Samstag, 18. März 2017

18.3., Wien

Für alle, die noch auf etwas gewartet haben: Sorry, ausgerechnet der letzte Eintrag ist nicht durchgegangen. Mittlerweile bin ich schon seit ein paar Tagen daheim, das war´s für dieses mal. Mein eigenes Bett ist das bequemste auf der Welt, sogar mein Klo ringt mir Bewunderung ab. Habe die Ehre, man sieht sich.

Sonntag, 12. März 2017



11.3., Sydney
Quinoa, Wasabibohnen, Hanföl, Semolina, Chia, Bush Tucker, Melasse. Organic, bioactive, vegan. Kisten und kleine Tanks zur Selbstentnahme in Reihen, ein Supermarkt der nächsten Generation. Hier kaufen die zwei noch dubiose Ingredienzen fürs nächste Müsli, bevor wir uns zwei Straßenmärkte in der Gegend ansehen. Kunsthandwerk, Fetzen. Ein Pärchen trällert am Rande französische Chansons, während Ibisse auf der Publikumswiese nach Würmern graben. Am Sydney Fishmarket posieren Asiaten inmitten lärmender Drängerei mit kapitalen Langusten und Königskrabben, wir essen unseren Fisch im Freien, belagert von gierigen Möwen. Als interessierten Kulturreisenden verschlägt es mich dann in die Nationalbibliothek, wo vor den Sälen mit den aktuellen Fotoausstellungen Warntafeln aufgestellt sind. Manche Exponate würden Nacktheit abbilden oder könnten den Besucher traurig machen, Epilepsie könne auch ausgelöst werden. Ich bleibe unbeschadet, wir schlendern durch den vom Mutterland abgekupferten Hydepark, machen ein Picknick im Botanischen Garten, essen dann eine Pizza im Vorgarten und gehen noch auf ein Bierchen ins Pub. Sydney ist wirklich eine nette Stadt, aber dann doch etwas fad.


10.3., Kangoroo Valley, Sydney
Rechtzeitig zum Aufbruch lässt sich die Sonne wieder blicken. Ab und zu am Weg in die Stadt weht irgendwo die Flagge der Aborigines. In Sydney bietet ein Wirt per Leuchttafel Advanced Souflaki an, wir gehen trotzdem zum Thai. Dann nehme ich den Bus nach Chinatown, wo ich mir für die letzten drei Nächte ein Zimmer gebucht habe. Beinahe jeder Fahrgast bedankt sich noch lautstark beim Fahrer, ehe er den Bus verlässt, ein sehr freundlicher Schlag. G´day, how ya goin mate, ooright?, der Typ an der Rezeption, she´ll be right auf die Frage, ob ich eh mit Karte bezahlen könne. Mit geschwollenen Füßen würde ich gar nicht in meine Kammer kommen, so winzig ist die, aber wurscht. Das erste anständige Bett seit Wochen. Mit Travelex und Magdalena gehe ich später die George Street hoch zum Hafen. Es dämmert schon, die Flughunde flattern unbeeindruckt vom Verkehrslärm durch die Straßenschluchten. Die haben´s gut, der unbeflügelte Passant muss alle paar Meter minutenlang vor den total behindert geschaltenen Ampeln warten. Richtig gemütlich wird´s erst am Circular Quay, wo im Minutentakt Fähren an- und ablegen und die Autos rund um die weitläufige, parkähnliche Anlage entlang der Piers umgeleitet werden. Ein riesiges Kreuzfahrtschiff, die Queen Victoria, liegt vor Anker, im Hintergrund die Harbour Bridge, rechts die Oper und der fast volle Mond. Hinter uns die erhellte Skyline von Sydney Downtown. Ein Musikant spielt Johnny Cash. Total herausgeputzt das ehemals verruchte Hafenviertel The Rocks mit ehemaligen Lagerhäusern und Fabriken, alles sanierte Ziegelbauten. Ein paar Fußgängerzonen, viel Livemusik, viele Sheriffs in Neonjacken.


9.3., Kangaroo Valley
Zwanzig Kilometer hinter dem nächsten Berg besuchen wir die Fitzroy Falls, die über eine senkrechte Wand tief in einen Canyon plätschern, und vor der Abenddämmerung machen wir uns auf die Suche nach Wombats, die ich bis jetzt nur aufgebläht und in allen Farben leuchtend als Road Kill auf den australischen Straßen gesehen habe. Wir halten uns an den Geheimtipp einer Ramschverkäuferin und parken den Ford auf einer sehr großen Wiese, die ein paar Kilometer fernab der Hauptstraße versteckt am Ufer eines Stausees liegt. Entlang des rückgestauten aber ansonsten naturbelassenen Flussbereiches haben die stattlichen, sicher einen Meter langen Nager unzählige Höhlen gegraben und tatsächlich grasen ungerührt an die zehn Exemplare, ohne sich von uns und ein paar anderen Beobachtern sonderlich gestört zu fühlen. Näher als drei Meter wollen wir aber nicht an die dem Vernehmen nach mitunter recht bissigen Viecher heran, die sich im Bedarfsfall unschön mit ihren rattenähnlichen Zähnen in allzu aufdringliche Menschen verbeißen können. Total kuschelig und scheinbar völlig verlaust, alle paar Meter reiben sie ihren haarigen Hintern an einem Felsen oder kratzen sich ausgiebig. Immer im Schlepptau oder am Rücken hockend ein paar Vögel, die auf ausgegrabene Insekten warten. Ein paar Wallabys hüpfen ebenfalls in der Gegend herum.


