Mittwoch, 2. Februar 2022

  31.1., Guaira

Ambitioniertes Tagesziel für heute wäre Bonito gewesen, rund siebenhundertfünfzig Kilometer entfernt in nördlicher Richtung am Weg zum großen Sumpf. Wird´s aber nicht spielen. Obwohl der erste Bus schon eine Stunde zu spät kommt, klopft der Fahrer trotzdem noch penibel mit einem Holzhammer alle Zwillingsräder seines Busses ab, ehe wir einsteigen dürfen. Beim Anschlussbus, wieder unpünktlich, verzögert sich die Abfahrt, weil der Schaffner noch die Dokumente aller Reisenden kontrollieren möchte. Die Zeiten, als man in Brasilien ohne große Umstände untertauchen konnte, sind vorbei. Bei jedem Furz muss man sich ausweisen. Ohne Vorlage eines Personalausweises bekommt man nicht einmal Rabatt im Supermarkt. 

Als wir endlich wieder unterwegs sind, erinnert die Gegend an unsere. Hügelige Kulturlandschaft mit Sojafeldern und hin und wieder einem Stückchen Wald. Der Typ vor mir beschäftigt sich inzwischen mit einem Spiel am Handy, in dem er virtuellen Menschen eine Pediküre verabreicht. Nicht nur Nägel muß er schneiden und  Hornhaut wegraspeln, auch Hühneraugen und Warzen wollen versorgt sein. Mit einer Pinzette drückt er außerdem Wimmerl oder Geschwüre auf. Da spritzt der Eiter nur so! Oida, wie krank ist die Welt? Ekelhaft, zum anspeiben.

Irgendwann geht dem Fahrer die Kiste ein und wir warten eine verschwitzte Stunde im Niemandsland, bis wir umgeladen werden. Dazu ein martialischer Warnton, als ob wir in einem absaufenden U-Boot sitzen würden. Selbst in Dourados, irgendeiner nichtssagenden Großstadt, wäre ich erst kurz vor Mitternacht. Aber nicht ohne Plan oder Quartier, also kurzerhand im Saukaff Guaira rausgehüpft und irgendwo eingecheckt. 

Das Städtchen wirkt wie aufgeleckt, befindet sich noch immer direkt an der Grenze zu Paraguay und verfügt sogar über einen Lady´s Beauty Salon. Botox forever! steht mit entwaffnender Ehrlichkeit über dem Laden geschrieben und auf Nachfrage erklärt sich eine unterbeschäftigte Dame dazu bereit, mir Gesichts- und Kopfhaar zu stutzen. Eine Bartmaschine liegt bereit, vielleicht für stark behaarte Damen, und auch Augenbrauen und Ohrenhaare bekommen gebührende Aufmerksamkeit. Hoffentlich wird das der langweiligste Tag in Brasilien bleiben.


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