Dienstag, 25. Dezember 2018

25.12., Boquete

Heute gehen wir den Pipeline-Trail. Am Ende erwartet uns zur Abwechslung ein Wasserfall, eine der Topographie geschuldet inflationäre Sehenswürdigkeit der Region. Den Namen hat die Strecke von einer mittlerweile verwitterten und überwachsenen Wasserrohrleitung, die den Wandersmann die ganze Strecke lang begleitet, verlegt nach allen Regeln der experimentellen Künste.
Wenn man ganz ruhig ist wie wir, es geht bergauf, flattern Kolibris durch den Dschungel. Auf halbem Weg harrt ein tausend Jahre alter Baum aus, ein Gigant. Es bräuchte sicher fünfzehn bis zwanzig Leute, die sich an den Händen halten, um einen geschlossenen Kreis um ihn bilden zu können. Beim Wasserfall selbst stürzt nur eine kleine Menge Wasser die hohe Steilwand hinunter, aber Berge von großkalibrigem, zerschmettertem Holz geben eine Ahnung davon, wie es sich hier in der Regenzeit abspielen muss.
Ein vor ein paar Wochen ausgewandertes deutsches Pärchen läuft uns über den Weg. Sie hofft, ihren Beruf als Energetikerin für Tiere auch in Panama erfolgreich ausüben zu können. Ich wünsche alles Gute und lasse das Strahlenopfer weiterziehen. Der alte Taxler, der uns zurück nach Boquete bringt, bedenkt uns mit Schokolade, Äpfeln und Naschereien, Weihnachtswahnsinn. Wir passieren noch eine stark verworfene Basaltwand mit unzähligen voneinander abgetrennten Gesteinsschichten, vom Material her scheinbar vergleichbar mit dem Giant´s Causeway in Irland, dann tauchen wir ein in geschlossenen Feiertagstaumel.
Menschenmassen aus dem Umland säumen schon die heute für den Verkehr gesperrten Straßen Boquetes, Fressstände machen sich bereit für Rekordumsätze. Fast jeder trägt rot, Rentiergeweih oder eine Zipfelmütze,sogar die Hunde sind dem Anlass entsprechend adjustiert. Verkäufer mit blinkendem Zeug und Luftballons preisen schreiend ihre Schätze an, Kinder reiten auf Liliputpferden. Schon bald ist jeder freie Meter der Hauptstraße belegt. Alle warten auf die große Parade, die für fünf Uhr angesetzt ist.
Aus fünf wird sieben und dann neun, aber das tut der Hochstimmung keinen Abbruch. Die Besucher haben Sessel mitgebracht oder sitzen in den Kofferräumen ihrer Autos, auf den Kirchenstufen, auf Mauern, überall.
 Endlich kommen die Kapellen mit den großen Trommeln und Posaunen, die aufgebretzelten Tänzerinnen mit großen Fahnen und Paradestäben, schleichen mit Lichterketten geschmückte Autos mit übersteuerten Anlagen und Trucks mit riesigen Figuren die Straße hinunter, werfen
Weihnachtsmänner und Elfen den Kindern Süssigkeiten zu.
Ein Bub schläft schon im Stehen ein, wir schaffen´s vorher noch heim. 

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