8.3., Kioloa, Kangaroo Valley
Einsetzender Nieselregen und die geplante Tagesetappe von vierhundertfünfzig Kilometern motivieren uns zum raschen Aufbruch. Unterwegs noch einmal herrlichste Austern, das reicht jetzt aber auch wieder für ein Jahr. Auch in dieser kleinen Ortschaft ein War Memorial. Australien hat eigentlich keinen Krieg ausgelassen. Beide Weltkriege, Korea, Vietnam, die zwei Golfkriege, den Krieg am Balkan, Osttimor. Country and Western im Radio, während wir Kilometer fressen. Die Texte handeln von wahrscheinlich global austauschbarer Truckerromantik. Einer freut sich schon sehr auf den saftigen Burger, den er sich bei seiner nächsten Pause in den Kreislauf pressen wird, ein anderer besingt shiny boobs. Das verstehe zumindest ich, der australische Slang Strine hat nicht mehr viel mit dem zu tun, was ich einst in der Schule für Hochbegabte gelernt habe. Keine Zeit für das vielversprechende Cheese Heritage Center, kein Bedarf an Pferdescheiße um zweieinhalb Dollar, verlockend aber unleistbar Hühnerdreck um stolze sieben Dollar. Im Kaff Kangaroo Valley mieten wir uns für zwei Nächte eine Cabin, es ist wie gehabt nass und frisch. Ein paar alte Holzhäuser, eine historische Brücke mit schmucken Türmchen, Ortsende.


7.3., Kioloa
Weiter wandern wir die Küste entlang, bis uns die einsetzende Flut und bis ins stürmische Meer hineinreichende, steile Felsen den Weg zum nächsten Strand versperren. Dort sammelt die Althippie-Künstlerin Janice gerade haufenweise angespülte, ledrig-dicke Blätter von Kelp, um sie anschließend in Kunst zu verwandeln. Dazu trocknet sie die unförmigen Fetzen, die mitunter die Größe von Tennisschlägern erreichen, erst einmal und bemalt oder beschnitzt sie dann gefällig. In der Kunstgallerie Kioloas hängen die Dinger zum Verkauf, wovon Travelex und ich uns später überzeugen werden. Dafür, dass wir ihr den vollen Korb den Hang hoch zum Auto schleppen, führt sie uns zurück zu unserem Gefährt und empfiehlt sich, you two stay wonderful. Für das abendliche Curry kocht Travelex  Reis, der noch für zehn weitere Gäste gereicht hätte. Während der Nacht streiten sich in der Nähe des Zeltes lautstark  Opossums und andere Viecher um die auf die Wiese gekippten Reste.

Montag, 6. März 2017



6.3., Kioloa
Wir packen uns ein paar Orangen ein und wandern den Mallacoota Coastal Walk entlang. Ehemaliges Territorium der Aborigines, die es dereinst von Südostasien nach Australien verschlagen hat, wie ich vor ein paar Wochen im Dschungel des Solor Alor Archipels schon vermutet habe. 1788 wurde dann die erste Ladung englischer Häfenbrüder abgeliefert und im Laufe der nächsten 80 Jahre wurden noch weitere 160 000 Knackis hier deponiert. Man kam nicht gut miteinander aus, die Eingeborenen wurden wie Tiere gejagt. Während die Aborigines-Männer noch mit dem Bumerang jagten und deren Frauen als dezentes Accessoire eine Keule, die Nulla Nulla, bei sich trugen, unternahm England während der 50er Jahre zahlreiche Atombombenversuche in Australien, ohne die Aborigines vorher abzusiedeln oder wenigstens zu informieren. Heute versuchen noch geschätzte 170.000 von ihnen, irgendwie über die Runden zu kommen. Zuerst durch scheinbar völlig abgestorbene Wälder wandern wir, deren windschiefe, knorrige Bäume nur am letzten Höhenmeter grün sind, dann menschenleere, kilometerlange Sandstrände entlang. Unzählige Blue Bottles trocknen angeschwemmt vor sich hin. Selten größer als ein Daumen, hängt den schönen Quallen ein Nesselfaden nach, der oft länger ist als einen Meter. Wenn man auf die drauflatscht, ploppen sie wie Verpackungsfolie. Nach drei Stunden bin ich schon am Ende meiner Kräfte und wuchte mich wieder in den heimatlichen Campingsessel, der prompt unter mir zusammenbricht. Wir sollten dringend unsere Campingdiät ändern. Wildlife spezial rund um uns. Ein Koalabär hängt ein paar Meter weiter schläfrig im Baum und später sucht im vermeintlichen Schutz der Nacht ein furchtloses Opossum in unserem schmutzigen Geschirr nach einem späten Snack. Vor neuerlichem Regen flüchten wir in den Ford und schauen uns ein Video an, bis der Akku leer ist, den letzten Teil des Filmes sehen wir uns im neonerhellten Waschmaschinenraum der Anlage an. Ich muss dann länger nicht mehr campen gehen.