1.2.,
Kalabahi, Hirang
Die
armen, gestörten Vögel in ihren viel zu engen Käfigen machen schon in aller
Frühe gehörig Radau. Drei grüne, sittichartige Vögel müssen sich im Innenhof
eine lächerlich kleine Zelle teilen, ein größeres rotes Exemplar sitzt in
Einzelhaft. Zwei schwarze Vögel mit gelben Schnäbeln sind laut Soni besonders
wertvoll. Sie werden häufig statt Geld überreicht, um Beamte oder die Polizei
zu korrumpieren, bei der man sich zum Beispiel sehr teuer einkaufen muss,
möchte man in ihren Dienst eintreten. Die Vögel geben optisch nicht viel her,
sollen aber leicht „sprechen“ lernen können. Ich nehme noch die gewaschene
Wäsche in Empfang, die jetzt noch ärger stinkt als vorher, esse auf der Straße
noch schnell zu Mittag, dann checken wir aus. Chris, der Vermieter, führt Walter,
seine Freundin Tia aus Jakarta, mich und alle Einkäufe zum Hafen. Vier große
Autobatterien, Bier, sonstiger Proviant. Dort bleibt noch genug Zeit, mit Tia Gemüse
am Markt einzukaufen, das privat gecharterte Boot hat wie gewohnt Verspätung. Karotten,
fermentierte Sojabohnen, Erdäpfel, auf die ich mich besonders freue. An Deck des
kleinen Kutters hängt eine aus Holz geschnitzte Schwimmbrille mit kleinen in Harz
eingesetzten Glasscheiben, ein Relikt aus einer anderen Zeit und noch heute
Behelfsmittel der völlig Besitzlosen. Zweieinhalb Stunden dauert die Fahrt.
Zuerst tuckern wir aus der fünfzehn Kilometer langen Bucht, an deren hinterem Ende
Kalabahi liegt, dann biegen wir links ab und folgen der Küste. Nieselregen,
Urwald, ganz wenig Häuser, weiter draußen rechterhand die Insel Pantar, vor der
ich von Westen kommend in Ermangelung weiterer Transportmittel letzte Woche wieder
umkehren musste. Schließlich erreichen wir sein Resort. Mit einem
dauerprovisorischen Beiboot, mehreren miteinander verschnürten Styroporwürfeln in
einem Fischernetz, legen wir an einem einsamen weißen Sandstrand an. Die flache
Lichtung hat Walter von einem weiter hinten im Dorf ansässigen Clan für
einundzwanzig Jahre gepachtet. Drei einfache Bambushütten nach traditionellem
Stil, einen zwölf Meter tiefen Brunnen, eine Küche mit offener Feuerstelle hat
er schon her gebaut. Noch ein großer Unterstand mit einem Esstisch nahe am
Wasser und eine Regenwasserdusche, das war´s dann. Ich hänge mir in meiner
Hütte das neu gekaufte Moskitonetz auf und auf der Veranda die Hängematte und
dann versenke ich mich langsam in die „Am Rand der Welt“-Atmosphäre. Zwei Boote
passieren den Strand pro Woche, die nächste Fähre ist in fünf Tagen vorgesehen.
Vollpension habe ich dabei. Eine Fischsuppe,
die am Markt erstandenen Erdäpfel und gekochten Kürbis essen wir am Balkon der
ersten Hütte, die derzeit von Martinus, einem kleinen, verhutzelten Einheimischen
bewohnt wird. Der schupft hier den Laden und ist mit der einen Million im
Monat, die ihm Walter bezahlt, Großverdiener. Das sind zwar umgerechnet nur siebzig
Euro, allerdings mit Kost und Logis. Ein Regalschlichter im Supermarkt in
Kalabahi verdient zum Vergleich weniger als ein Drittel davon.
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