Mittwoch, 24. Dezember 2025

 23.12., Sal, Espargos

Wer glaubt, hier passiert etwas, täuscht sich. Ena lebt ihren Traum, sie schläft und schläft. Einzig die mittlerweile fast tägliche Notwendigkeit, das Quartier zu wechseln, bringt etwas Abwechslung in unser Dasein. Unterkünfte über einen längeren Zeitraum rund um die Feiertage gibt es auf Sal nicht mehr und wir folgen den Krümeln von kurzfristigen Absagen oder organisatorischen Fehlleistungen. Ein Faktor, der uns in die Hände spielt, wird auch sein, dass man sein gebuchtes Quartier einfach nicht gefunden hat. Es gibt so gut wie keine Straßenschilder, die Leute verstehen einen nicht und die privat vermieteten Zimmer sind als solche nicht erkennbar. Darauf angesprochen meinte eine Beherbergerin nur, jeder hier in der Gegend würde sie eh kennen und ohne ein ominöses Zertifikat dürfe man offiziell ja gar nicht vermieten. Bei ihr gibt´s wenigstens das erste Mal Frühstück zur Nächtigung, mit zwei Bulgaren am Tisch schlürfen wir dünnen Kaffee,  dazu zwei Eier und Marmeladebrot. In Boston hat die Senhora zwanzig Jahre lang Torten im Akkord dekoriert, nach Antritt der Pension ist sie wieder heim gekommen. 

Morgen fliegen wir nach Sao Nicolau mit bereits gebuchtem Quartier, aber für´s neue Jahr schaut´s düster aus. Wir schlafen von der Hand in den Mund. Lange Schlangen vor den kleinen Läden und den Banken. Geschenke müssen gekauft und finanziert werden. Der Warenkreislauf ist dabei  gut nachzuverfolgen. Ein Geschäft bekommt eine Ladung Kinderfahrräder geliefert, Väter kaufen sie und verladen sie auf ihre Pick Ups. Gehirnerschütterung der Ableger auf dem holprigen Kopfsteinpflaster vorprogrammiert. Fliegende Händler haben im Park monströse Armbanduhren vor sich ausgebreitet, übermorgen wird jeder zweite Mann eine ums Handgelenk tragen. Die Lage spitzt sich zu, sogar die Feuerwehr hat einen  Christbaum aus gestapelten Feuerlöschern und einem Helm oben drauf installiert. Auch wir Deppen müssen auf die Bank um Geld zu wechseln und ich packe es nicht. Zehn Bittsteller vor mir, nach einer halben Stunde ist einer davon abgefertigt. Druckkochtopffeeling. No work, no stress, lautet das völlig uninspirierte, auf unzählige Shirts und sonstigen Ramsch gedruckte Motto der Kap Verden, bitte einfach gusch. 

Am Strand schauen wir träge und mit einem Glas in der Hand den Profis beim Beachvolleyball spielen zu. Echte Athleten mit Sprungkraft, als wären sie am Mond, Sieger bleibt am Platz. Nur mit Mühe kann ich Ena davon abhalten, eine Forderung zu platzieren. Wie einst Al Bundy von seinen drei Touch Downs auf der Poke High, zehrt auch sie von der Erinnerung an bessere Tage. Zehn Minuten Strandspaziergang meinetwegen, dann werden die Füße schon schwer vom tiefen Sand. Am schon bewährten Straßeneck mit den glücklichsten Hunden Afrikas wird heute auch Fisch ausgegeben, dessen Reste sie ebenso dankbar und vorsichtig entgegennehmen wie Knochen, Reis oder sonstige Abfälle, Ena bekommt später einen Käsetoast. Am Weg heim mit dem Collectivo müssen wir im Gegensatz zu anderen Fahrgästen heute noch nicht irgendwo im Niemandsland eine unbeleuchtete Baracke ansteuern, unser neuer Unterschlupf heißt Sams House.


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