Montag, 28. Dezember 2015



24.12., Trinidad
Wir übersiedeln für eine Nacht zur Nachbarin, die trotz Weihnachten noch nicht ausgebucht ist, dann bemühen wir uns am Busbahnhof um Tickets für morgen nach Bayamo, einer strategisch günstig gelegenen Stadt um die vierhundert Kilometer weiter südöstlich. Nichts, absolut gar nichts sei mehr verfügbar, versichert uns ein Mitarbeiter, zu keiner Zeit, unter keinen Umständen, in keine Himmelsrichtung. Skandal! Das grenzt an staatliche Nötigung. Wir werden uns hier trotzdem morgen so früh wie möglich einfinden und auf Unzulänglichkeiten im Buchungssystem hoffen, die Sammeltaxis nach Osten sind aus unerfindlichen Gründen schweineteuer. Trinidad haben wir jedenfalls ausgereizt, Zeit zum Aufbruch. Für heute bleibt nicht mehr zu tun, als den Weihnachtstag in unseren Hängematten am Strand zu verchillen und mit Schirmchendrinks auf das Wohl Gottes anzustoßen, bis uns die vielen, wie aus dem Nichts auftauchenden Sandfliegen bei Einbruch der Dunkelheit zu einem überhasteten Aufbruch zwingen. Die winzigen Viecher beißen so herzhaft zu, dass man sich fragt, wo sie überhaupt die Kraft dafür hernehmen. Wir balancieren noch unsere fast vollen Drinks in Händen, als uns schon ein Amischlitten gemeinsam mit ein paar Ossis über holprige Küstenstraßen zurück in die Stadt befördert.
Das Weihnachtsessen ist archaisch. Da unser Stammwirt zu hat, müssen wir kurzfristig mit einer anderen Hütte Vorlieb nehmen. Mein köstliches Lammfleisch mit Minze besteht aus grob zusammengehackten Teilen mit Knochensplittern, Sehnen und dicken Arterien. Wie ein Eingeborener wühle ich mich mit fetttriefenden Fingern durch den formlosen Haufen, während Enamehr oder weniger neugierig in bislang unbekannten Körperregionen eines Huhnes herumstochert.
Auf den Stufen des Hauptplatzes mit seiner alten Kathedrale sitzen wie jeden Tag die Menschen und warten auf die täglich angekündigte, aber niemals stattfindende Performance mit Feuerschluckern und Musikanten, während sie Mojitos trinken und Zigarren rauchen, die Hunde liegen tiefenentspannt unter den Wartenden und wärmen sich an den noch von der schon vor einigen Stunden untergegangenen Sonne warmen Steinen.Wir schauen Leute und lauschen der Musik einer in der Nähe aufspielenden Combo. Vor der Disco in einer Tropfsteinhöhle am Rande der Stadt stellen sich schon die aufgebretzelten Einheimischen an und warten darauf, dass sie aufsperrt, aber uns umfängt schon zufriedene Müdigkeit. Die schaffen wir heute nicht mehr. FelizNavidad!

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