17.1., Ilha Grande
Stundenlang hat es während der Nacht geschüttet, soll ja vorkommen im Regenwald, richtig frisch wurde es. Große Nachtfalter haben es sich auf dem Moskitonetz bequem gemacht und ein zeckenartiger Käfer musste sicherheitshalber delogiert werden.
Heute strahlender Sonnenschein. Ein Kolibri frühstückt Nektar und ich eine seltsame Frucht, die von der äußeren Erscheinung her entfernt an eine Birne erinnert. Ist vom Baum gefallen und Natalia hat schon einmal unbeschadet ein Stück davon gekostet, sollte also passen. Schmeckt recht exotisch und etwas nach Parfüm, ist außerdem scharf, wie mit Pfeffer gewürzt. Den Vormittag verbringe ich dann am Klo.
Rodrigo, ihr Freund, schnitzt und bemalt indes unten gewundene Wurzeln und verwandelt sie in farbenfrohe Schlangen. Eine, schwarzrot gestreift, hätte er letzte Woche hier im Wald gesehen. Die zwei Stadtkinder haben auch nicht viel Ahnung von der hiesigen Pflanzen- und Tierwelt, so viel steht fest.
Mittags mache ich mich auf zum erstbesten von hundertachtzig Stränden, Notprogramm. Wilde Jackfruits hängen an Bäumen oder verfaulen im Matsch, während ich durch den Wald geistere. Ein kleiner grauer Frosch, eine Libelle, eine Echse. Zikaden machen ordentlich Wirbel. Wasser gurgelt und gluckst in Rinnsalen oder kleinen Bächen. In einem schattigen Übergang zwischen zwei Sandstränden hänge ich die Matte auf und schaue zwischen zwei wagengroßen Felsen hindurch aufs Meer. Erfreulicherweise ist das mitgebrachte Buch wunderbar, mehr geht heute einfach nicht. Von der nächsten Bar dringt der Gesang einer kleinen Band an mein Ohr, mitunter falsch, aber mit Inbrunst vorgetragen. Wenn ich an die Frucht vom Morgen denke, muss ich mich fast anbröckeln, die wird´s wohl gewesen sein.
Ich hänge hier quasi im Drogenviertel der Insel herum. In der Nische zwischen den Felsen werden stetig Spliffs geraucht, einer packt neben mir ungeniert weißes Pulver in ein kleines Sackerl um.
Später trete ich den langen Marsch heim an, eher ein schweißtriefendes Hochtorkeln mit reichlich schnaufenden Pausen. Es wird schon finster und die Gelsen finden mich leicht. Ich latsche barfuß durch den Schlamm, weil ich mir das Anziehen der Schuhe ersparen wollte. Die großen Ameisen sind harmlos, aber die ganz kleinen brennen ordentlich, wenn sie zubeißen. Eine halbe Ewigkeit mutiere ich durch die Wildnis. Im Zimmer, endlich am ersehnten Ziel angekommen, eine kalte Dusche und dann unters Moskitonetz. Die Zwei fragen später an, ob ich ein Würschtl mitessen will, unten gibt´s ein Happening mit ihren chilenischen Freunden. Nichts läge mir ferner. Essen brauche ich heute keines mehr und morgen wohl auch nicht.
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