Samstag, 18. Januar 2014


14.-15.1., Von Moulay Busslham nach Tangier und heim.
 
Allah will nicht, dass ich Marokko den Rücken kehre. Durch den Regen gestern ist wohl irgendwo Feuchtigkeit in die Zündung gekommen, das verdammte Trumm springt nicht an. Der Versuch, das Gerät anzulaufen, bringt mich nur in aller Früh ins Schwitzen. Die Dreckskiste spuckt und stottert nur und das war´s. Der Tankstellen- Heini bei der Ortseinfahrt gibt mir zu verstehen, dass sich mit einer BMW hier niemand auskennt. Ich ziehe also meine Reparaturanleitung zu Rate und fühle mich schon nach wenigen Sätzen wie ein Affe, der mit einem Nagelzwicker die MIR reparieren soll. Ich rufe den Öamtc an. Der schließt mich kurz mit einer ahnungslosen Unsympathlerin vom ADAC in Agadir, die intellektuell nicht in der Lage ist, den Unterschied zwischen einer leeren Batterie und fehlendem Zündfunken zu erfassen. „Na, da hamse wohl ein Licht brennen lassen, nich?“Noch dazu ist die Telefonverbindung dermaßen schlecht, dass ich schon wieder um Fassung ringen muss. Wir verbleiben so, dass sie mir einen Abschleppwagen aus Tangier schickt, der mich direkt zur Fähre bringen soll, man werde dann weitersehen. So etwas wie einen Pannendienst gäbe es in Marokko nämlich gar nicht, nur Abschlepp- Unternehmen. Ok, is mir auch wurscht, dann lass ich´s halt in Italien reparieren. Und plötzlich erscheint wieder ein Artist aus dem Nichts, scheinbar doch noch vom Tankwart angerufen. Der baut die Zündkerzen aus, bürstet, verbiegt, startet, erhitzt die Dinger irgendwo irgendwie, hantiert mit ihnen wie mit glühenden Kohlen und baut sie wieder ein. Ein Fischer übernimmt den Dolmetsch, die Menge staunt. Er startet wieder, das Drecksgerät kommt, stirbt ab, kommt, raucht, schießt eine Fehlzündung nach der anderen raus, der Typ jagt sie unbarmherzig in den roten Bereich hinein,  dann läuft der Motor einigermaßen rund. Ich freue mich schon darauf, dieser gottverdammten  Fehlkonstruktion daheim mit einem Vorschlaghammer den Rest zu geben aber die letzten Kilometer muss ich noch gute Mine machen. Die Kette gibt auch schon wieder den Geist auf, so viel Dehnung in so kurzer Zeit kann nicht normal sein. Aber wurscht jetzt, ich muss das Schiff erwischen, sollte ich überhaupt noch ein Ticket bekommen. Vorher will noch jeder Beteiligte und so mancher Unbeteiligter angemessen entlohnt werden, es summiert sich auf fünfzehn Euro. Und natürlich fängt´s kurz darauf wieder zu schütten an. Hier, wo es doch angeblich die letzten Jahre so gut wie überhaupt nicht geregnet hat. Waschelnass und schlotternd wie ein Hund schaff ich´s noch rechtzeitig zum Hafen, die Finger sind so eingefroren, dass ich nicht einmal das Geld für die Fahrkarte aus dem Börsel raus bekomme. Und jetzt sitze ich glücklich hier, in der Innenkabine eines griechischen Fährschiffes mit asiatischer Besatzung, gemeinsam mit meinem Zellengenossen Ismail, einem Marokkaner mit 130 Kilo Lebendgewicht und einem Sack voller Fressalien. Er isst sein Hendl, sein eingelegtes Gemüse und sein Brot so enthusiastisch, dass beide Hände bis zu den Handgelenken vor Fett glänzen. Während er diverse Kerne und Knochen in die Gegend speit, spricht er von der den Menschen überlegenen Intelligenz der Bienen und der Notwendigkeit, die Chinesen abzumartern, bevor sie dasselbe mit uns tun. Dabei redet er langsam und großzügig gestikulierend, weil er italienisch spricht und ich ihm irgendwie folgen muss. Ich antworte auf Englisch, ebenfalls so, als ob ich mit einem Beschränkten reden würde. Hier böckelt´s ordentlich wegen meiner nassen Wäsche und seinen Delikatessen. Und beinahe unaufhaltsam nähert sich das Schiff währenddessen Livorno, veranschlagt sind 49 Stunden. Von dort werde ich die Nacht durchfahren in die geliebte Heimatstadt und für´s erste geheilt sein vom Fernweh, so der Plan.

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