Montag, 29. Dezember 2025

 28.12., Tarrafal

Hundertzehn Kilo kann eine ausgewachsene unechte Karettschildkröte auf die Waage bringen und siebzig Jahre kann sie alt werden, das noch als Nachtrag zu den gestrigen Funden. Und so ein Schildkrötenbbq kann dieser Tage im Gefängnis enden, sind die Tierchen doch mittlerweile streng geschützt. 

Anyway, heute möchten wir die Inselhauptstadt Ribeira Brava besuchen, was sich zumindest sonntags als zähes Unterfangen herausstellen wird. Lange stehen wir an der einzigen Ausfallstraße Tarrafals, bis sich endlich ein Colectivo blicken lässt und uns mitnimmt auf die wunderschöne, fünfundzwanzig Kilometer lange Reise durch das Inselinnere. Rauf und runter geht´s inmitten grüner Steilhänge, Vulkane und Felsnadeln, entlang tiefer Schluchten und trockener Flussbetten, ganz selten stehen Drachenbäume in der Gegend. Eine Katze mit einer Maus im Maul, ein Dorftrottel mit nur einem Socken an. Männer, die auf einem Brett mit sechs sich gegenüberliegenden Kuhlen Ouril spielen, indem sie darin strategisch Steinchen platzieren.

Ribeira Brava liegt im Koma. Der Markt hat zu und in den schmalen Pflasterstraßen hängen nur große, bunte Spinnen in ihren Netzen ab. Als Sehenswürdigkeit ersten Ranges fungiert ein ehemaliges Priesterseminar, das wirklich nur für Priesterseminaristen interessant sein kann. Nichts los im Bergdorf. Am Rand stehen Schweinepferche, Hühnerverschläge und Natursteinhäuser, im Zentrum teilt ein trockenes Flussbett das Kaff in zwei Teile. Die Brücke darüber wird wohl nicht sehr oft genützt, eine Furt daneben tut´s auch. Im kleinen Park dort finden wir wenigstens ein offenes Lokal, wo wir zu Liedgut des Morna, langsam, sentimental und dem portugiesischem Fado verwandt, Bier mit Cola süffeln. Dann warten wir am Hauptplatz mit Dorfkirche auf eine Mitfahrmöglichkeit retour. Zum Gaudium der wenigen mit uns wartenden Einheimischen vertreiben wir uns die Zeit mit Walzer und albanischem Fruchtbarkeitstanz, bis wir ganz alleine sind. Also wieder zur Ausfallstraße marschieren und von dort die Heimreise mit mehreren Sammeltaxis stückeln, dazwischen halten wir den Daumen raus, während wir unter willkommenen Wolken, die scheinbar immer an den Gipfeln der umwerfenden Berglandschaft hängen, wandern. Und anstandslos nimmt der Hund, der uns für die gleiche Fahrt vor ein paar Tagen noch das Doppelte abgenommen hat, den korrekten Fuhrlohn, Wissen schafft Vorsprung.


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