25.12., Sao Nicolau
Interessantes Prozedere am Flughafen. Um zweieinhalb Kilo überschreite ich das bescheidene Limit fürs Handgepäck, konstatiert die Lady am Check In- Schalter, aber ich könne ja eine Extratasche aufgeben, kostet nur hundert Euro. Besser, ich stelle vor der nächsten Abwaage einfach ein paar Sachen auf den Boden und räume sie anschließend ums Eck wieder ein, ist auch voll o.k.
Bummvoll ist die Propellermaschine und nach einem Becher Wasser und vierzig Minuten erreichen wir schon die Trauminsel der nächsten Woche. Wie ein weißer Ring wirkt die Brandung rund um Sao Nicolau aus der Luft. Beim Landeanflug passieren wir in unmittelbarer Nähe und auf Augenhöhe einen Vulkankrater rechts von uns. Schroff zur Küste hin fallen teilweise spärlich begrünte Berghänge ab, das Eiland ist knapp kleiner als Wien.
Zu lauter Musik tanzende, zu Mittag schon Schnaps saufende Insulaner in der winzigen Ankunftshalle, die ihre Verwandten freudig in Empfang nehmen, sich gegenseitig hoch heben und abbusseln. Draußen nur Natur, so weit sich sehen lässt, kein Haus sonst, nur eine schmale Zufahrtstraße. Mit einem Collectivo fahren wir durch die Hauptstadt Ribeira Brava, ein paar Gebäude in den Hängen, zweieinhalbtausend Einwohner, und gleich weiter einen großen, topografisch bedingten Umweg über Berge und Täler nach Tarrafal. Eine grandiose Landschaft mit Obstplantagen und Weilern, freistehenden Felstürmen und Einheimischen, die mit ihren verfilzten Eseln unterwegs sind, lassen wir hinter uns. Endlich ein schöner, sonniger Tag ohne Wind. Wir beziehen eine einfache, schon in die Jahre gekommene Unterkunft, von deren Balkon im ersten Stock ich fast ins weite, glitzernde Meer springen könnte, mit Anlauf durchs Wohnzimmer halt. Die Familie gibt sich unaufgeregt und nach ein paar Minuten stecken wir schon mitten im gewohnten Alltagsleben, gackern die Hühner und schreien die Kinder. Tarrafal selbst ist noch nicht viel mehr als ein beschauliches Fischerdorf, in dem der Tourismus erst langsam Fuß fasst. Bunte Fischerboote in einer Bucht vor schwarzem Kieselstrand, dahinter die Vulkanlandschaft. Der Kontrast in den Farben ist so übertrieben, als hätte jemand einen Filter über die Szenerie gelegt.
Heute haben die paar Wirten, mit denen Tarrafal auftrumpfen kann, zu, aber ein Tagedieb bringt uns zu einer Bude, wo zwei ältere Damen in ihrer kleinen Küche einfache Gerichte zubereiten. Ob ich Tuna oder irgendeinen anderen, mir auf portugiesisch unbekannten Fisch haben möchte oder Istmiregal? Ja, Istmiregal klingt gut. Vielleicht glaubt die Lady ja wirklich, dass der Europäer damit eine bestimmte Spezies meint. Simpel, reichlich und gut essen wir und so billig, dass wir erst glauben, sie hätte sich bei der Rechnung geirrt. Vom Bett im Quartier aus schauen wir der Sonne zu, wie sie hinter der Weltenscheibe abtaucht, den Kühlschrank schon gefüllt mit Erfrischungsgetränken unterschiedlicher Drehzahl.
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