7.4., von Plovdiv nach Temeswar
Einen hab ich noch, ereignislos war nicht. Als inoffizieller Kulturattaché der Alpenrepublik, denke ich mir, muss ich der Hauptstadt Bulgariens eigentlich auch noch einen Höflichkeitsbesuch abstatten. Nach längerer Sucherei stelle ich mich dort nahe des Zentrums in die Kurzparkzone und schicke auf Geheiß eines befragten Ratgebers artig mein Kennzeichen an eine Gebührennummer, auf dass mir pro stündlicher SMS ein Obolus verrechnet und über die Telefonrechnung abgebucht wird.
Kirchen, Ausgrabungen, kommunistische Prachtbauten dann bei der geführten Tour, das Übliche. Nur die Männer der Nationalgarde vor dem Präsidentenpalast bei ihrer Rauchpause sind cool, jeder trägt mittig auf seinem Hut eine große Vogelfeder. Amerikanischer Staatsbesuch, großes Tamtam.
Jedenfalls, komme ich nach drei Stunden von der eh ziemlich faden Führung zurück, erblicken meine schreckgeweiteten Augen schon von Weitem die leuchtendgelbe Parkkralle am Vorderreifen meines Boliden. Ein Passant wählt mir freundlicherweise die auf dem Begleitschreiben an der Fahrertür vermerkte Telefonnummer und eine halbe Stunde später kommen schon ein kleiner Blader und ein langer Dünner und meinen, ohne eine bulgarische Simkarte wären meine Nachrichten wertlos gewesen. Hinterwäldlerische Ostblocktrotteln! Dick und Doof zeigen einerseits Anteilnahme, Sofia bad for Tourists, lassen aber andererseits auch nicht mit sich handeln. Vierunddreißig Leva muss ich abdrücken, gut, dass das nur siebzehn Euro sind.
Aber Zeit und Nerven hat der Stunt gekostet. Bis zum schon im Voraus gebuchten Zimmer in Temeswar sind´s noch mehr als acht Stunden und es wird knapp. Bei Minusgraden fahre ich durch eine wunderbare Eiszapfen- und Schneelandschaft hoch in die Berge und wieder runter. Bei einer Polizeikontrolle schaltet ein Typ im aufgemotzten Bmw zurück, weicht links über die doppelte Sperrlinie in den Gegenverkehr aus und hüllt die Bullen in schwarzen Rauch. Bei uns wäre jetzt Verfolgungsjagd angesagt, dann den Verbrecher herbirnen wie einen Zeiselbären und Deckelabnahme auf länger. Hier nur phlegmatisches Schulterzucken.
Bulgarien und Rumänien schenken sich nichts. Der Lkw- Stau hinein in den Schengenraum beträgt exakt wie der vor drei Wochen in die andere Richtung zehn Kilometer. Heute gestaltet sich das Vorbeipressen aber leichter, es gibt wenigstens meistens zwei Spuren.
Später nehme ich einen Autostopper mit. Er ist auch eher der Naturbursche mit recht strenger Aura, vielleicht Bauer oder Bauhackler. Mehr als siebzig Kilometer fahren wir hauptsächlich schweigend bis zu seinem Kaff, hoffentlich ist das nicht sein üblicher Anfahrtsweg. Bei jeder Kirche bekreuzigt er sich dreimal und für mich hat er dann auch noch schöne, wenn auch unverständliche Worte.
Finster ist es mittlerweile. Wer reitet so spät durch Wind und Nacht? Es ist Stefsechef und es ist schon nach Acht.
Kühe und Menschen am Wegesrand, aber entgegen kursierender Horrorstories keine Wegelagerer mit Steinen in Händen, die einem bei Nichtbezahlung einer etwaig eingeforderten Wegemaut die Scheiben einschießen möchten. Auch die Berge Rumäniens sind bei Nacht und Nieselregen kein Bemmerl. Pfützen, in denen das Wasser steht, Straßenschäden mit Chance auf Achsbruch, bremst man nicht wie die Ortskundigen auf Schrittgeschwindigkeit ab. Zwei Sattelschleppern folge ich bis nach Temeswar, die fahren genau mein Tempo.
Gegen Mittag werde ich in Ungarn sein und verabschiede mich abermals mit dem österlichen Segensspruch, urbi et orban.
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