Donnerstag, 3. Dezember 2015



2.12., Santa Lucia
Die gesamte Ausstattung meines Zimmers, auch die Kästen und Betten, sind mit von Hand beschrifteten Klebeetiketten inventarisiert. Ist ein bisschen so, wie wenn ich beim Ikea eingezogen wäre.  Eine Kakerlake knabbert an meinen Keksen und ich dann beim Anstaltswirten an meinem Frühstück, zwei Spiegeleiern mit Toast. Mehr kommt nicht mehr, da kann ich sitzen bleiben, solange ich will. Beim staatlichen Internetanbieter später muss ich durchs Fenster in den Raum mit den Computern klettern, denen ist die Türklinke abhandengekommen und jetzt müssen sie wahrscheinlich ein paar Jahre warten, bis ihnen von Raul eine neue genehmigt wird. Am Weg heim treffe ich einen Typen, der mit seiner Fahrradkette kämpft, einen deutschen Marktfahrer, der in der Schweiz lebt und in Kuba ein Kind hat und verheiratet ist. Zwei Monate im Jahr lebe er hier, wenn im Winter seine Mutterschafe trächtig seien oder schon geworfen hätten und er deswegen keine Milch für seinen Käse hätte. Genau habe ich´s nicht verstanden, ich bin ja kein Botaniker. Jedenfalls fragt er mich, ob ich blöd wäre, nicht im All Inclusive Club einzuchecken, die würden annähernd so viel wie mein jetziges Hotel kosten, wenn ich über das staatliche Reisebüro buche und nicht direkt an deren Rezeption. Er pendle zwischen den Clubs und dem Dorf seiner Frau, wo sie sich dann hauptsächlich von den Dingen ernähren würden, die er im Laufe seines Aufenthaltes hier mitgehen lassen habe. Er sei hervorragend ausgestattet mit Plastikgeschirr aller Art und rolle quasi ganze Käselaibe aus dem Speisesaal.
Fünf Minuten später sitze ich bei Cubatours und tatsächlich, der Typ hat Recht. Fünfzehn Minuten später habe ich aus meiner Bude ausgecheckt, eine halbe Stunde später beziehe ich ein luxuriöses Zimmer mit Terrasse ins Grüne. Dann schreite ich das beeindruckende Buffet des Brisas Santa Lucia ab und frage mich, ob das gemeine Volk da draußen noch immer am Kommunismus festhalten würde, wenn es die gelebte Dekadenz hier sehen könnte. So tauche ich ein in die Wohlfühlblase, setze mich in den Pool und bestelle mir an der Bar einen Mojito. Eros Ramazotti, Animation am Gelände, gediegener Privatstrand. Ich trage ein rosa Armband und ich schäme mich nicht, zumindest nicht unter Meinesgleichen. Während des Abendessens gehen zwei Retortenkubaner in grellen Hawaihemden durch die Tischreihen und als sie La Bamba anstimmen, zucken die Leute aus. Blitzlichtgewitter, tosender Applaus. In der Disco geben sich dann enthusiasmierte und intoxinierte Wale und Quallen kubanischem Dancefloor hin, während ich geduldig die Cocktails durchprobiere.

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