Sonntag, 24. Februar 2019

23.2., Providencia

Wir folgen dem bewährten Ritual, mieten uns ein für örtliche Begriffe eigentlich fahruntüchtiges Moped- die Hupe funktioniert nicht- und fahren die Insel ab. Die ist noch ein Stück kleiner als das neunzig Kilometer weiter südlich gelegene San Andres, eine überschaubare Expedition also. Fünftausend Kreolen leben auf Providencia und auf den Straßenschildern werden englische Namen verwendet. Gun Point, Bluff Point, Alligator Point, Lazy Hill. Letzterer ist bezeichnend für das vorherrschende Feeling. Dadurch, dass es keine direkte Verbindung zum kolumbianischen Festland gibt, ist es ganz ruhig und es herrscht entspanntestes Inselflair.
Die paar anwesenden Touristen müssen mit traditionellen Veranstaltungen und Zerstreuungen vorlieb nehmen, wird ihnen der Aufenthalt im Meer oder in der Hängematte zu langweilig. Das für heute anberaumte, wöchentliche Pferderennen bei uns am Strand, ohne Sattel natürlich, findet
leider nicht statt. Im Leuchtturm kann man sich dafür einen Film  über die zweimal pro Jahr stattfindende Krabbenwanderung ansehen.
Für eine Woche begeben sich dann alle schwarzen Krabben der Insel zu den Stränden und legen dort ihre Eier, bevor sie wieder ins Hinterland zurückkehren, und ein paar Wochen später folgt ihnen dann der Nachwuchs. Die Straßen bleiben für Tage gesperrt und Providencia ist noch paralysierter, als es ohnehin schon ist. Einmal jährlich findet auch ein Iguana- Schönheitswettbewerb auf Providencia statt, vielleicht das Highlight des Kulturjahres.
Tatsächlich wimmelt es hier vor Reptilien. Ständig raschelt es im Unterholz, wenn die großen oder kleinen Echsen das Weite suchen.
Unterwegs lassen wir keine Gasse aus und landen mitunter unbeabichtigt auf Firmenarealen, wenn man sie so nennen möchte, wilden Deponien oder privaten Höfen. Jugendliche mit ihren gut gepflegten Kampfhähnen mit glänzendem Gefieder in verlotterten Siedlungen, bellende Hunde, die von phlegmatischen Insulanern zur Ordnung gerufen werden. Alle jemals seit Entdeckung des Rades hierher gelieferten Autos, Kühlschränke, Toaster, et cetera sind noch immer auf der Insel und
rosten am Fahrbahnrand oder im Unterholz vor sich hin. Auf ein fahrbares Auto kommen mindestens fünf oft total zerstörte Wracks und manche ausgetrockneten Flussläufe haben sich zu Friedhöfen für elektronische Kleingeräte und Gefriertruhen gewandelt. Ein ominöses Versorgungsschiff versorgt die Insel zu allen heiligen Zeiten, eine Abholung von kaputt gewordenen Gerätschaften findet aber offensichtlich nicht statt.
Das Meer präsentiert sich wieder in allen Varianten von Blau, während wir der Küste folgen. Wir erreichen den schaukelnden Übergang zur noch kleineren Insel Santa Catalina, die durch eine halb kaputte, schwimmende Brücke irgendwie mit Providencia verbunden ist. Die Sehenswürdigkeiten hier, eine angebliche Kanone Captain Morgans und die Überreste einer alten Verteidigungsanlage, sind zu vernachlässigen, aber nicht der Steg, der durch die Mangroven führt, oder die
windschiefen, bunten Holzhäuser. Ein Ceviche zwischendurch zur Stärkung, später ein übertrieben starker Coco Loco am Almond Beach. Nach Sonnenuntergang noch ein Bier in Rolands Roots Bar, der berühmtesten Reggaehütte Providencias am Nachbarstrand, bevor die Bullizei kommt. Nach einer Schiesserei mit einem Toten letztes Jahr werden alle Strände offiziell um 20.00 geschlossen. Dann fahren die Motorräder mit Blaulicht durch den Sand und Touristen müssen einen Wisch unterschreiben, wonach sie entsprechend belehrt wurden und sie geloben, die Sperrstunde zukünftig einzuhalten. Die Bar liegt im Schatten von Palmen mit einem mittigen Feuerplatz und verfügt unglücklicherweise über eine respektable Musikanlage mit überdimensionalen Lautsprechern. Da jedes verfügbare Dezibel genutzt wird, verkommt die eigentlich chillige Beschallung in viel zu großem Wirkungskreis zu einem lärmendes Inferno, in dem man dem Kellner die Bestellung am besten schriftlich zukommen lassen sollte, um sich ihm irgendwie verständlich machen zu können.
Am Weg heim gilt es, den großen, nicht wirklich schreckhaften Krabben auszuweichen, dann ist die Expedition beendet.
Die Franzosen nebenan berichten von beim Tauchen gesichteten Ammenhaien, auch Bullenhaie sollen hier nicht selten sein.

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