23.1., Antigua, Vulkan Acatenango
Drei Stunden warte ich unter Vertröstungen der zuständigen Agentur an der mir zugewiesenen Kreuzung, aber kein Shuttle ist in Sicht. Der Taxifahrer, der dann doch noch auftaucht, spricht zwar kein Wort Englisch, führt mich aber direkt zum Fuß des Acatenango. Dort finde ich nach längerer Suche mit Hilfe einheimischer Wanderer einen scheinbar nur für mich abgestellten Guide, irgendwie hatte man scheinbar auf mich vergessen und sich dann doch noch eines Besseren besonnen.
Nach fünf Minuten steht fest: Ich hasse diesen Aufstieg. Der Untergrund besteht aus einer losen Mischung aus Erde und kleinen Steinchen, mein Mann hat mir das Frühstück für die ganze Gruppe eingepackt und es geht ohne Unterlass steil bergauf. Entlang des Weges weint jemand bittere Tränen, hoffentlich nur, weil ihm der Weg zu anstrengend ist. Nach vier Stunden schweigenden Marsches, der Typ spricht auch kein Englisch und ich hätte ohnehin keine Luft für Konversation übrig gehabt, erreiche ich halb tot knapp unter der Baumgrenze das Camp. Abgelaufene Gummibärchen von daheim und mein gefundenes passendes Tempo, Superzeitlupe, haben geholfen. Saukalt isses und der Schlafplatz ein Hohn. Ob ich lieber ein Zelt hätte oder gar eine Cabana, hatte mich der Keiler gestern gefragt. Und gerne habe ich ein paar Kopeken draufgelegt für die kleine Hütte, man will es ja schön haben. Dass aber sowohl das Zelt als auch der Bretterverschlag in Form eines Zeltes mit vielen anderen Gestalten geteilt werden muss, wurde nicht erwähnt. Wie für Sardinen in der Dose sind die Schlafsäcke dort geschlichtet und grindig sind die, als ob schon jemand darin gestorben ist und lange Zeit nicht gefunden wurde. Zwei speckige Jacken aus dem Fundus hole ich mir, die Finger sind in Ermangelung von Handschuhen schon gefühllos.
Was zum Henker mache ich hier? Was ist schon wieder in mich gefahren, um mich überhaupt auf dieses hochalpine Flüchtlingscamp zu quälen? Der Versuch einer Erklärung. Antigua ist umgeben von den Vulkanen Agua, Acatenango und Fuego, wobei letzterer noch immer aktiv ist. In Aussicht gestellt wurde mir ein fulminanter Ausblick auf gewaltige Ausbrüche, und zumindest das war nicht übertrieben. Die zwei anderen Bilderbuchvulkane sind nicht allzu weit entfernt und deren Schlote quasi auf Augenhöhe. Der Fuego explodiert alle zwanzig Minuten oder so, wobei er glühende Lava, eine pilzförmige Aschewolke und beängstigendes Donnern und Grollen absondert.
Eine Gruppe marschiert noch weiter zu einem noch besseren Aussichtspunkt, es muss sich um Menschmaschinen oder Echsenmenschen handeln. Ich jedenfalls bin fertig für heute und genieße das Hereinbrechen der Nacht, das Leuchten Guatemala Citys und Antiguas unter mir und das Feuer des nahen Vulkans.
Nudeln und picksüsser Kakao werden noch am Lagerfeuer gereicht, dann kriechen alle in ihre Schlafsäcke und versuchen, etwas Schlaf zu bekommen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen