Montag, 17. Dezember 2018

13.12., San Blas
Einen Rucksack mit unnötigem Zeug lassen wir im Hotel, um kurz vor sechs kommt der Allradtoyota. An Bord schon vier andere Figuren aus Deutschland und Holland,
wir sind komplett. Noch zehn Liter Wasser, riesige Mangos, Chips und andere Fressalien shoppen, dann verlassen wir Panama City. So schiach sind die Außenbezirke,
schimmlige Betonklötze wild in der Gegend verstreut, dreckige Industrieareale hinter hohen Mauern, Schrott, wilde Mülldeponien. Außerhalb wird´s langsam besser.
Zuerst noch Grasland, auf dem der Dunst liegt, dann führt die Straße bergauf und schlängelt sich fortan durch dichten Dschungel. Vorher bleibt der Fahrer noch
bei einem Fressverschlag stehen und steigt kommentarlos aus, wobei er den Motor laufen lässt. Geht er aufs Klo, vielleicht auf einen Coffee to go? Nein, er
bestellt sich einen Teller Frühstück, setzt sich hin und löffelt tiefenentspannt seine Suppe. Wir also auch, ich bin sowieso hungrig, weil wir unser Frühstück
versäumt haben. Es gibt fettige Mais- und Germteigfladen,dazu ein Omelett und Kaffee, passt. Später lauschen wir lateinamerikanischer Musik mit ewiggleichem
Sambasalsarhytmus, auch der alte Fahrer mit Zahnstocher im Mund hat den Groove und swingt dahin. Die Themen sind extravagant, einer besingt zum Beispiel Nachos.
Nacho, Nacho, everybody Nacho. Do the Nacho. Time is money, money is cheese, cheese is Nacho. Die Piste ist mittlerweile besonders in den Kurven und Senken
ziemlich kaputt und voller tiefer Schlaglöcher, ein paar Pickups mit Kochbananen oder Fässern unbekannten Inhalts sind noch unterwegs. Der Fahrer beschleunigt
mitunter wegen bevorstehender steiler Abschnitte, was die Kiste hergibt, und die Kompression drückt uns in die Sitze. Ena und ich kauern in der letzten, leicht
erhöhten Reihe ohne Möglichkeit, die Füße irgendwo zu verstauen, bequem ist anders. Nur mehr Botanik, ganz selten noch eine einfache Hütte am Straßenrand. Nach
einer Polizeisperre noch ein paar Kilometer, dann erreichen wir das Territorium der Guna, wo jeder zweiundzwanzig Dollar wofür auch immer ablöhnen muss. Zu den
Eingeborenen komme ich später noch. Die Typen hier schauen zwar indianisch aus, sonst aber wie jeder andere auch. Beim letzen Stopp an einem Fluß werden kleine
Gruppen von Touris in verschiedene Boote verladen, je nach vereinbarter Insel. Steg oder sonstige Infrastruktur gibt´s keinen, man klettert über die
Böschung und weiter Richtung Bootsheck. Wunderschöne, sattgrüne Flußlandschaft, vor der Mündung zum Meer nach wenigen Minuten liegen große Haufen von Schwemmholz,
ganze Bäume ineinander verkeilt. Die Regenzeit ist erst vor zwei Wochen abgeklungen. Der junge Bootsführer mit Irokesenfrisur sucht sich seinen Weg, gelangt
aufs freie Wasser und dreht den Gashahn auf, am Horizont verstreut sind runde, üppig mit Palmen bewachsene Inseln, die alle gleich aussehen. Wir erreichen unsere,
Ina, nach einer knappen Stunde, legen am Dorfsteg an und latschen unter der Beobachtung der Insulaner in unser Camp, das durch einen eher symbolischen Zaun von der
Siedlung getennt ist. Kein gerade überschäumender Empfang, aber auch kein Fallobst oder gar Pfeile für uns. Ein Briefing auf spanisch, das der ausführende Indianer
selbst nur fragmentarisch beherrscht, verkündet folgendes: Es gibt drei Mahlzeiten am Tag, die Möglichkeit, sich zu duschen um fünf Uhr abends, Kokosnüsse und
Getränke sind käuflich zu erwerben.
Die äußerst rustikalen Hütten stehen in U-Form zum Strand hin, am Platz in der Mitte stehen zwei größere überdachte Tische für
die Einnahme der Mahlzeiten. Ein paar Palmen, zwei Hängematten, zwei Kackbuden, aus. Kitschige Aussicht auf vier andere Inseln, eine davon so klein wie die im Cartoon,
wo der Schiffbrüchige unter der einzigen Palme lehnt und überschaubare Pläne für die Zukunft schmiedet. Weißer Sand, ein Korallenriff ein paar Meter weiter draußen,
wir schon bald in unseren Hängematten. Ena schlürft eine Kokosnuss, ich süffle an einer ambitionierten Ananas-Inländerrum-Mischung. Ein karibischer Traum, besser
geht´s nicht. Der Lunch besteht aus einem kleinen Fisch mit Reis und dunkelbrauner Bohnenpampe, nichts besonderes, aber voll in der Ordnung. Eine Frau aus dem Dorf
bringt die Teller, sie trägt wie die anderen auch rote Kunstperlenbänder über die gesamten Unterarme und -Schenkel.
Ein bißchen schnorcheln und einrichten des neuen Eigenheims, ein paar Seiten lesen, schon wird mittels Puster in eine große Muschel zum Abendessen gerufen.
Es gibt Lobster, bumm. Der währe wirklich gut, würde nicht überall brauner, nach Fischscheisse schmeckender Schlatz auf dem Fleisch kleben, der nicht vollständig
zu entfernen ist. Dann wird gemeinschaftlich gesoffen, ich muss meine Reserven spendieren. Der eine Pole lebt in London und trachtet hauptsächlich danach, sich noch
mehr Muskeln anzutrainieren, der andere ist Businesscoach, jetzt auf Hochzeitsreise und erklärt Menschen im Zivilleben, wie sie sich vor Publikum zu verhalten haben.
Ein Belgier arbeitet sich seit September von Californien beginnend den Kontinent hinunter, eine Holländerin erzählt von zwei Landsfrauen, die sich vor ein paar Jahren
im Dschungel Panamas verlaufen haben, eine Geschichte ohne happy End. Dann ist´s auch schon acht und alle gähnen im Chor, Schlafenszeit.    

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