Dienstag, 7. Februar 2017



1.2., Kalabahi, Hirang
Die armen, gestörten Vögel in ihren viel zu engen Käfigen machen schon in aller Frühe gehörig Radau. Drei grüne, sittichartige Vögel müssen sich im Innenhof eine lächerlich kleine Zelle teilen, ein größeres rotes Exemplar sitzt in Einzelhaft. Zwei schwarze Vögel mit gelben Schnäbeln sind laut Soni besonders wertvoll. Sie werden häufig statt Geld überreicht, um Beamte oder die Polizei zu korrumpieren, bei der man sich zum Beispiel sehr teuer einkaufen muss, möchte man in ihren Dienst eintreten. Die Vögel geben optisch nicht viel her, sollen aber leicht „sprechen“ lernen können. Ich nehme noch die gewaschene Wäsche in Empfang, die jetzt noch ärger stinkt als vorher, esse auf der Straße noch schnell zu Mittag, dann checken wir aus. Chris, der Vermieter, führt Walter, seine Freundin Tia aus Jakarta, mich und alle Einkäufe zum Hafen. Vier große Autobatterien, Bier, sonstiger Proviant. Dort bleibt noch genug Zeit, mit Tia Gemüse am Markt einzukaufen, das privat gecharterte Boot hat wie gewohnt Verspätung. Karotten, fermentierte Sojabohnen, Erdäpfel, auf die ich mich besonders freue. An Deck des kleinen Kutters hängt eine aus Holz geschnitzte Schwimmbrille mit kleinen in Harz eingesetzten Glasscheiben, ein Relikt aus einer anderen Zeit und noch heute Behelfsmittel der völlig Besitzlosen. Zweieinhalb Stunden dauert die Fahrt. Zuerst tuckern wir aus der fünfzehn Kilometer langen Bucht, an deren hinterem Ende Kalabahi liegt, dann biegen wir links ab und folgen der Küste. Nieselregen, Urwald, ganz wenig Häuser, weiter draußen rechterhand die Insel Pantar, vor der ich von Westen kommend in Ermangelung weiterer Transportmittel letzte Woche wieder umkehren musste. Schließlich erreichen wir sein Resort. Mit einem dauerprovisorischen Beiboot, mehreren miteinander verschnürten Styroporwürfeln in einem Fischernetz, legen wir an einem einsamen weißen Sandstrand an. Die flache Lichtung hat Walter von einem weiter hinten im Dorf ansässigen Clan für einundzwanzig Jahre gepachtet. Drei einfache Bambushütten nach traditionellem Stil, einen zwölf Meter tiefen Brunnen, eine Küche mit offener Feuerstelle hat er schon her gebaut. Noch ein großer Unterstand mit einem Esstisch nahe am Wasser und eine Regenwasserdusche, das war´s dann. Ich hänge mir in meiner Hütte das neu gekaufte Moskitonetz auf und auf der Veranda die Hängematte und dann versenke ich mich langsam in die „Am Rand der Welt“-Atmosphäre. Zwei Boote passieren den Strand pro Woche, die nächste Fähre ist in fünf Tagen vorgesehen.  Vollpension habe ich dabei. Eine Fischsuppe, die am Markt erstandenen Erdäpfel und gekochten Kürbis essen wir am Balkon der ersten Hütte, die derzeit von Martinus, einem kleinen, verhutzelten Einheimischen bewohnt wird. Der schupft hier den Laden und ist mit der einen Million im Monat, die ihm Walter bezahlt, Großverdiener. Das sind zwar umgerechnet nur siebzig Euro, allerdings mit Kost und Logis. Ein Regalschlichter im Supermarkt in Kalabahi verdient zum Vergleich weniger als ein Drittel davon.

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