6.12., Progreso, Merido
Pünktlich um 11.00 finde ich mich mit den anderen Influencern am Playa Chochino ein, staune über die häßlichen Rohbauten rundum und lese noch, man dürfe den Tierchen keine Schokolade füttern, als zwei uniformierte Beamte der Policia Ecologica die streng riechenden Hängebauchschweine endlich aus ihrem Verschlag lassen.
Trotz mehrmaliger Ermunterung meinerseits bringt es keines der Schweine zustande, irgendetwas Aufregendes zu tun. Auch ins Meer baden gehen und dabei mit mir posen möchte kein Schwein. Die Saubande spaziert nur grunzend durch die Gegend, frisst dabei ausgestreutes Trockenfutter und lässt sich streicheln. Bei näherem Hinsehen muss ich außerdem erkennen, dass die anderen Influencer eigentlich nur einheimische Kinder mit ihren Eltern sind, und spätere Recherchen ergeben, dass sich die momentan gehypten Celebrity-Strandschweine tatsächlich auf den Bahamas aufhalten.
Ich selbst spiele schon seit geraumer Zeit mit dem Gedanken, mich als humanoider Petfluencer zu versuchen, verfüge ich doch über viele interessante tierische Eigenschaften und ein paar gute Tricks. Details dazu folgen, sobald ich in meine neue Identität geschlüpft bin. Vorerst trage auch ich etwas zum Fortschritt Progresos bei, indem ich fort schreite, sprich dieses Kaff hinter mir lasse.
Bis nach Merida sind´s keine dreißig Kilometer und dank der durchlaufend nummerierten Straßen finde ich mein schon gestern gebuchtes Quartier auf Anhieb. Das Moped bekommt ein Plätzchen im Foyer neben der Rezeption, super. Fladeranten und Bullen chancenlos. Nebenan ist eine Communidad musulmana ansässig, hoffentlich ruft frühmorgens niemand lautstark zum Gebet.
Die Stadt ist zwar schon sehr abgewetzt und es fehlt ihr das Liebliche wie in Valladolid, aber sie hat ein lässiges Flair. Zwei Blocks weiter haben sich gemütliche Fressbuden vor einer Kirche breit gemacht, da genehmige ich mir ein paar Tacos. Ein Typ mit Hackebeil schneidet alle Arten von Fleisch klein zusammen, schwabbeliges Schwartenfleisch, Innereien mit eingebauten Röhren etc., dazwischen kassiert er und gibt mit seinen total verschweindelten Fetthänden Wechselgeld heraus. Dann schaue ich mir die Mäuse und die Schuhputzer im Park an und die kaputtesten VW- Käfer der Welt, die in großer Zahl auf den Straßen herumfahren. Auf der Fassade eines knapp fünfhundert Jahre alten Hauses sind Conquistatores abgebildet, wie sie etwas unsympathisch auf den Schädeln ihrer besiegten Feinde herumlatschen.
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