4.1.,
Baracoa, Moa, Holguin, Guardalavaca
Im Urlaub
muss ich öfter früh raus als daheim. Schon um 5.30 tappen wir uns durch das
finstere Haus unserer Vermieter, um einen Lastwagen nach Moa, einer
Industriestadt im Norden, zu ergattern. In Baracoa herrscht das übliche
Trauerspiel von bereits für Wochen ausgebuchten Bussen und maßlos überzogenen
Angeboten der privaten Konkurrenz, deswegen. Die Küstenstraße nach Moa scheint
zwar größtenteils verwüstet zu sein, trotzdem scheint uns der Abschneider über
den Norden sinnvoller als der ganze Weg zurück über die Passstraße und über Guantanamo
Bay. Hier haben sich bekanntlich die Amis schon 1903 eingenistet und
unterhalten seitdem eine Militärbasis mit integrierter Resozialisierungsanlage
für Dschihadisten. Der Pachtvertrag um kleines Geld, 4000 Dollar pro Jahr,
läuft solange, bis sich beide Staaten anderweitig entscheiden. Die Amis haben
das wohl in absehbarer Zeit nicht so schnell vor, während die Kubaner nicht
erfreut sind, den Erzfeind im eigenen Land sitzen zu haben. Anyway. In unserem
Fall sind die Kubaner ebenfalls in heller Aufruhr, und zwar weil der Schaffner
den Fuhrlohn nach Moa kurzfristig um fünfzig Prozent angehoben hat. Er kann das
deswegen machen, weil auch für die vielen Einheimischen, die über die Feiertage
ihre Familien besucht haben, zu wenig Transportmittel unterwegs sind und wir
werden sowieso abgebrockt, wie man so schön sagt. Immer schön zahlen und gusch
sein, sonst bleiben wir hier picken. Bis zur Dämmerung einer Revolte stopft der
Unsympathler die Ladefläche mit Menschen und Taschen zu, dann fahren wir
endlich los und schleichen über die traurigen Reste der ehemaligen Straße.
Hunderte Menschen warten noch entlang des Weges und können es nicht fassen, als
der Bus einfach weiterfährt. Direkt vor uns stehen Mutter und Tochter mit zwei
in Taschen eingenähten Ferkeln. Während sich die armen Viecher, eingekeilt
zwischen anderen Habseligkeiten, die meiste Zeit über schweigend in ihr
Schicksal ergeben, speibt sich die Tochter bald an und die Hitze und das
Geholper setzen allen ganz schön zu. Durch vergitterte Schlitze an den Seiten
sehen wir die herrliche Landschaft langsam vorüberziehen. Der Koreaner hat zwei
Kinder am Schoß sitzen und ist so wie wir mit nur wenigen Zentimetern Spiel in
alle Richtungen hin völlig eingepfercht. Kollektives Aufatmen begleitet das
Aushusten des Motors in Moa zwei Stunden später. Vom Hafen der schmutzigen
Stadt schlängeln sich bündelweise dicke Rohre durch die Straße. Mit einem
Pontiac legen wir die nächsten zweihundert Kilometer zurück. Dazwischen kaufen
wir uns ein paar Kekse, mit denen wir auch die vielen Kinder an Bord versorgen.
Die Fahrt in der verbeulten Kiste fühlt sich wie reinster Luxus an und langsam
lassen wir den Oriente, den abgeschiedenen Osten des Landes, hinter uns.
Endlich kann sich Danny in Holguin ein Anschlussticket nach Havanna kaufen,
dann chartern wir noch einen Transport hoch nach Guardalavaca, das,
ursprünglich aus einem kleinen Dorf gewachsen, wörtlich
übersetzt so viel wie „Hüte die Kuh“ bedeutet. Es schüttet in Strömen, als wir
die hässliche Plattenbausiedlung im Hinterland erreichen, die Unterkünfte
direkt am Traumstrand sind nicht unter 250 Euro die Nacht zu bekommen. Trostlos
ist es hier. Ena zieht alleine los und stellt bald zwei Zimmer für uns auf und
zumindest unseres entpuppt sich als sauber und modern, gut versteckt hinter
dieser deprimierend ärmlichen Fassade. Im Nachbarzimmer der Wohnung sind drei
nette Argentinier untergebracht, die uns auch gleich die dreihundert Meter
runter zum schönen Strand begleiten. Mit Danny ploppen wir uns dort neben den
obligatorischen Mojitos noch große, knusprige Red Snappers ein und plötzlich
schaut das Leben gleich wieder viel besser aus.
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