Mittwoch, 27. Dezember 2023

 26.12., Palenque, Villahermosa

Bis wir endlich in die Gänge kommen! Acht Uhr früh wäre die gebotene Zeit für den Besuch der grandiosen Maya- Ruinen sieben Kilometer außerhalb der Stadt gewesen, nicht Elf. Am Haupteingang überschlagen sich schon die Führer und es staut sich. In weiße Tücher gehüllte Indigene verkaufen Weihrauch und narrische Schwammerl. Statt morgendlich-mystischem Urwaldnebel liegt jetzt ein multilingualer Klangteppich über der Anlage. Verkäufer haben ihre Ware zwischen den Bauten ausgebreitet und  imitieren Tier- und Vogelstimmen für die Busladungen an Besuchern. Tourguides erläutern lautstark, statt Brüllaffen schreien Mütter nach ihren Kindern oder Ehemännern. Eine Influencerin setzt sich aufgetakelt und im Ballkleid in Szene, ein anderer posiert stylisch mit Hut, nobler Weste und Spiegelbrillen.

In dieser regenreichsten Region Mexikos, es schifft wirklich jeden Tag, sind noch immer an die fünfundneunzig Prozent der Stadt vom Regenwald überwuchert. Nur ein paar Paläste, Pyramiden und Tempel wurden bislang freigelegt, sie thronen imposant auf einer Lichtung umgeben von dichtem Urwald. Der Rest schlummert zugedeckt unter Botanik weiter vor sich hin. Mit acht Stockwerken das höchste Gebäude der Region, wozu auch die vergleichsweise moderne Stadt Palenque zählt, steht hier. Alles  wurde ohne Metallwerkzeuge und noch vor Erfindung des Rads gebaut und die grauen Steinbauten waren einst blutrot bemalt. Im Gänsemarsch schieben wir uns im Inneren eines Gebäudes an einem Sarkophag vorbei, während kondensierte Ausdünstung der Besucher von der spitz zusammenlaufenden Decke tropft. Die meisten der sehr steilen Stufen sind abermals für die Öffentlichkeit gesperrt und das Innere der Bauten bleibt uns ebenfalls verborgen. Zwar nicht mehr die mit Juwelen und Totenmasken bedeckten und mit Zinnober eingefärbten Skelette, die wurden schon nach Mexiko City gebracht, aber Wandmalereien, Fresken und unterirdische Bäder.

Am Weg in die Bundeshauptstadt Villahermosa biegen wir später kurzentschlossen von der Bundesstraße ab und folgen einem malerisch hügeligen Weg über grüne Wiesen bis zu einem abgeschiedenen Wasserfall, dem Agua Azul. Anfangs sind wir die einzigen Gäste und staunen über den großen Aufwand, der hier vor langer Zeit betrieben wurde. Zwei große, bis auf Laub und Unrat leere Pools, schon wieder verworfene, ausgewaschene, durch Bäumchen aufgebrochene Gehwege entlang verwaister Sitzgruppen. In Beton gegossene, unerfüllte Hoffnung auf ausgebliebene Besucherscharen. Abgemagerte Hunde folgen uns zum Wasserfall, der idyllisch ist, aber wirklich nicht spektakulär. Dafür flattern bunte Schmetterlinge herum und ein Brüllaffe reißt sich entspannt ein paar Blätter ab und am Weg zurück zur Bundesstraße hocken Geier und ein kleiner Raubvogel am Wegesrand. 

Villahermosa ist ganz nett. Mehr als ein Viertel der in Tabasco Ansässigen lebt in der Stadt mit 400.000 Bewohnern. Im örtlichen Museum findet sich die Inschriftentafel, aufgrund derer die üblichen Schlauen und Wissenden Unheilvolles für den 21. Dezember 2012 heraufbeschworen haben. Eine bemühte Grünanlage entlang eines breiten Flusses, der durch die Stadt fließt, wurde neu angelegt. Über ihn führt eine Brücke mit einem recht exzentrischen Turm, den wir für achtzig Cent Eintritt hochsteigen. Oben lässt uns dann ein Bursche durch sein Teleskop schauen und wir sehen die Ringe und die vier Monde des Jupiter. 


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