14.2., Stone Town
Stone Town war einst der zentrale Umschlagplatz des ostafrikanischen Sklavenhandels. In engen Gewölben mussten die aus ihren Dörfern Entführten wochenlang auf ihren Verkauf warten, bevor am Prügelstock noch ihre Widerstandsfähigkeit geprüft wurde, hardcore. Genau an seiner Stelle steht heute der Altar der anglikanischen Kathedrale, die später hier errichtet wurde. Dass ich eigentlich nur zum Beten hier sei, glaubt mir die Lady mit dem Metalldetektor nicht, auch ich muß die fünf Dollar Eintritt abdrücken. Dann schaue ich mir noch ein paar Plattenbauten aus Zeiten der Kooperation mit der DDR an. Tatsächlich, deutsche Qualitätsarbeit, obwohl der Wasserdruck dem Vernehmen nach nicht bis in die oberen Stockwerke reicht.
Übersiedeln musste ich auch schon wieder, jetzt wohne ich wieder bei den zwei bärtigen ZZ Top-Figuren. Der eine erzählt mir, er kann mit Schachtelhalmkraut Alzheimer heilen, super Sache. Was macht Stefsechef eigentlich in der steinernen Stadt, wo er doch ebenso gut am Strand liegen und Delphine beobachten könnte? Erstens muss ich morgen früh schon wieder das Öl wechseln lassen und darf bei der Gelegenheit nicht auf den zweiten Helm vergessen, weil nämlich zweitens jemand vom Flughafen abgeholt werden will. Wer kann das sein? Betreuerin und Gespielin, Korrektiv und Mahnerin im Hintergrund. Licht meiner Augen, Antwort auf alle Fragen. Die Blume des Kosovo, the one and only, die Gefährtin trudelt endlich ein.
Gegen Acht schaue ich zum alten Fort. Der Einlass hat begonnen, der Andrang ist überschaubar. Die Kartenpreise für Ausländer sind ganz ordentlich, hundertsiebzig Juros für den Dreitagespass. Strategisch umrunde ich die Festung und entscheide mich für den Ausgang als geeignetsten Ort für einen Bestechungsversuch, aber vorher gehe ich noch auf ein Bier.
Beim Inder ums Eck hockt auch Christopher, der siebenundsechzigjährige südafrikanische Weinhändler und Pleitier, außerdem ein Einheimischer mit finnischem Führerschein und ein Typ vom Festland, dem ein paar Dala Dalas, also Sammelbusse, gehören. Vierzig Euro bleiben ihm im Schnitt pro Tag pro Bus, was ihn sehr zufrieden macht. Das Zauberwort bei jedem Deal ist Flatrate, auch beim Steuern zahlen. Jedenfalls tremmeln wir uns ein paar Hülsen rein, dann ziehe ich mit dem Bärtigen los und stecke dem Typen am Gitter per Handschlag umgerechnet vier Euro zu, wir wollen nur kurz etwas trinken. Sonst lehnen noch Bullen und Militaristen herum, aber der Ordner nimmt seelenruhig den Schein aus seiner Hand und überprüft ihn noch auf Nominalwert und Zustand, ehe er uns passieren lässt. Na das ging ja einfach! Christopher wachelt noch sinnlos mit seinem sansibarischen Führerschein herum, aber der Käse ist gegessen und wir sind drinnen.
Geschätzt nicht mehr als siebenhundert Zuschauer haben sich eingefunden, man kann ganz leicht bis ganz nach vor zur Bühne gehen. Irgendwann spielt Assa Matusse aus Mosambique, unterstützt nur von zwei Bassisten und einem Schlagzeuger. Sie trägt ihr Haar wie einen Baum und ist in jeder Hinsicht eine Göttin, ich bin dicht und glücklich. Dann klatscht Etinsel Maloya von der Insel La Reunion ab und weit nach Mitternacht noch irgendwer, an den ich mich nur mehr schemenhaft erinnern kann. Später erwischt mich bei der Nebenbühne ein gewissenhafter Mitarbeiter ohne das obligatorische Band und komplimentiert mich raus. Passt gut, ich wollte eh gerade gehen. Von der letzte Woche abgehobenen Million besitze ich noch fünftausend Schilling und für den Notfall zwei Dollar. Gut, dass Sweety morgen Nachschub mitbringt.
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