben hat. Das trifft sich gut, für seine Heldentat revanchieren wir uns sogleich mit einem Bierchen am Strand.
Nick´s norwegische Freundin arbeitet den Sommer über in einem Supermarkt in Spitzbergen. Ihre Fenster verdunkelt sie so wie alle anderen auch während der nachtlosen Monate mit Alufolie, um in Dunkelheit schlafen zu können. Ein halbes Jahr Regale einschlichten reicht locker, um die restliche Zeit auf Reisen zu gehen. Nick weiß zu berichten, daß der jetzige Inselvorstand in den Neunziger Jahren mit 1,2 Tonnen Kokain erwischt wurde und dafür auch zwei Monate ins Gefängnis musste, ehe er sich freikaufen konnte.
Im Dorf kaufen wir noch Zeug ein, um zum letzten Mal den heimischen Kühlschrank damit aufzufüllen, am Weg heim geraten wir in einen nicht überholbaren Konvoi. Verteilt über beide Fahrstreifen begleiten hunderte Trauergäste auf Mopeds den auf einem Pickup aufgebahrten Sarg eines Verstorbenen zum Friedhof. Wir cruisen notgedrungen eine halbe Stunde lang mit, bis wir dem Pulk vor dem Friedhof endlich entkommen können. Aus dem ummauerten Gottesacker dringt der Klang von wuchtigen Trommeln und Xylophonen.
Dann noch schnell gebratenen Fisch und ein bißchen ins Lagerfeuer schauen am Hausstrand, bis pünktlich um Acht die Bullen aufkreuzen und das Gelände räumen.