Donnerstag, 23. März 2023

 22.3., von Ayvalik nach Kusadasi

Bevor ich dieses pittoreske Kaff verlasse, gebe ich mir noch die allerorts bejubelte Signature-Speise von Ayvalik, die sich in einem in Ketchup und Mayo ersäuften Toast mit allem erschöpft. Was an diesem gastronomische Kniefall legendär sein soll, könnte mir maximal jemand vom Schöpfwerk erklären. Jedenfalls erzählt mir der Wirt, er sei schon zweimal in Wien gewesen, wegen Rapid Wien. Das deswegen, weil er  einmal Trainer war. Nicht hier, sondern in Canakkale. Jaja, so gut verstehe ich schon Türkisch. Rapid Wien heißt nämlich auf Türkisch Rapid Wien und Trainer heißt Trainer, wobei die Betonung in der turkmanischen Version auf dem a liegt. Leider versteht mein Gegenüber Deutsch nicht so gut wie ich seine Sprache, er behirnt nichts von dem, was ich ihm erzähle. Größter Traveller aller Zeiten und so, ich blicke in leere Augen. 

Dann stelle ich mich ewig lange mit einem Zahnlosen hin und feilsche um den Preis von einer seiner Sonnenbrillen. Außer einer Gratis-Kronenzeitung-Sonnenbrille vom letzten Donauinselfest hat es aufgrund einer organisatorischen Fehlleistung nämlich kein verdunkelter Sehbehelf in meinen Rucksack geschafft, womit ich bei den stylischen Türken natürlich voll abstinke. Jedenfalls, irgendwie scheint der Schädel nicht zu verstehen, wie das mit dem Handeln so funktioniert, und nach zehn Minuten mit Scheinen wacheln, weggehen und wieder zurückkommen muss ich erst recht den von ihm ursprünglich veranschlagten Preis von umgerechnet fünf Euronen pecken.  

Der Außenspiegel  meiner Tschesn ist erstens eingeklappt und außerdem total abgeschert, weil ich sie in einem doch recht engen Gässchen mit erstaunlich regem Durchzugsverkehr geparkt hatte. Ok, ist so hinzunehmen. Ich liebe mein Auto, weil es mir total egal ist. Solange der Spiegel noch dran ist, könnte es mir wurschter nicht sein. 

Ab in den Süden, mitten durch die Viereinhalbmillionenstadt. Izmir izmir noch von früher unangenehm in Erinnerung. Vor gut fünfundzwanzig Jahren musste ich am hiesigen Zollgelände am Hafen eine Nacht am Dach meines LKW bötzen, und das kam so. Gemeinsam mit meinen zwei damaligen Kollegen, einem Schweden und einem Engländer, waren wir auf einer Fähre von Italien an einem Sonntag mit zwei Lastwägen in der Türkei angekommen, um im Auftrag einer großen deutschen Sportbude in Istanbul ein Street Soccer Turnier auszurichten. Die Frachtpapiere waren eigentlich in Ordnung, aber leider waren wir drei Bubis damals noch zu dumm, die Zöllner vorsorglich mit einer Kleinigkeit zu bestechen, woraufhin diese eine offizielle Einladung vonseiten der türkischen Niederlassung besagter Firma einforderten. Natürlich war das Büro erst Montags wieder besetzt, deswegen die unfreiwillige Nächtigung. Eine Musikantenpartie, die weiß Gott von wo kommend für einen Gig nach Äthiopien unterwegs war, musste den allmächtigen Grenzwächtern gar ein Set in der Abfertigungshalle vorspielen, um ihre Ausführungen zu untermauern. Als ich Tags darauf nach einer unruhigen Nacht so bei meinem LKW herumlungerte, kam ein grindiger Typ mit fetten Haaren und Jeansjacke angeschlurft und fragte mich, ob ich etwas zu rauchen hätte. Dann griff er in seine  Tasche, zauberte eine Polizeimarke hervor, hieß mich die Ladebordwand öffnen und schickte seinen Hund auf Drogensuche. Ja, auch sein verlauster Möter war ein hervorragend getarnter Undercover Agent. Aber das ist eine andere Geschichte.

Starkregen mit Blitz und Donner heute in Izmir, unter den Brücken schon kein Platz mehr für die Mopedfahrer. Rote Ampeln, die als sinnlos erachtet werden, werden kollektiv ignoriert, Stoßzeit ist. Rund um den Industriehafen stinkt es ordentlich. Konteyner, Sperrmüll und rauchende Schlote. Nur die Toten haben es schön hier, ihr von einem Pinienwald beschatteter Friedhof ist die wahre Insel der Seligen. 

Eine Pause in Foca, das durch eine Halbinsel mit antiker Festung darauf geteilt ist. Es gibt Guiness, Glühwein und Burger mit der seltsamen Aufforderung, selbige mit Brutality zu essen. Schwer touristisch hier, aber Bootstouren zu den Seehunden auf dem vorgelagerten Sirenenfelsen finden noch nicht statt. 

Ein Bett in einem eiskalten Zimmerchen finde ich in Kusadasi, Epizentrum des internationalen Massentourismus mit Schwerpunkt Alkohol. Ich gebe mich mit einem Fischbrötchen und einem Efes zufrieden und bibbere durch die Nacht.


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