3.12.,
Santa Lucia
Bei
einer Eierspeis mit Baked Beans, die streng genommen Kichererbsen sind, erzählt
mir der Schweizer von den wichtigsten Erkenntnissen, die er im Laufe seiner
dreizehn Aufenthalte und der Beziehung zur Mutter seines Sohnes mit
eigenwilligem Namen Eusebio gewinnen konnte, vom ärmlichen Dorf, in dem ihre
Familie und somit gelegentlich auch er leben muss, vom hohen Stellenwert
sinnloser Statussymbole und davon, wie der Kubaner generell so tickt. Als er
den älteren Kellner fragt, ob die hundertzehn Euro, die er seiner Freundin
monatlich an Alimenten überweist, nicht ausreichend wären, sie beschwere sich
regelmäßig, setzt sich der dazu und erzählt von seiner Misere. Er verdiene in
diesem Hotel theoretisch zwölf Dollar im Monat. Theoretisch deshalb, weil es
die letzten Monate überhaupt kein Gehalt gab, es sei kein Geld da gewesen. Was
auch immer das heißen soll. Er und alle anderen schaffen so viele Lebensmittel wie
möglich auf die Seite und wenn jemand Kleidung oder Ähnliches vergisst,
verkaufen sie das Zeug. Seine Frau schneidet nebenbei Haare und so kämen sie
und die Kinder irgendwie über die Runden. Monatlich hundertzehn Euro seien in
Kuba ein Vermögen. Der Kellner spricht leidlich deutsch. Er hat ein paar Jahre
in der DDR gearbeitet und ist damals zurück in die Heimat gekommen mit der
Hoffnung, dass sich die Dinge zum Guten wenden würden. Jetzt ist er voller
Verbitterung und wünscht das System zum Teufel.
Am
nördlichsten Zipfel von Santa Lucia liegt der sichelförmige Strand Playa los
Cocos, den muss man scheinbar gesehen haben. Die Straße die Küste entlang endet
nach ein paar Kilometern im Nichts. Sie wurde kürzlich von einem Hurrikan
zerstört, erzählt mir später ein Dorfbewohner. Eine Kolonie Flamingos scheuche
ich auf, die sich in der Lagune, in der die Straße jetzt endet, niedergelassen
hat. Als die Vögel auf der Flucht ihre Flügel öffnen, leuchtet ihr Gefieder
nicht nur rosa, sondern leuchtend rot. Wie gesagt, ich probiere ein paar andere
Wege aus und einer endet in einem Dorf, wo mir der wie immer äußerst freundliche
Dorfheini die Umleitung zum Strand und dem dortigen Dorf verrät. Ein
elendslanger Umweg auf einer Schotterpiste vorbei an Salzebenen im Hinterland
zwar, aber der Strand ist die Mühen wert. Feinster Sand, das Wasser schillert
in allen erdenklichen Grüntönen. Neben schönen Muscheln wurden an einer Stelle
auch haufenweise Knochen eines ziemlich großen Tieres angeschwemmt, viele von
ihnen gleichen sich und sind in Form und Größe vergleichbar mit der
Kinderversion eines Kricketschlägers. Am Weg zurück ein kurzes Schleifen und
Krachen und ich weiß ganz genau, was passiert ist. Well played, Strache. Am von
Varadero aus gesehen östlichsten Punkt meiner Reise, einige Kilometer vom Hotel
entfernt in menschenleerer Ödnis bei sengender Mittagshitze fulminant einzugehen
und den Dienst zu verweigern ist in seiner Hinterfotzigkeit nicht mehr zu
überbieten. Strache! Wenn ich könnte wie
ich wollte, ich würde dich hier und jetzt anzünden, ich schwöre. Ich bin
fassungslos. Wieso ist der Riemen schon wieder kaputt, das darf doch einfach
nicht wahr sein. Ich schiebe und schiebe und schiebe, bis ich endlich halb
durchgegart meine Homebase erreiche. Zuerst trinke ich eineinhalb Liter Wasser
mehr oder weniger auf ex, dann noch eine Flasche in aller Ruhe. Nachdem ich
mich körperlich, aber vor allem seelisch wieder so einigermaßen gefangen habe,
schreite ich zur Schadensbehebung. Stefsechef weiß, wie das kaputte Trumm
heißt, Correa, er fertigt eine Zeichnung davon an und erkundigt sich an der
Rezeption, wo markengleiche Roller verliehen werden, nach deren Haus-und Hofwerkstatt.
Noch eine halbe Stunde schieben, Nahkampfkonversation mit dem Mechaniker, drei
Stunden warten, ins Gesparte fahren, fertig. Und so vergehen die Tage. Nach
Einbruch der Nacht setze ich mich an den verlassenen Strand und trinke einen
Pina Colada.Der Rum dazu hatte die Farbe von Sonnenblumenöl und hier ist es
friedlich und schön.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen