Samstag, 18. Januar 2014


16., 17.1., Von Livorno nach Wien
 
Die Nacht durchfahren und dann daheim sein, der war gut. Hold your breath. Ich schildere nun die aufwühlende  Chronologie der Ereignisse, das Ende mit Schrecken, den epischen Kampf der Technik und der Natur gegen Stefsechef, Traveller Nr. One of se world. Die Fähre hat mal drei Stunden Verspätung und bis ich raus aus dem Hafengelände bin, vergehen noch einmal zwei Stunden. Die Marokkaner gebärden sich, als würde das Ding gerade absaufen. Auf meinem Parkdeck laufen schon lange vor der Zeit die Motoren,  rangieren die Autos sinnlos in der Gegend herum. Draußen schifft´s, keine große Überraschung. Ich trage meine gesamte Panier, das sind vier Hosen, vier Pullis und die Jacke, zwischen den Socken noch Plastiksackerl. Dazu Sturmhaube, zwei Paar Handschuhe, Oropax. Nach guten vierhundert Kilometern bin ich trotzdem so ausgefroren, dass ich mir eine halbstündige Pause gönne undauf der Raststation drei herrliche Kaffee runter zische. Dann schwing ich mich wieder auf die Mopette und starte und das Ding rülpst einmal und dann begibt es sich ansatzlos ins Koma. Nichts mehr, nada, niente. Kein Lichtlein flackert, kein Klackern kommt mehr vom Starter, tot. Verkleidung runter, ich schau blöd herum, sinnlos. Der Öamtc schickt mir den italienischen Touringclub. Ich würde ja als Öamtc- Mitarbeiter mittlerweile beinhart auflegen, sollte ich mich schon wieder  in der Leitung haben, aber ich muss schon sagen, das funktioniert immer anstandslos. Um halb vier kommt endlich ein übelst gelaunter Hackler, ich halte bei fünf Kaffee. Anschauen will er sich nix, er verlädt den Schrott nur, fährt uns zu einem Europcar- Parkplatz und meint, das war´s jetzt für ihn, um acht käme irgendein anderer Schädl und würde sich der Sache annehmen. Freundlicherweise darf ich bis dahin  im Führerhaus des Abschleppwagens warten. Der Haberer setzt sich ab, ich schaue dreieinhalb Stunden mit Augen wie Scheinwerfern in die Nacht. An Schlaf ist nicht zu denken. Eine Anzeige auf der Straße sagt, es hat sechs Grad. Um acht kommt tatsächlich wer, bis irgendwas passiert, isses zehn. Bei der Starthilfe tut sich nix, ein Typ bringt mich und das Moped widerwillig zu einem großen BMW- Händler, fünfzig Kilometer zurück in die falsche Richtung. Dort warte ich zwei Stunden stinkend und feucht auf einem Stoff- Sitzquadrat von 1x1 Metern ohne Lehne im Ausstellungsraum und versuche alles, um es mir auf dem Teil irgendwie bequem zu machen. Ein Blick in den Spiegel am Scheisshaus erklärt, warum mich die Anzugträger konsterniert angaffen. Die Rotzbremse wächst mir schon in die Gosche rein, die Augen sind blutunterlaufen, in mir lauert schlecht versteckt der Wahnsinn. Die Fingernägel vom Herumzangeln dreckig, die Plastiksackerl schauen aus den Böcken raus. Dann rennt das Ding wieder. Irgendwo gab´s einen Wackelkontakt, die Zündkerzen wurden erneuert, die Kette ist gespannt. Neuer Mut keimt in mir auf, ich fahre weiter. Es regnet in Strömen, pausenlos. Auf der Autobahn ist so viel Wasser auf der Straße, dass ich Angst habe, jeden Moment aufzuschwimmen. Was passiert bei Aquaplaning mit dem Motorrad? Geht dann noch was oder haut´s einen da unweigerlich auf die Pfeife? Keine Ahnung, ich will´s auch nicht wissen. Also schön hinter einem Sattelschlepper nach und in seiner Spur bleiben, mühsam. Dann direkt rein in eine Gewitterfront, die so schwarz ist, dass ich glaube, es wird schon finster. So viel Regen, gibt´s das. Und dann fängt´s an zu hageln, am meisten spür ich´s auf den Oberschenkeln. Und kurz vor der italienischen Grenze schneit es in so dicken Flocken, dass ich alle paar Sekunden mein Visier vom Schnee befreien muss. Ich bin am Limit, psychisch und physisch. Ich kack mir in die Hose, ich spür die Finger nicht mehr. Der Tank is fast leer, die Maschine spuckt und sprotzt. Bei der automatisierten Mautstation brauche ich ewig, bis ich endlich das aufgeweichte Ticket in die Maschine stopfe. Das ganze herumfingern nur mit der tauben linken Hand, mit der rechten muss ich das Gasrad am Leben halten.  Kein Geld mehr, meine nassen Karten akzeptiert das Kastl nicht. Die Autofahrer hinter mir hupen und schreien. Ich bearbeite den „Help“- Knopf, nix tut sich. Ich bin verzweifelt, zutiefst und vollständig verzweifelt. Stefsechef möchte weinen. Nach einer gefühlten Ewigkeit spuckt der Automat sowas wie einen Schuldschein aus und der Balken geht hoch. Ich komme nicht mehr richtig in die Handschuhe rein, nur mehr mit zwei oder drei Fingern. Wie ein Spast auf Schikurs fahre ich die letzten paar Kilometer bis zur nächsten Tankstelle, dort versuche ich noch unter dem Flugdach, die Nässe aus der Maschine zu bekommen. Ich versinke in dichtem Rauch, wie ein drittklassiger Zauberer. Ein Mitarbeiter schaut schon und das Moped will einfach nicht mehr rund laufen und ich weiß: Ich bin in jeder Hinsicht am Ende angelangt. Der Chef der Tanke ist so nett und lässt mich das Motorrad dort für ein paar Tage parken. Ich rufe Ena an und bitte sie, mich abzuholen. Ein paar Stunden sitze ich fröstelnd in einem Aufenthalts- Kammerl. Nachdem ich die Schihose ausgezogen habe schaue ich aus, als hätte ich einen Bach durchwatet und mich danach massiv angebrunzt. Ich genehmige mir ein Bier und zwei Leberkäs- Semmeln. Viele schauen die nächsten Stunden von draußen durch die Fenster, keiner kommt rein. Ich verstehe das. Irgendwann kommt die Gefährtin und rettet mich. Die Sitzheizung auf Röst- Modus, daheim eine laaaange, heiße Dusche, wohlige Zufriedenheit und tiefe Müdigkeit umfangen mich. Ab ins Bett. Ich empfehle mich. Habe die Ehre, salam i eilei kju.
 
 
 
 

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