2.1.,
Baracoa
Die
Stadt ist von Touristen überlaufen und es dauert heute ein Weilchen, ein
Quartier für uns drei zu finden. Danny der Koreaner wird sich unserer kleinen
Selbsthilfegruppe für die nächsten Tage anschließen, alleine als Asiate in Kuba
unterwegs hat er es nicht immer leicht. Seine Schlitzaugen sichern ihm nicht
erwünschte Aufmerksamkeit und er wird ständig nach Strich und Faden beschissen.
Die Suche nach Leihmopeds bringt mich an den Rand der Verzweiflung. Mindestens
zehn von ihnen stehen am Parkplatz eines Hotels bereit aber das dazugehörige
Personal ist auf Dauer untergetaucht. Alle Büros sind trotz anderslautender
Öffnungszeiten geschlossen und die Flüchtigen auch über das staatliche
Informationsbüro nicht ausfindig zu machen. Na ja, es sei immerhin Wochenende,
was wir uns denn vorstellen würden? Die wären wohl irgendwo mit ihrer Familie am
Feiern. Der nicht mehr sehr freundliche Hinweis, dass man als touristischer
Dienstleister genau zu diesen Tagen verfügbar sein sollte, prallt auf
Unverständnis. Seit Tagen befinde ich mich in einer Gemütsverfassung, in der
ich im Zehnminutentakt irgendeinem Kubaner in die Gosche hauen könnte. Leider
geht das genauso wenig, wie ich auch die Affen im Zoo nicht herbirnen kann, nur
weil sie beschränkte Deppen sind. Der Kubaner wurde halt sozialistisch
systemisch dahin konditioniert, ein fauler, unzuverlässiger, schlampiger und
gleichzeitig größenwahnsinniger Zeitgenosse zu sein. Nicht, dass die meisten
von ihnen nicht freundlich und herzensgut wären, aber am freien Markt würde
Kuba umgehend untergehen wie eine Kackwurst im Wasserklosett. Am Nachmittag
schließlich gelingt es uns, einen Fahrer samt Auto anzuheuern, mit dem wir zum
Fluss fahren. Trotz mehrfach gefaltetem Tuch vor dem Mund ist der Trip auf der
offenen Rückbank des Geländefahrzeuges der Horror. Der Auspuff dürfte nur mehr
ein besseres Sieb sein, wir werden hier hinten bei lebendigem Leib
abgasgepökelt. Eine kurze Auszeit von den bisherigen Ärgernissen und
Unzulänglichkeiten bietet die beschauliche Fahrt im Ruderboot hinein in die
tiefe Schlucht mit ihren senkrecht abfallenden Felswänden. Von hier haben sich dereinst
unzählige Ureinwohner in den Tod gestürzt, um der Versklavung durch die Spanier
zu entgehen, der Name der Schlucht, Yumuri, bedeutet frei übersetzt „Ich sterbe“. Von den hier
sich einst tummelnden Iguana-Echsen und meterlangen Schlangen ist nicht mehr
viel geblieben. Alles wird gejagt und gegessen. Ein Fischer verkauft Kokosnüsse
mit natürlichem Strohhalm und Danny erzählt unglaubliche Geschichten über den
täglichen Wahnsinn knapp an der Grenze zu Nordkorea, während wir durch die Stille
gleiten und ab und zu ein Fisch neben uns aus dem Wasser springt. Scharmützel
an den Grenzen mit phantomähnlichen Superninjas, regelmäßig entdeckte
Invasionstunnel, unfreiwillig auftauchende, feindliche U-Boote, nordkoreanische
Spionageflugzeuge aus Holz. Hunderttausend kommunistische Spezialhoschis an der
Grenze in ständiger Bereitschaft versetzen die Südkoreaner zusaetzlich in ständige nervöse
Anspannung. Unser Guide weiß auch von
unglaublichen Zuständen zu berichten. Alle Kühe und Pferde des Landes sind
staatliches Eigentum und entsprechend gekennzeichnet. Jeder eingetretene
Todesfall muss den Behörden unverzüglich gemeldet und der Kadaver daraufhin vergraben werden. Oft exhumieren die Menschen nach Abzug der
zuständigen Beamten das Viech, um das begehrte Fleisch doch noch verwerten zu
können. Das Töten einer Kuh wird in Kuba mit zwölf Jahren Gefängnis geahndet. Ein
schneller Abstecher noch zum Meer und dann bei Einbruch der Dämmerung wieder
heim. Ich bin wegen der Abgase kurz davor, aus den Latschen zu kippen, als wir
endlich wieder Baracoa erreichen. An der Strandpromenade spielen im Rahmen der
Neujahrsfeierlichkeiten Nachwuchskünstler auf, es gibt frittiertes Hendl mit
Bananenchips und Pina Coladas um fünfundzwanzig Cent. Andere Touristen bringen
uns transporttechnisch auf den letzten Stand. Die für uns freigegebenen Busse
sind bis Ende nächster Woche ausgebucht, die Inlandsflüge bis März. Danny
verfällt, er muss in vier Tagen in Havanna seinen Flug erwischen.
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