Mittwoch, 6. Januar 2016



4.1., Baracoa, Moa, Holguin, Guardalavaca
Im Urlaub muss ich öfter früh raus als daheim. Schon um 5.30 tappen wir uns durch das finstere Haus unserer Vermieter, um einen Lastwagen nach Moa, einer Industriestadt im Norden, zu ergattern. In Baracoa herrscht das übliche Trauerspiel von bereits für Wochen ausgebuchten Bussen und maßlos überzogenen Angeboten der privaten Konkurrenz, deswegen. Die Küstenstraße nach Moa scheint zwar größtenteils verwüstet zu sein, trotzdem scheint uns der Abschneider über den Norden sinnvoller als der ganze Weg zurück über die Passstraße und über Guantanamo Bay. Hier haben sich bekanntlich die Amis schon 1903 eingenistet und unterhalten seitdem eine Militärbasis mit integrierter Resozialisierungsanlage für Dschihadisten. Der Pachtvertrag um kleines Geld, 4000 Dollar pro Jahr, läuft solange, bis sich beide Staaten anderweitig entscheiden. Die Amis haben das wohl in absehbarer Zeit nicht so schnell vor, während die Kubaner nicht erfreut sind, den Erzfeind im eigenen Land sitzen zu haben. Anyway. In unserem Fall sind die Kubaner ebenfalls in heller Aufruhr, und zwar weil der Schaffner den Fuhrlohn nach Moa kurzfristig um fünfzig Prozent angehoben hat. Er kann das deswegen machen, weil auch für die vielen Einheimischen, die über die Feiertage ihre Familien besucht haben, zu wenig Transportmittel unterwegs sind und wir werden sowieso abgebrockt, wie man so schön sagt. Immer schön zahlen und gusch sein, sonst bleiben wir hier picken. Bis zur Dämmerung einer Revolte stopft der Unsympathler die Ladefläche mit Menschen und Taschen zu, dann fahren wir endlich los und schleichen über die traurigen Reste der ehemaligen Straße. Hunderte Menschen warten noch entlang des Weges und können es nicht fassen, als der Bus einfach weiterfährt. Direkt vor uns stehen Mutter und Tochter mit zwei in Taschen eingenähten Ferkeln. Während sich die armen Viecher, eingekeilt zwischen anderen Habseligkeiten, die meiste Zeit über schweigend in ihr Schicksal ergeben, speibt sich die Tochter bald an und die Hitze und das Geholper setzen allen ganz schön zu. Durch vergitterte Schlitze an den Seiten sehen wir die herrliche Landschaft langsam vorüberziehen. Der Koreaner hat zwei Kinder am Schoß sitzen und ist so wie wir mit nur wenigen Zentimetern Spiel in alle Richtungen hin völlig eingepfercht. Kollektives Aufatmen begleitet das Aushusten des Motors in Moa zwei Stunden später. Vom Hafen der schmutzigen Stadt schlängeln sich bündelweise dicke Rohre durch die Straße. Mit einem Pontiac legen wir die nächsten zweihundert Kilometer zurück. Dazwischen kaufen wir uns ein paar Kekse, mit denen wir auch die vielen Kinder an Bord versorgen. Die Fahrt in der verbeulten Kiste fühlt sich wie reinster Luxus an und langsam lassen wir den Oriente, den abgeschiedenen Osten des Landes, hinter uns. Endlich kann sich Danny in Holguin ein Anschlussticket nach Havanna kaufen, dann chartern wir noch einen Transport hoch nach Guardalavaca, das, ursprünglich aus einem kleinen Dorf gewachsen, wörtlich übersetzt so viel wie „Hüte die Kuh“ bedeutet. Es schüttet in Strömen, als wir die hässliche Plattenbausiedlung im Hinterland erreichen, die Unterkünfte direkt am Traumstrand sind nicht unter 250 Euro die Nacht zu bekommen. Trostlos ist es hier. Ena zieht alleine los und stellt bald zwei Zimmer für uns auf und zumindest unseres entpuppt sich als sauber und modern, gut versteckt hinter dieser deprimierend ärmlichen Fassade. Im Nachbarzimmer der Wohnung sind drei nette Argentinier untergebracht, die uns auch gleich die dreihundert Meter runter zum schönen Strand begleiten. Mit Danny ploppen wir uns dort neben den obligatorischen Mojitos noch große, knusprige Red Snappers ein und plötzlich schaut das Leben gleich wieder viel besser aus.

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