5.2., nach Stonetown
Spoileralarm. Ich kenne nur sehr wenige Menschen, die so wie ich das Potential zum absoluten Sautrottel in sich bergen. Auch bei mir handelt es sich erfreulicherweise um keinen Dauerzustand, aber ich habe meine Phasen. Heute ist so ein Tag. Vormittags breche ich von der Ostküste auf nach Stonetown, um den Hiasi zu treffen, eigentlich ein leichtes Unterfangen. Zwei Hauptstraßen, einmal rechts abbiegen, Ankunft. Allerdings, mein Navi schlägt mir eine verwegenere Route über Nebenstraßen vor und da sage ich nicht nein. Kurz nachdem ich den schnöden Asphalt gegen unverfälschten Flur getauscht habe, tut sich vor mir raumfordernd eine imposante und undurchschaubar trübe Wasserlacke auf, sie erstreckt sich gute dreißig Meter über den gesamten befahrbaren Weg. Na gut, was soll sein, sage ich mir und tauche zügig ein in die braune Suppe. Stoße ich mit dem Vorderrad auch schon gegen ein unsichtbares Hindernis, vielleicht einen Felsbrocken oder so. Den Lenker verdreht es nach links, ich stütze mich notgedrungen mit dem Fuß ab, während das Moped ebenfalls nach links kippt. Nicht genug, um zu stürzen, aber jedenfalls ausreichend, um den Rucksack, der kurz davor noch zwischen meinen Knien lag, ins Wasser zu befördern. Da ist meine gesamte Habe drin, Bücher, Kleidung, Medizin, der Laptop, Akkus, Kabel, alles. So, was tun. Absteigen, irgendwie das Moped an die Hüfte lehnen und gleichzeitig den Rucksack rausfischen und vorläufig ohne Rücksicht auf Verluste ins nächste trockene Gebüsch schleudern. Aber halt, das war ja noch etwas. Oben auf der Tasche lag mein Telefon, wegen dem Navi. Ich taste auf gut Glück den Grund ab und finde das Teil auch, eine Minute lang läuft sogar noch alles und ich gebe mich trügerischer Hoffnung hin, dann beginnt der Bildschirm zu flackern und dann Game over. Irgendwie zerre ich das Moped an Land und ziehe mir die nassen Socken und Schuhe aus, möchte gar nicht in den triefenden Rucksack schauen und schlage mich die nächste Stunde orientierungslos nach Stonetown durch, wo ich mir fast wahllos ein Quartier suche, um mich erst einmal notdürftig zu fangen. Nach mehrmaligem, unfreiwilligem Abstieg mit ungeschützter Sohle auf felsigem Terrain bin ich zuvor wieder in die nassen, grauslichen Schuhe geschlüpft, um mein Unglück nicht noch durch sinnlose Verletzungen zu vergrößern. Alles stinkt, alles ist feucht, aber der Lapi funktioniert noch. Das Handy trage ich zügig in einen Reparaturshop am Bazar, Exitus. Prozessor und Display unrettbar hinüber. Obwohl oder gerade weil der Spezialist den internen Stromfluss anstatt mit einem Spannungsmesser mittels seiner Zunge misst, muss ich ihm glauben. Sonst hat er auch noch ein paar gute Tricks auf Lager, tauscht Teile, biegt und umgeht das System, aber es ist nix zu machen. Alle Daten, Fotos, Passwörter, Programme verloren und keine Cloud als Plan B. Das neu gekaufte Handy ist zumindest heute ebenfalls nutzlos, weil ohne die dafür notwendigen Passwörter nicht aufzusetzen. Dazwischen treffe ich Hiasi, der nach fast zwei Wochen des Dahinsiechens wieder so einigermaßen genesen ist, helfe ihm bei der Suche nach einem fahrbaren Untersatz und lasse bei meinem Roller das Öl wechseln, wobei ebenfalls sehr viel schief geht. Bleibt nur mehr, auf Überlebensmodus zu schalten und mich abends mit Bier zu betäuben, dazu gibt´s trockenes Byriani und wässrige Linsensuppe. Was für ein Scheißtag.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen