15.1., Cayo Caulker, Flores
Ok, es reicht. Gestern sind noch zwei skandinavische Junghüpfer eingezogen und spätnachts vollfett eingetrieben. Die eine Lemure mit vom Alk aufgedunsenem Sauschädel hat sich noch lautstark vor dem Zimmer angebröckelt, seinen retardierten Freund hat´s rücklings von der Leiter geschmissen, als er aufs obere Stockbett klettern wollte. Hat sich angestellt, als ob er kurz vorm Gipfelsieg auf einer Schneeleiter am Mount Everest hängen würde, der Mutant, dann ist er wie ein angeschossenes Faultier abgestürzt. Jedenfalls, um 6.00 packe ich unter komatösem Geschnarche dieser Opfer meinen Ranzen und hüpfe bei Sonnenaufgang auf das Boot nach Belize City. Das günstigste Bett in dieser Stadt, natürlich im Schlafsaal, würde fünfunddreißig Euro kosten, aber ich werde diesem Land noch heute den Rücken kehren.
Eine wilde Ecke, die Hafengegend, viele Obdachlose und Erledigte. Der Weg zum Bahnhof ist nicht viel besser, noch keine normalen Menschen unterwegs. Im kleinen, versifften Terminal dann wieder eine sagenhaft hinniche Partie. Alle, die Fahrgäste wie auch das Personal, schauen aus, als hätten sie die Nacht durchgefeiert, halten sich die Köpfe, schauen ein oder stieren mit roten, tränenden Augen in die Gegend. Der Kaffee ist ungenießbar, wahrscheinlich ist er mit Leitungswasser gemacht, und mir rinnt der Dreck runter.
Eine Stunde später fährt der Chicken Bus gut gefüllt los gen Westen, vorbei an einer bunt gestrichenen Polizeistation in der Racoon Street und dem Reisebüro Butts up! auf der Pelican Street. Komplett ausgeweidete Autowracks, ein schmuckloser, weiträumiger Friedhof auf einer Wiese, ohne Mauer oder sonstiger Absperrung zum Reich der Lebenden.
Sehr karibisches Flair im Bus. Ein gewisser DJ Shitzky (wer nennt sich freiwillig so?) beschallt ihn in Dauerschleife mit Reggeaton, der fast untergeht in einer Kakophonie aus unzähligen Handyclips der Fahrgäste. Einer trägt einen Bibelspruch auf seinem T-Shirt, andere ihre Hosen so weit runterhängend, dass man sich nur wundern kann, warum sie sie nicht gleich bis zu den Knien runterziehen. Sehr dicke Frauen mit langen Fingernägeln und Rastazöpfchen oder mit kleinen weißen Häubchen auf in der Art von Krankenschwestern, das sind die Mennoniten.
Ein Wartehäuschen unterwegs besteht aus vier ausgebauten, zerfledderten Autositzen auf einer Wiese unter einer Plane. Einfache Häuser auf Stelzen, ausrangierte amerikanische Schulbusse. Jackson breaks for emergency only! It´s the law! Keine Ahnung, was das bedeuten könnte. Habe ich übrigens schon erwähnt, dass die Amtssprache in Belize Englisch ist? Tatsächlich verstehe ich aber kein Wort, wenn sich die Menschen miteinander unterhalten, obwohl englische Begriffe durchaus vereinzelt verwendet werden. Vorbei an Ortschaften wie Blackman Eddy oder Spanish Lookout, vorbei an Kirchen aller denkbaren christlichen Spielarten. Nach drei Stunden komme ich in Benque an, fahre mit einem verlotterten Taxi zum Grenzübergang, pecke noch die ungerechtfertigte Ausreisegebühr und bin endlich in? Richtig, in Guatemala.
Über die Brücke marschiere ich und dann links zu den Collektivos. Stand so in einem Reiseblog und stimmt noch immer. Zwei weitere Stunden in einem ausgebauten Neunsitzer nach Santa Helena, die unterschiedlichsten Fahrgäste steigen unterwegs zu oder aus. In Guatemala gibt es keine Schwarzen mehr, stattdessen Mestizen und Latinos, oft mit runden Gesichtern und Schlitzaugen. Von Santa Helena weiter mit dem Tuktuk nach Flores, einem altehrwürdigen Dorf auf einer Insel inmitten eines Sees, und schon bin ich da. Aufs Geratewohl checke ich in einem Hotel ein, kaufe mir noch Wasser und lege mich hin, ich bin noch immer krank.
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