3.2., Uroa
Hinten anstellen ist in Sansibar unbekannt. Genügt es in Asien oft, anstatt seiner selbst nur die Schlapfen in einer Reihe zu platzieren, regiert hier die Unverschämtheit. Was er denn glaube, was ich hier wohl täte, frage ich den Drängler an der Tanke, nachdem ich leichtsinnigerweise zwei Meter Abstand zum Vordermann freigelassen hatte. Ah so, na klar! No problem, hakuna matata! Sonst auch. Mit bewundernswerter Chuzpe marschiert man regelmäßig zumindest an mir vorbei und tut verblüfft bei Einspruch.
Tut mir der Hintern weh. Fleckerlteppichstraßen mit Geschwindigkeitsbegrenzungsschwellern so hoch, dass ich regelmäßig mit der Mopette aufsitze. Feldwege gespickt mit blankem Fels und die Hose durchgeschwitzt. Bei Bwejuu biege ich ab auf unbefestigtes Gelände und die Gegend wird richtig schön. Auf lauschigen Feldwegen nähere ich mich der Südseite der Chwakabucht und erwarte mir unerforschtes Land, als sich auf einmal aus dem Nichts eine völlig sinnlose und in meinem Navi auch noch unbekannte Bundesstraße vor mir auftut. Hier und im Umkreis von vielen Kilometern wohnt eigentlich so gut wie niemand und die meisten Verkehrspartner die nächsten Stunden sind Frauen zu Fuß mit Brennholz auf ihren Köpfen oder verirrte Kühe. Verläuft die nagelneue Straße mit Pannenstreifen selten aber doch durch kleine Dörfer, schlängelt sie sich durch Hüttenansammlungen aus Korallenbrocken oder Lehm, was sehr seltsam anmutet. Irgendwann steht dann eine Tafel neben der Fahrbahn, End of Road, und wer die übersieht, stirbt. Die Straße endet so sinnlos, wie sie begonnen hat, und zwar sofort. Man donnert dann gegen einen Felsen oder stürzt ins Meer. An einem dieser Enden steht eine Frau mit einem langen Speer mit Widerhaken, hinter ihr ein Mangrovenwald. Sie brabbelt Unergründliches, ich drehe um und wir wundern uns beide. Später tut sich endlose Ebene auf, wo Frauen Getreide von Hand oder mit Dreschflegeln aus den Pflanzen schlagen, dann sehe ich zwei Burschen ein Moped durch die flirrende Hitze schieben. Generös helfe ich mit meiner taktischen Spritreserve und Wasser aus.
Chwaka ist ein entzückendes Dorf mit allem, was dazu gehört, am kleinen Markt versteigern die Fischer gerade ihren überschaubaren Fang und mein Hirsebampf mit Bohnen schmeckt gut, aber Zimmer gibt es keine. Das gleiche in Marumbi, aber in Uroa komme ich endlich in einem recht abgeranzten, aber sympathischen Resort unter. Aus dem ersten Zimmer muss ich wieder ausziehen, weil es keinen Schlüssel dafür gibt, im zweiten ist das Häusl verstopft, worum ich mich selbst kümmere. Der Kellner marschiert bei jedem bestellten Bier los, um es erst einmal einzukaufen. Wie viele ich denn heute noch zu drinken gedenke? Until I´m drunk. Das Abendbrot nehme ich auswärts zu mir, nachdem ich zufällig gesehen habe, wie ein Angestellter sich in der Küche mit einem Kochlöffel aus einem Topf bedient hat. Ich meine, das mache ich ja auch so, aber mich und meine Krankheiten kenne ich wenigstens.
Oben an der Straße ist immer etwas los, sobald die Sonne untergegangen ist und die Temperaturen erträglicher werden. Das ist nur relativ zu verstehen, um vier Uhr morgens hat´s noch immer siebenundzwanzig Grad und kühler als das wird´s nicht. Jedenfalls, einen Maiskolben als Vorspeise, anschließend vom fliegenden Händler ein Stück Fisch mit Kassava und dazu scharfe Pilipili-Sauce. Wann gibt´s endlich Senene, frittierte Heuschrecken, oder Kumbikumbi, geröstete Termiten?
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