Donnerstag, 20. Dezember 2018

19.12., Santa Fe

Die Nacht war frisch und laut. Zuerst haben sich die Hunde der Gegend den letzten Gossip zugebellt, später haben die hirnlosen Hähne übernommen. Ein Häferl
Kaffee, Hochaldres, das sind langosähnliche Germteigfladen, dazu scharfe Eier, dann ein Rundgang durch das Dorf. Echte Cowboys auf kleinwüchsigen Pferden mit
Machete am Gürtel, wahrscheinlich gekauft beim Greissler am Platz, wo an die hundert von ihnen schon um jeweils vier Dollar zu haben sind, drei Fondas, also
örtliche Miniaturwirtshäuser, ein kleiner Markt, ein paar Geschäfte. Zwanzig Minuten außerhalb von Santa Fe, kurz nach einer verrosteten Bogenbrücke, verleiht
ein Kleinunternehmer aufgeblasene, schon zigmal geflickte Lkw-Schläuche, mit denen sich die zwei Polen, Ena und ich eineinhalb Stunden den Rio Santa Maria
hinuntertreiben lassen. Steuern ist nur im Ansätz möglich, weil die Arme einfach zu kurz dafür sind. Prinzipiell ein beschauliches Unterfangen. Die Flußlandschaft
ist absolut unberührt, abgesehen von zwei noch intakten und einer nur mehr in Fetzen erhaltenen Hängebrücke. Eisvögel, Reiher und Adler sehen wir, ein Schwarm
gelber Schmetterlinge bleibt auch unbeeindruckt. Die Kulisse der umliegenden Berge lässt nichts zu wünschen übrig, außer uns ist niemand unterwegs. Aber
mittendrin bringen uns Stromschnellen immer wieder in haarige Situationen, eiern und
rotieren wir bar jeglicher Kontrolle wie Flipperkugeln zwischen Felsen herum, sitzen bisweilen auf und hundeln hektisch aber wirkungslos vor uns hin, ehe uns
das Schicksal wieder in ruhigeres Fahrwasser führt. Ena zeigt sich angefressen ob der Gefährlichkeit des Unterfangens, als ob ich etwas dafür könnte. Es periculoso?
habe ich den Schlauchlauch eh noch in bestem Spanisch gefragt und darauf nur ein müdes Kopfschütteln geerntet. Eine Sonnenbrille ist zu beklagen, bei einem
Schlapfen ist der Oberteil abgerissen, unsere Arme sind vom Schaufeln durchs ständige Reiben am Schlauch aufgerubbelt. Aber wurst, super wars. Ente gut, alles gut.
Der Typ klaubt uns flußabwärts an vereinbartem Ort wieder auf und führt uns zurück ins Dorf, mehr muß heute nicht mehr passieren. Das Dinner besteht aus freien
Spenden von insgesamt sechs Mitwirkenden. Gäste von Jugendherbergen tendieren nämlich zu eigenen Nahrungsvorräten und auch wir verfügen mittlerweile über eine
respektable Grundausstattung von Essig, Öl, diversen Gewürzen und Saucen.
Aus Gemüse aller Art und Form, scharfen Substanzen, Tomatenpaste, zwei Eiern und Reis entsteht so ein durchaus essbares Gericht, Vertreter von fünf Nationen
delektieren sich daran. Nicht, daß die Eigenverpflegung wirklich billiger käme als der Sprung zum Wirten, aber es schmeckt einfach besser. Die kulinarische
Kompetenz des gemeinen Panamesen endet, zumindest was das erkennbare Angebot betrifft, bei Hamburgern und vertrockneten Fleischteilen mit Reis oder Kochbananen.
Frisches Gemüse zum Beispiel kommt, wenn überhaupt, nur in homöophatischen Dosen auf den Tisch. Heimische Haubenköche sind so selten wie ugandische Haubentaucher.
 

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