Donnerstag, 10. Februar 2022

 8.2., 9.2., Campo Grande, Sao Paulo, Ilhabela

Ein letzter Anlauf, auch von hier könnte man zumindest noch in die südliche Ecke des Sumpfes gelangen. Die erste im Netz gefundene und erwartungsschwanger aufgesuchte Tourist Agency  finde ich leergeräumt vor, verstaubt und gänzlich verwaist. Im zweiten werden lediglich Einkaufsausflüge organisiert und das dritte wurde in ein Covid-Impfzentrum umgewandelt. Meine schriftliche Anfrage an eine weitere Agentur bleibt unbeantwortet. Dafür entdecke ich ein weißes Holzkreuz auf einer Verkehrsinsel, so einfach und unscheinbar, wie man es sich nur vorstellen kann. Die Inschrift lautet: 1974, CSSR. Unidos em Cristo,  vereint in Christus. Und weil ich schließlich Stefsechef bin, verwegen, verwahrlost und volksnah, setze ich mich zu ein paar Arbeitern in einen Schmuddelwirten und bediene mich gemeinsam mit den Bauernlümmeln an den eingetrockneten Resten des recht einfach gehaltenen Mittagsbuffets.

Nachmittags trete ich die Mutter aller Busfahrten an, zurück nach Sao Paulo und gleich weiter zur Insel Ilhabela. Unterwegs nicht viel Neues. Termitenhügel so groß und so widerstandsfähig, dass sich die Kühe genüsslich an ihnen reiben können, ohne größeren Schaden anzurichten. An einer Raststation hängen zwei Plakate. Das erste fordert dazu auf, Bettlern kein Geld zu geben. Es würde deren Selbstgefälligkeit unterstützen und für Alk, Drogen und Prostitution ausgegeben werden. Über das zweite sollen Männer als Reservisten für die Armee rekrutiert werden. Ein paar Worte mit einer Bolivianerin mit Auslandssemester in Alaska, dann fetzt der Bus weiter durch die Nacht, nach Eigenart der Brasilianer nur mit Standlicht. Der Sinn des Blindfluges erschließt sich mir nicht. Vielleicht möchte man Sprit sparen oder gegebenenfalls mit mehr Effekt aufblenden können, glaubt man dem Erklärungsmodell meines Reiseführers. 

Morgens um Sechs komme ich in Sao Paulo an und fahre mit der U-Bahn zu einem anderen Busterminal. Eine Frau steigt zu und hängt ein T-Shirt am Kleiderhaken über eine der Haltestangen. Dann folgt eine lautstarke Präsentation des von ihr vertriebenen Fleckenmittels, das tatsächlich guten Absatz findet. Weitere fünf Stunden im Bus nach Sao Pedro, die ich mit Magenkrämpfen und in großer Dankbarkeit für das Vorhandensein einer Bordtoilette verbringe, ohne die es ein großes, nicht mehr zu verhinderndes Unglück gegeben hätte. Dann noch zum Fährhafen latschen und gratis(!) auf die Insel übersetzen, ist mir auch noch nicht passiert. Ein riesiges Schiff aus Monrovia und ein Tanker, der unter griechischer Flagge fährt, liegen ebenfalls am großen Pier vertäut. Vier Mitarbeiter einer Touristeninformation freuen sich sehr, als ich mich nachmittags als der erste Besucher des Tages ins Gästebuch eintrage. Auf deren Rat hin folge ich der Hauptstraße nach Norden und checke dreiundzwanzig Stunden nach Antritt der Reise in der ersten Unterkunft ein, die ich zu Gesicht bekomme. Boa Noite.


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