Mittwoch, 1. März 2017



1.3., Sydney
Wir erkunden die nächsten Ecken der Stadt, ein längerfristiges Projekt. Fast fünf Millionen Einwohner, ein Fünftel der australischen Bevölkerung wohnt hier, sechzig Stadtteile, unzählige Buchten und Häfen. Kleinstädtische Viertel mit Ziegelbauten, große Parks, Hunde verboten. Die schroff abfallenden Steilwände des Coastal Clifftop Walkway in der Watsons Bay, ein paar Kilometer östlich vor Sydneys Zentrum, sind gut mit Zäunen und Überwachungskameras gesichert. Einst ein beliebter Platz für Selbstmorde, stehen jetzt an jeder Ecke Schilder mit Nummern von Beratungshotlines und Notfalltelefone bereit. Hold onto Hope, there is always Help. Zwei alte, schneeweiße Leuchttürme, verrostete Verteidigungsanlagen aus dem vorletzten Jahrhundert, Marker für einst in schwerer See an den Klippen zerschellte Schiffe. Noch nicht viel los nach dem täglichen Regen am Bondi Beach, wo man offiziell nicht einmal fotografieren darf, detto am Coogee Beach. Braungebrannte Anrainer in Neoprenanzügen und Surfboards unterm Arm kommen und gehen. Am Maroubra Beach steht ein gemauertes Schwimmbecken am Ende des Sandstrandes, das von überschwappenden Wellen gespeist wird, in dem Schwimmer ihre Bahnen im ruhigeren Wasser ziehen können. Schilder mit Surfer-Etikette, wer wem wann und warum die nächste Welle überlassen muss. Just cruisin´. Im Radio nerven oberlehrerhafte Hinweise vor den meisten Liedern. Warning, this track contains strong language oder Song lyrics contain naughty words. Dann sitzen wir daheim zu ebner Erd´, trinken Bier und essen Käse und schauen den Leuten auf der Straße zu, wie sie uns beim Käse essen und Bier trinken zusehen. Im Lieblingspub der zwei Kurzzeitauswanderer, Friend in Hand, schreit der handzahme Kakadu herum und koffert von seiner Kletterstange auf die Gäste runter, während wir uns mit einem Wiener unterhalten. Einst Kellner im Sacher, beim Feierabendbier im Pub hinterm Haus seine jetzige Frau kennengelernt, vor siebzehn Jahren nach Sydney übersiedelt und jetzt Fensterverkäufer. Ab halb Neun wird in den ersten Stock zum Crab Race gebeten. Vorher werden noch ein paar Regenschirme ausgeteilt und anschließend das Partyvolk mittels riesiger Wasserpistolen nass gespritzt. Ein in die Jahre gekommener Alleinunterhalter im sperrigen Krabbenkostüm peitscht die Gäste ein, verteilt Gratisdrinks, nimmt Wetten entgegen, ehe aus einem Kübel Einsiedlerkrebse aus dem hauseigenen Terrarium in die Mitte eines runden Tisches geleert werden. Die Läufer tragen Nummern auf ihren Häusern und krabbeln tatsächlich an den Rand der Tischplatte, die Menge ist außer sich. Wir ziehen weiter und hören zwei Typen in einem anderen Pub, wie sie mit Banjo und Mundharmonika Südstaatenmusik vom Allerfeinsten zum Besten geben. Lange Vollbärte, Cowboystiefel, die zum Takt auf den Parkettboden stampfen, Baseballkappen, Dosenbier. Da setzen wir uns auch noch dazu, großartig.

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