Donnerstag, 20. Februar 2025

 20.2., Kizimkazi

Ein Bursche winkt uns morgens vom Strand, ein Abgesandter des Typen, mit dem wir gestern eigentlich einen Dorfrundgang vereinbart haben. Entweder leidet der Reserveguide an einer kapitalen Augenentzündung oder er ist voll eingekifft. Laut ihm ist der ursprüngliche Vertragspartner mit anderen Touris beschäftigt, der Abgängige selbst schickt mir eine Nachricht, er wäre auf einem kurzfristig anberaumten Begräbnis in Stone Town. Anyway. Der Gesteinigte bringt uns zunächst zur Dorfschule, wo er eine sehr sympathische Englischlehrerin, die monatlich hundertzwanzig Euro verdient, nötigt, uns am Areal herumzuführen. Die Klassenzimmer bestehen nur aus einem Dach und einer niedrigen Balustrade und sind im Rechteck um einen sandigen Innenhof mit einem großen Baum angeordnet. In einem kleinen Häuschen abseits werden noch blinde oder taube Schüler unterrichtet, ein analoges Braillegerät dafür ist vorhanden. Die Bibliothek, das Chemielabor und der Computerraum sind bescheidenst bestückt, für vierhundert Schüler stehen zehn alte Rechner zur Verfügung. Auch ich muss kurzfristig die Schulbank drücken und bin sehr froh, als ich den Unterricht wieder verlassen darf. Zur Pause wird mit einer Stange auf eine Eisenplatte geschlagen, aber Verpflegung für die Schüler gibt es nur im Zeitraum von drei Monaten, wenn während der Klausur zur Vorbereitung auf die abschließenden Prüfungen niemand die Schule verlassen darf. Die Matratzen und Kochtöpfe dafür sind in einer eigenen Kammer verstaut. Drei Monate durchgehend, muss man sich einmal vorstellen.

Nach Entrichtung einer kleinen Spende führt uns der weiche Knabe zur zweiten Sehenswürdigkeit des Dorfes, einem Baobabbaum. Der ist natürlich keine zehntausend Jahre alt, wie vom Bubi nach persönlichem Gutdünken frei erfunden und behauptet, aber trotzdem sehr schön. Und damit ist der Dorfrundgang auch schon beendet, ein Hohn. Es folgt der ebenfalls gestern vereinbarte Kochworkshop und mir schwant Böses. Zunächst soll ich einmal die notwendigen Zutaten dafür einkaufen, warum auch nicht. Was kochen wir denn? Keine Ahnung. Auf Verdacht erstehe ich diverses Gemüse und Reis, dann gehen wir zu einem Haus. Die drei anwesenden Damen wissen sicher nichts von einem Workshop, so viel ist sicher. Eilig wird ein Bett weggeschoben und eine Plane in einer Nische ausgebreitet, dort schnipple ich dann Karotten, Melanzani und Konsorten und Ena schabt mittels einer archaischen, an einem Hocker befestigten Messerkonstruktion eine Kokosnuss aus. Im gewässerten und ausgedrückten Kopra wird dann der vorher handverlesene Reis gekocht und der Rest wandert in einen zweiten Topf. Gewürzt wird das Gemüse mit Kurkuma, Salz und Pfeffer, den einzigen im Haushalt vorhandenen Gewürzen. Was auch immer wir alle später essen, um ein sansibarisches Nationalgericht handelt es sich dabei sicher nicht. Aber das Ergebnis unserer bemühten Improvisation schmeckt ganz wunderbar und das ist die Hauptsache. 

Wir ziehen weiter. Eine glückliche Fügung beschert uns in Kizimkazi eine affengeile Unterkunft inmitten einer gepflegten Anlage mit Pool und sonstigem Schnickschnack. Hier checken wir für die nächsten drei Nächte ein, von hier werden wir fortan ausschwärmen. Von der Freiluftdusche und vom Bett aus sehe ich aufs Meer und hier können wir der Sonne wieder bei ihrem Untergang zusehen.


Keine Kommentare: