Donnerstag, 7. Februar 2019

7.2., Cartagena

Die Erkenntnis des Tages: Es gibt keine einzige kolumbianische Bank, die Euros wechselt. Also weiterhin regelmäßig zum Geldautomaten pendeln, um flüssig zu bleiben. Zum Beispiel für das Castillo de San Filipe de Barajas, dem größten jemals von Spanien auf kolonialem Boden erbaute Fort. In den Mauern dieses monströsen Bauwerkes sind Abertonnen von Korallenstöcken verbaut, die man auch heute noch gut erkennen kann, und die gesamte Festung ist untertunnelt. Manche
der klaustrophobischen Stollen führen zu tief gelegenen Wasservorräten, andere ins Umfeld, um anmarschierende Feinde gegebenenfalls bequem von unten wegsprengen zu können.
Die Aussicht von der mehrstöckigen Bastion auf die Stadt ist famos und die Anlage an und für sich beeindruckend. Das Highlight unseres Besuches aber ist zumindest für mich ein sensationell bescheuerter Propagandafilm, in dem die damals vergeblichen Versuche der Engländer, die Verteidigungsanlagen zu überwinden und Cartagena einzunehmen, filmisch verarbeitet wurden. Die Kolumbianer sind darin die furchtlosen Heroes in Unterzahl, während die Engländer als die ärgsten Sautrotteln  mit hohen und weinerlichen Stimmen diffamiert werden, denen ordentlich eingeschenkt wird.
Der Anführer der gefeierten Verteidiger war damals übrigens ein Einäugiger, dem schon vor der beschriebenen Schlacht aufgrund anderer Einsätze für Volk und Vaterland ein Arm und ein Bein gefehlt haben. Als ihm im Zuge der diesmaligen Kampfhandlungen auch noch der zweite Haxen abhanden kam, ging er kurz darauf verständlicherweise ein, er hatte tatsächlich alles gegeben.
Und so vergeht der Tag. Zum Mercado Bazurto schaffen wir es heute leider nicht mehr, dort gibt es angeblich nichts, was es nicht gibt. Sogar Flußschildkröten werden in den Fress- Ständen verkocht. Dafür verkauft der Supermarkt bei uns große und frische Aloe Vera-Blätter, auch nicht schlecht.
Abends setzen wir uns beim Lieblingswirten an die Straße und schlürfen Mojitos, während wir aus dem Schauen nicht herauskommen. Die "normalen" Passanten würden ja schon reichen, die Aufgebrezelten und Schönheitsoperierten, die Obsthändler mit ihren Handkarren, die Zigarrenverkäufer, Bettler, Polizisten, Hunde, Menschen mit Suppentöpfen auf Fahrrädern, Musikanten und so weiter, aber das ist bei weitem nicht alles. Ein Typ mit Afro und Glitzerkostüm tanzt, bis die Sohle raucht, während die Taxis geduldig warten, ein paar Minuten später kommen ein paar Brechtänzer vorbei und hoffen ebenfalls, dem Publikum mit ihren halsbrecherischen Einlagen
ein paar Pesos herausleiern zu können. Auch ein Michael Jackson-Imitator tanzt den Thriller grandios und ist noch dazu gefällig kostümiert. Das Kleingeld im Sack will gut eingeteilt sein.
Sobald das Eis im Drink zu sehr geschmolzen ist und der Mojito Gefahr läuft, wässrig zu werden, ist der Wirt schon mit der Flasche Rum zur Stelle, um ein bißchen davon nachzuleeren. Hier ist es schön, sehr schön. Trotzdem werden wir morgen ins Boot steigen und zumindest das Wochenende auf der Isla Grande verbringen, wo es selten Strom und wohl kein internetz gibt.

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