1.12., Cancun, Valladolid
Sergey, mein Mann mit dem Moped, schreibt mir, er findet meine Pension nicht. Verlasse ich also meine gefängnisgleich gesicherte Unterkunft, um ihn auf der Straße in Empfang zu nehmen. Während ich so herumstehe und warte, schlendert ein ganz passabel gekleideter Typ mit Spiegelbrille zum verwahrlosten Haus gegenüber und sondert am Zaun Plopp- und Klicklaute ab. Er wirkt nervös und trollt sich wieder nach kurzer Zeit. Kurz darauf biegen zwei Polizeiautos um die Ecke, ohne Blaulicht und ohne Sirene. Noch im Fahren gehen die Türen auf, Ninjabullen hüpfen raus, einer rüttelt am Zaun, andere klettern schon drüber und stürmen lautlos das Gelände. Eine Grindlady in Leggings wird noch auf der Straße verhaftet und gleich ausgesackelt. Wow, bist du. Ein älterer Beamter in normaler Uniform stellt sich derweilen ganz entspannt neben mich, überblickt die ganze Aktion und bedeutet mir, ich solle Meter machen. Si claro!, ich wollte eh noch Wasser für die Fahrt kaufen.
Viel später bin ich startklar. Das Moped ist kleiner als erwartet und ich habe wie üblich zu viel Zeug dabei. Allerdings punktet Das Zweirad mit einem fancy USB- Stecker fürs Handy, womit ich genügend Saft für das Offline-Navi haben werde. Mit dem Moped kam noch eine Merkliste: Alle Polizisten sind prinzipiell korrupt und trachten danach, die "Gringo Tax" einzukassieren. Grundlos sind für gewöhnlich 200 bis 400 Pesos (11 bis 22 Juros) abzudrücken, bei augenscheinlichem Reichtum auch mehr. Auch dem Tankstellenpersonal sei nicht zu trauen, die üblichen Schmähs.
Mit welcher Ecke soll ich anfangen, wo soll ich hin? Mexiko ist gigantisch groß, sogar die Halbinsel Yucatan hat die dreifache Fläche Österreichs. In südlicher Reichweite locken darüber hinaus Guatemala und Belize, sollte jemandem fad werden. Diese Dimensionen machen mich schon jetzt ganz wucki, eine Kolonialisierung des gesamten Staates wird sehr schwer werden. Die nördlich und östlich gelegenen Inseln hebe ich mir bis zur Ankunft der Gefährtin Mitte Dezember auf und starte o-beinig gen Westen, den Rucksack zwischen den Haxen.
Schon bald muß ich auf den Highway 180 auffahren und das erste Schild, das mir unterkommt, kündigt die nächste Tankstelle in fünfundachtzig Kilometern an. Das wird sich nicht ausgehen. Mein Tank fasst keine dreieinhalb Liter und Sergey hat sie mir nicht voll aufgetankt übergeben, der linke Agent. Fahre ich halt dazwischen wo ab, denke ich mir. Während der nächsten fünfzig Kilometer keine einzige Abfahrt, keine Ortschaften, nur Dschungel und bisweilen Nieselregen, dann erblicken meine tränenden Augen eine Mautstation. Zuerst behellige ich die Kassiererin, no tengo gasolina, es finito complettamente!, dann einen von ihr zu Hilfe gerufenen Mautsheriff. Der ruft schließlich jemanden an und nach zwanzig Minuten kommt schon ein Pickup mit Zehnliterkanistern vorbei, was auch der Mindestabgabemenge entspricht. Es folgt eine Pritschelei mittels abgeschnittenem Flaschenhals, eine alte Colaflasche füllt mir der Typ auch noch voll, der Rest ist seine Maut in Naturalien. Warum es auf dieser Autobahn keine Tankstellen gibt? Müssen erst gebaut werden, aha. Auch das eingangs erwähnte Schild ist nur Vorbote einer besseren Zukunft, abermals restlos ausgezuzelt erreiche ich nachmittags Valladolid. Für mindestens drei Tage wird das Hostal Gayser meine Homebase für Tagesausflüge aller Art sein, eine Spitzenhütte mit kleinen Zimmerchens und großem Kühlschrank, den ich sogleich mit Bieren bestücke. Die Restkälte des Gefrierfaches überdauert den mehrstündigen Stromausfall locker, währenddessen ich mich im gemütlichen Innenhof mit einem Kanadier unterhalte. Zehn Jahre war er in einer Sekte, hat dort eine Klagenfurterin kennengelernt und geehelicht, viele Geschichten. Noch eine Runde durch mein Grätzl, mehr dazu morgen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen