Montag, 8. Januar 2024

 7.1., Puerto Morales

Die Insel der Frauen, Isla Mujeres, klingt zu geheimnisvoll, als dass man sie ignorieren könnte. Womit muss Mann rechnen? Mit karibischer New World Order? Mit gelebtem Matriarchat, einem Fall für die Gleichstellungskommission? Mit leicht beschürzten, aber doppeltdominanten Amazonen, die Chauvinisten wie mich schon von Weitem riechen können? Mit rauchenden Inselsuffragetten, mit einer lesbischen Gesellschaft, die dem anderen Geschlecht endgültig abgeschworen hat? Muß Stefsechef gar Wiedergutmachung leisten für Jahrhunderte lange Ungerechtigkeit, öffentlich Buße tun, nachdem ihn eine hammerwerfende Kampflesbe ausgemacht und überwältigt hat? Wird sich die Gefährtin im Sog der Ereignisse ebenfalls auflehnen und fortan lachhafte Zugeständnisse wie Mist runter bringen und dergleichen einfordern? 

Also raus aus den Federn schon zu Sonnenaufgang, die erste Fähre müssen wir erwischen. Klingt wild, gell, aber in Mexiko endet die Nacht erst morgens um halb Acht, das reimt sich und ist schön für Langschläferinnen wie Ena. 

Fünfzig Kilometer hoch mim Roller und endlich verstehe ich, warum alle den Helm verkehrt herum aufhaben. Ist der abgeschrägte Sonnenschutz des Helmes hinten, hat der Fahrtwind keine Angriffsfläche und kann die ohnehin völlig sinnlose Eierschale nicht mehr bis zum Hinterkopf drücken. 

Keine Stunde mit dem Schiff übergesetzt, schon sind wir da. Sechs, sieben Kilometer ist das Eiland lang und an manchen Stellen so schmal, daß man links und rechts  das Wasser sieht. Die östliche Seite ist rauher. Hier haben Wind und Wellen die Landschaft im Laufe der Zeit ordentlich zerklüftet. Auf Klippen steht eine Kirche, zu der wir wie einst Jesus auffahren. Die Wand hinter dem mit Muscheln und Seesternen geschmückten Altar ist eine einzige riesige Glasfront und gibt den Blick frei auf das scheinbar grenzenlose Meer. Ruhig und kühl ist es im Inneren. Eine Frau betet, eine andere sitzt an ihrem Souvenirstand, den sie skurillerweise ebenfalls im Gotteshaus  aufgebaut hat. 

Eine Lagune im geschützten Inneren der Insel beherbergt einen kleinen Hafen und am südlichen Ende der Insel  steht verlassen ein Leuchtturm. Die vielen Hurrikane der letzten Zeit haben die Überreste eines alten Tempels endgültig zerbröselt. Ein Kind füttert furchtlos eine große Echse, Artgenossen naschen von der Vegetation oder sonnen sich reglos auf Felsen.

Bleibt noch der Norden. So viele Frauen! Aber auch so viele Männer und Kinder! in der Früh ging´s ja noch, da waren die Strände beinahe verwaist. Aber mittlerweile haben die Saufschiffe mit offener Bar ihre torkelnen und mit Plastikbechern ausgestatteten Passagiere ausgespuckt, liegen unzählige Segel- und Motoryachten im flachen Wasser vor Anker, haben die Personenfähren von Cancun die Massen abgeladen. 

Denkt man sich aber die Gebäude, die flächendeckenden Sonnenliegen, die hunderten Golfwagerl, die ganzen Menschen weg, bleibt ein trauhafter Ort übrig. Makellos ist der weiße Pudersand. Das Wasser leuchtet in allen Schattierungen von türkis bis tiefblau. In der Brise rauschen die Palmen. Hier möchte man stranden.


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