Dienstag, 28. Januar 2025

 27.1., von Fumba nach Kizimkazi

Ich träume, ich muss eine schriftliche Arbeit über Nachtmärkte schreiben, und das in einem Institut in Thailand. Ich bin schlecht vorbereitet wie immer, nichts fällt mir ein dazu. Ein Thai steckt mir netterweise eine auch nicht sehr gelungene Skizze von einem Standl zu, die gebe ich zusammen mit ein bisschen Geld in einen Umschlag, 

Dann wache und breche ich auf, in Fumba gibt es nichts mehr zu sehen oder zu tun für mich. Zieglereien, Schlossereien, Tischlereien haben ihre Erzeugnisse direkt an der Straße stehen, Militärbasen mit bewaffneten Hoschis in der näheren Umgebung, ab und an ein prächtiger, dickstämmiger Baobab und immer wieder kaputte Kühlschränke als Sitzgelegenheiten.

Es herrscht kein gesteigertes Interesse an Stefsechef, mit Ausnahme der Kinder ignoriert man mich. Auf meinem Weg nach Kizimkazi erstreckt sich eine Landzunge ohne jeglichen eingezeichneten Geländepunkt einige Kilometer gen Süden, die schaue ich mir an. Einer um die fünfzig Meter breiten Schneise der Verwüstung folge ich, abgeholzte Mangrovenwälder, aufgebrochener Boden, gefällte Bäume, Mondlandschaft. Nach einem Weilchen erreiche ich ein großes, allem Anschein nach sehr rückständiges, einst wohl recht abgelegenes Dorf mit Hütten aus Lehm oder Korallenbrocken, vor dem  die apokalyptische Schneise endet, nach bewohntem Gebiet folgt wieder die totale Zerstörung. Kein Zweifel daran, diese Siedlung, in der die meisten Gestalten, die ich zu Gesicht bekomme,  nur lethargisch herumkugeln, wird früher oder später ebenfalls dem Erdboden gleich gemacht werden, obwohl deren Schule laut Aushang von der Allianz-Versicherung adoptiert wurde. Einen Mister Manga, der mir in gebrochenem Englisch seine Dienste anbietet, frage ich, was für einen Zweck diese Verwüstung hier erfüllen soll und er antwortet: To protect the China. Wohl eher nicht, obwohl die beauftragte Firma tatsächlich chinesisch ist. Das eingezäunte Areal der Bauleitung ist mit roten Lampions und einschlägigem KrixiKraxi geschmückt. Irgendwann geht´s nicht mehr weiter. Bagger und Muldenkipper, Haufen von Geröll versperren den Weg.

Lifti, lifti, schreit mir einer am Rückweg und deutet in meine Richtung, soll sein. In mein Navi musste ich zuvor als Fortbewegungsmittel "Zu Fuß" eingeben, ansonsten hätte mir das Programm gar keine Strecke mehr ausgespuckt. Ein paar Kilometer nehme ich den Anhalter mit und später noch jemanden, der sein Begehr mit gleichem Wortlaut kundtut und dazu noch mit den Handflächen nach unten wachelt. Dann hunderte Schüler am Wegesrand! Welche Schule kann so viele Kinder fassen? 

Entlang des Weges verkaufen verschlafene Frauen Obst, von einer erstehe ich drei herrliche Maracujas und eine Mango, ihr Messer kaufe ich ihr auch gleich ab. Ob ich ihren Säugling mitnehmen möchte nach Europa, fragt sie, und ich könnte nicht sagen, ob sie das ernst meint oder nicht. In einem großen Resort irgendwo im Niemandsland bewirkt meine Frage nach dem Zimmerpreis ein heilloses Durcheinander. Für die Preisgebarung Zuständige werden auf dem Gelände gesucht, Manager werden angerufen. Hundert Dollar für eine verschimmelte Hütte, sicher nicht. Wie kommen diese Hinterwäldler bei einem monatlichen Durchschnittseinkommen von zwanzig Dollar auf diese astronomischen Summen? Weil die Touris sie bezahlen.

In der nächsten Anlage geleitet mich ein Massai mit Schmucknarben im Gesicht zur Rezeption. Am Gürtel trägt er eine Machete und einen vorne rechtwinkelig geknickten Totschläger, mit einer mächtigen Beule abschließend, der aus einer Mangrovenwurzel geschnitzt wurde und schwer in der Hand liegt. Auch hier werde ich nicht alt, aber nach zähesten Verhandlungen mit Heulen und Zähne knirschen komme ich in einem Resort in Kizimkazi unter. Die Klimaanlage dürfe ich für diesen Preis aber nicht einschalten, geh gusch. Während das Zimmer sauber gemacht wird, liegt mir noch der Haus-, und Hofkeiler in den Ohren. Neben den üblichen Boots-, und Mangroventouren hat er auch Frauen im Angebot, er imitiert beidhändig Affennippel. Alter, schleich dich. 

Reis mit Bohnen, irgendwelchen gedünsteten Blättern und einem Stück Fisch von einer Kochmama, Bier am Strand zum Sonnenuntergang. Nach Einbruch der Nacht buntes Treiben entlang der Hauptstraße. Zahlreiches Publikum hat sich bei den drei überdachten Billardtischen eingefunden, große Fleischbrocken hängen dort, wo im Akkord Spieße gegrillt werden. Hupende Mopedgeschwader cruisen.


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