Donnerstag, 7. März 2019

4.3., von San Andres nach Bogota

In tiefster Nacht marschieren wir zum kleinen Inselflughafen und zeitig in der Früh setzen wir schon in der Hauptstadt auf. Dass ein vielleicht nur selbsternannter Priester in Zivil den Flug noch vor dem Start lautstark segnet, wird von den Passagieren noch wohlwollend mit einem kollektiv gemurmelten Amen quittiert, für die schreiende Danksagung kurz vor der Landung erntet er nur mehr wütende Zisch- und Pssst-Laute der verschlafenen Glaubensgemeinde. Es ist empfindlich kalt. Das auf 2600 Metern gelegene Bogota wird im Rest des Landes nicht umsonst The Fridge genannt.
 Im Bus hilft wieder ein freundlicher Mensch aus und weist uns den richtigen Weg zum Hotel der Wahl, das den frühen Gast schon ab Sieben aufs Zimmer lässt. Der hündische Rezeptionist trägt sogar ein rotes Jacket mit goldenen Knöpfen und ein Roomboy schleppt unsere speckigen Rucksäcke die zwei Stockwerke hoch. Dieses gehobene Etablissement zum kleinen Preis war ein Tip von Hassan, der morgen von San Andres nachkommen wird.
Ein zweiter Hahn in der Dusche verheisst Warmwasser und ein Schläfchen wäre jetzt schön, aber die Walking Tour durch das Zentrum Bogotas beginnt in Kürze.
Noch schnell einkaufen im Supermarkt, wo uns zuerst der Türsteher und später ein versandelter Typ herzlich in Bogota willkommen heißen, letztererstellt sich als Maler vor. Unser Guide Jeff zeigt uns dann den Schwarzmarkt für Smaragde, wo ältere, gut gekleidete Herren Steinchen ohne
Herkunftsnachweis verkaufen, trinkt mit uns Chicha, ein selbstgebranntes Gebräu aus Fallobst und sonstigen Küchenabfällen, und erzählt uns vor dem Justizpalast, was sich hier in den 80er Jahren abgespielt hat. Linke Guerillas nahmen in ihm rund dreihundert Zivilisten und einige Höchstrichter in
Geiselhaft, ehe das Militär das Gebäude in einer achtundzwanzig Stunden dauernden Schlacht zurückerobern konnte. Mehr als hundert Geiseln wurden dabei getötet, darunter auch elf ursprünglich schon Befreite. Die wurden nachweislich noch gefoltert, ehe sie gekillt und von Soldaten zurück in den Justizpalast gebracht wurden. Nur eine von vielen unglaublichen Geschichten, die Jeff über die Staatsgewalt auf Lager hat.
Wir besichtigen alte Kirchen aus dem sechzehnten Jahrhundert, besuchen sogar kurz das Boteromuseum, dem der namensgebende Künstler einst unzählige in zwei oder drei Dimensionen erschaffene dicke Menschen mit kleinen Köpfen, Händen oder Spatzis gestiftet hat, und stolpern über die engen und gebogenen Kopfsteinpflastergassen des Barrio Candelaria, der kleinen Altstadt. Dominant im Hintergrund ragt der Berg Monserrate mit einer weissen Kirche auf dessen Gipfel empor, der mit 3150 Metern höchste Hausberg Bogotas.

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