14.-15.1., Von Moulay Busslham nach
Tangier und heim.
Allah will nicht, dass ich Marokko
den Rücken kehre. Durch den Regen gestern ist wohl irgendwo Feuchtigkeit in die
Zündung gekommen, das verdammte Trumm springt nicht an. Der Versuch, das Gerät
anzulaufen, bringt mich nur in aller Früh ins Schwitzen. Die Dreckskiste spuckt
und stottert nur und das war´s. Der Tankstellen- Heini bei der Ortseinfahrt
gibt mir zu verstehen, dass sich mit einer BMW hier niemand auskennt. Ich ziehe
also meine Reparaturanleitung zu Rate und fühle mich schon nach wenigen Sätzen
wie ein Affe, der mit einem Nagelzwicker die MIR reparieren soll. Ich rufe den
Öamtc an. Der schließt mich kurz mit einer ahnungslosen Unsympathlerin vom ADAC
in Agadir, die intellektuell nicht in der Lage ist, den Unterschied zwischen einer
leeren Batterie und fehlendem Zündfunken zu erfassen. „Na, da hamse wohl ein
Licht brennen lassen, nich?“Noch dazu ist die Telefonverbindung dermaßen
schlecht, dass ich schon wieder um Fassung ringen muss. Wir verbleiben so, dass
sie mir einen Abschleppwagen aus Tangier schickt, der mich direkt zur Fähre
bringen soll, man werde dann weitersehen. So etwas wie einen Pannendienst gäbe
es in Marokko nämlich gar nicht, nur Abschlepp- Unternehmen. Ok, is mir auch
wurscht, dann lass ich´s halt in Italien reparieren. Und plötzlich erscheint
wieder ein Artist aus dem Nichts, scheinbar doch noch vom Tankwart angerufen.
Der baut die Zündkerzen aus, bürstet, verbiegt, startet, erhitzt die Dinger
irgendwo irgendwie, hantiert mit ihnen wie mit glühenden Kohlen und baut sie
wieder ein. Ein Fischer übernimmt den Dolmetsch, die Menge staunt. Er startet
wieder, das Drecksgerät kommt, stirbt ab, kommt, raucht, schießt eine
Fehlzündung nach der anderen raus, der Typ jagt sie unbarmherzig in den roten
Bereich hinein, dann läuft der Motor
einigermaßen rund. Ich freue mich schon darauf, dieser gottverdammten Fehlkonstruktion daheim mit einem
Vorschlaghammer den Rest zu geben aber die letzten Kilometer muss ich noch gute
Mine machen. Die Kette gibt auch schon wieder den Geist auf, so viel Dehnung in
so kurzer Zeit kann nicht normal sein. Aber wurscht jetzt, ich muss das Schiff
erwischen, sollte ich überhaupt noch ein Ticket bekommen. Vorher will noch
jeder Beteiligte und so mancher Unbeteiligter angemessen entlohnt werden, es
summiert sich auf fünfzehn Euro. Und natürlich fängt´s kurz darauf wieder zu
schütten an. Hier, wo es doch angeblich die letzten Jahre so gut wie überhaupt
nicht geregnet hat. Waschelnass und schlotternd wie ein Hund schaff ich´s noch
rechtzeitig zum Hafen, die Finger sind so eingefroren, dass ich nicht einmal
das Geld für die Fahrkarte aus dem Börsel raus bekomme. Und jetzt sitze ich glücklich
hier, in der Innenkabine eines griechischen Fährschiffes mit asiatischer
Besatzung, gemeinsam mit meinem Zellengenossen Ismail, einem Marokkaner mit 130
Kilo Lebendgewicht und einem Sack voller Fressalien. Er isst sein Hendl, sein
eingelegtes Gemüse und sein Brot so enthusiastisch, dass beide Hände bis zu den
Handgelenken vor Fett glänzen. Während er diverse Kerne und Knochen in die
Gegend speit, spricht er von der den Menschen überlegenen Intelligenz der
Bienen und der Notwendigkeit, die Chinesen abzumartern, bevor sie dasselbe mit
uns tun. Dabei redet er langsam und großzügig gestikulierend, weil er
italienisch spricht und ich ihm irgendwie folgen muss. Ich antworte auf
Englisch, ebenfalls so, als ob ich mit einem Beschränkten reden würde. Hier
böckelt´s ordentlich wegen meiner nassen Wäsche und seinen Delikatessen. Und
beinahe unaufhaltsam nähert sich das Schiff währenddessen Livorno, veranschlagt
sind 49 Stunden. Von dort werde ich die Nacht durchfahren in die geliebte
Heimatstadt und für´s erste geheilt sein vom Fernweh, so der Plan.
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