Freitag, 6. Dezember 2013


5.12., Tangier

Vor ein paar Tagen hab ich mein Netbook gekillt. Ich gehe ja über vor lauter Zeug, das ich mit mir herumschleppe und beim Versuch, meine Habseligkeiten wieder einmal im Motorradkoffer zu verstauen, hab ich das Display geknackt. Jetzt hab ich große und kleine schwarze Scheiben und jede Menge Schlieren in der Optik, das ist nicht nett. Wie auch immer. Die nächtliche Kälte konnte meiner Hoteldecke nicht viel anhaben, die ist nämlich so schwer und sperrig wie ein Teppich und hält schön warm. Der Tag beginnt mit Frühstück im Bett, schon vortags bestellt für 8.00 und pünktlichst geliefert vom Roomboy. Fettiges Schichtbrot mit (Schaf?)Käse drin, ein schwarzer Kaffee, ein Milchkaffee(?), ein picksüsses Joghurt und sicherheitshalber noch 12 Stück Würfelzucker extra. Dazu jodelt der Muezzin. Der hat nämlich seinen Arbeitsplatz direkt neben dem „Hotel Mamora“, meiner Absteige.  Unter Zuckerschock schwärme ich aus und checke die Lage. Tangier, die „weiße Stadt“, das Tor nach Afrika. Direkt gegenüber gibt´s eine Friseur- Nische, dort lasse ich mich wieder hübsch machen. Ein Schneiderlein repariert mir einen Reißverschluss, ich kauf mir ein Kilo Mandarinen. Verirrt habe ich mich schon nach der fünften Ecke aber heimgefunden haben wir ja immer noch. Die engen Gassen führen rauf und runter, ein kleiner Platz hier, eine Sackgasse da. Ganz oben thront die Kasbah, der ehemalige Palast des Sultans. Von dort oben hat man auch den besten Blick auf die riesige Baustelle unten, der Hafen wird gerade großzügigst ausgebaut. Zum Meer hin sind in die alte Mauer hinein Behausungen integriert, die Tore der Stadtmauer sehen aus wie riesige Schlüssellöcher. Außerhalb der Medina gurken die Autos herum, die wir daheim den Typen verkaufen, die uns immer die folierten Zettel in die Fahrertür stecken: Guten Tag. Ich habe Interesse an ihrem Auto, blabla. Innerhalb der Mauer herrscht die verkehrsberuhigte Zone. Im Souk wird sogar das Parfum ohne Alkohol verkauft, alle möglichen Tiere werden gehäutet feilgeboten, nur die Hasen nicht. Auf jeden Hund kommen mindestens zwanzig Katzen. Die werden nicht gegessen sondern gefüttert und machen sich hauptsächlich einen schönen Tag, artenübergreifendes Zusammenkuscheln in der Sonne  inklusive. Viele Touris gibt´s hier nicht,aber ich falle hier auch nicht weiter auf in dem bunten Mischmasch aus Typen jeglicher Couleur. Dicklippige Nubier, Araber, auch ein paar Weißbrote, Maximalpigmentierte, vollbärtige Jihad- Typen, Inder mit Dreads,  vollverschleierte Frauen im Batman- Outfit, Hoschis in Frottee- Bademänteln mit Spitzmütze, aka „jellabas“, Kaftan.-  und Kuttenträger, Frauen mit sombrero-artigen Hüten mit dicken Wollseilen auf der Krempe. Eine hat eine neonpinke Hose an, aber die fällt aus der Reihe. Aufdringlich sind nur die Möchtegern- Guides. Die Bettler und Straßenhändler gehen´s relativ ruhig an. Ich setz mich zum Platzwirten und schlürfe Minztee mit mehr Blättern und Zucker im Glas als Wasser und schau mir das alles an, dann geh ich was essen. Es wird eine relativ grindige Bude mit fleckigen Fliesen, die irgendwann mal weiß waren, kleinen Hockern, Menschen darauf, die mit Fingern essen. Aber gut besucht von den Einheimischen ist die Hütte und darauf kommt´s an. Hier kann ich natürlich einpacken mit Englisch. Ich deute also auf die Schüssel des Nebenmannes und bekomme mehrere in Mehl gewendete und herausgebratene Fische, frittenähnliche Erdäpfel, eine kleine Schüssel mit einer roten Tomaten- Linsen- Suppe und ein Stück Brot. Ich fresse die Fische, so wie die anderen auch, komplett auf, mit Kopf und allem. Ist recht bissfest und etwas ekelhaft, schmeckt aber eh alles gleich und gut. Später komme ich vorbei am Grab des Abu Abdullah Muhammad Ibn Abdullah Ibn Mohammed Ibn Ibrahim Allouati at Tanji Ibn Batouta, eines prähistorischen Travellers. Der hat im vierzehnten Jahrhundert insgesamt 44 Länder bereist und beschrieben und hätte er sich nicht immer mit vollem Namen in die Hotelbücher eintragen müssen, hätte er wahrscheinlich noch ein paar Länder mehr geschafft.



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