6.2., Coxim
Regen, als ich um Sieben in den ersten Bus gen Norden steige. Statt Soja dominiert heute Zuckerrohr, aus dem hauptsächlich Cachaca gebrannt wird. Die Hausmarke Camelinho ist allerdings ohne Einschränkungen untrinkbar. V-förmige Strommasten sind über weite Strecken die einzigen Bauwerke in der flachen, wie mit dem Lineal gezogenen Ebene.
Nach vier Stunden erreiche ich Campo Grande. Vom großen Feld fahre ich noch einmal vier Stunden nach Coxim. Draußen Hütten statt Häuser in staubigen Siedlungen an der Bundesstraße. Kirchen sind in Hallen mit runden Blechdächern untergebracht. LKW´s mit Jesus oder Lisa Simpson auf der Beifahrerscheibe donnern vorbei. Ein Mann mit Cowboyhut steigt im Nirgendwo aus, bevor wir an einer sehr grindigen, mit ehemals weißen Kacheln vollverfliesten Raststation Pause machen. Ein streunender Hund, der von jemandem die Reste eines Sandwiches bekommen hat, kostet davon, pinkelt dann darauf und empfiehlt sich. Auch wir fahren weiter. Wilde Deponien, Zebu-Rinder mit Höckern auf grünen Weiden.
An einer Brücke am südlichen Ende Coxims steige ich aus und folge der Straße entlang eines Flusses. Am Stadtrand ist sie als einzige asphaltiert, sonst zweigen nur rote Staubpisten von ihr ab. Ein leerer Springbrunnen mit ausgebleichten Skulpturen, großen, abgeschlagenen Fischen aus Beton. Zwei Frauen tanzen in einer Wiese zur Musik ihres Ghettoblasters, der Sprit kommt aus einer Styroporbox. Ein paar Palmen in verwilderten Waldstücken, kleine Wohnhäuser mit Vorgärten, in denen alte Menschen sitzen oder in Hängematten liegen. Dubiose Bars mit Trinkern und verlebten Gesellschaftsdamen. Ich gehe und gehe, drei, vier Kilometer in Richtung des vermeintlichen Zentrums, aber es ändert sich nicht viel. Die Straßen sind jetzt zwar sehr breit, aber irgendwie ist nichts da. Ich latsche durch die ausgestorbenen Blocks, bis ich eine als Hotel ausgeschilderte Absteige erreiche. Eine Frau führt mich nach hinten, das Zimmer um acht Euro. Einer liegt besoffen am Boden des Innenhofs und grunzt. Leere und volle Flaschen mit Zuckerrohrschnaps und Bier stehen und liegen herum. Es wird sich hoffentlich noch etwas besseres finden lassen.
Weiter oben an einer Art Durchzugstraße nach einem Stadion finde ich eine weitere Unterkunft. Dort frage ich, wo den hier das Zentrum sei und das Mädchen deutet in Richtung des Flusses, von wo ich eben gekommen bin. Das muss ein schrecklicher Irrtum sein. Jedenfalls, hier bleibe ich. Die Klobrille ist gut, aber aus und eine ungesicherte Tür in eine Art Lichthof muss ich erst noch verrammeln. Später esse ich etwas in einer Lancheria am Eck und wenn ich ein Hund wäre, wüsste ich, was zu tun wäre. Dann sitze ich an der Straße, trinke Bier und schaue. Der Pickup ist das Fahrzeug der Wahl. Ich befinde mich im natürlichen Habitat des brasilianischen Rednecks, am westlichen Rand des großen Sumpfes. Morgen werde ich mehr herausfinden.
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