11.12.,
Havanna
Ich
übersiedle in ein kleines Zimmer ein paar Gassen weiter. Im Gegensatz zur
vorherigen Bleibe ist es hier so sauber, dass man sich auch nachts noch aufs
Klo traut. Mein neuer Vermieter liegt noch fett von gestern im Bett, andere Untermieter
machen mir das Haustor auf. Schreie und Schlüssel, die an Schnüren die Häuser
herabgelassen werden, ersetzen in Havanna die Klingeln und Sprechanlagen. Ich
parke mein Gepäck und marschiere zur Einwanderungsbehörde für die Verlängerung
meines Visums. Ein Spießrutenlauf ohne Beispiel, für den ich nicht umsonst
einen ganzen Tag eingeplant habe. Zuerst einmal das Gebäude selbst finden, ist
ja nicht beschriftet. Dann die zuständige Abteilung ausfindig machen und dort
anstellen. „Il Ultimo?“ fragen und sich die Figur merken, die sich meldet, nach
der ist man dann dran. Erfahren, dass
ich für die Bezahlung der staatlichen Dienste fünfundzwanzig CUC in
Stempelmarken brauche. Postamt suchen, „Il Ultimo?“, eine Stunde anstellen. Die
Zeitungen werden gerade geliefert, da sind die Schalterbediensteten noch
zusätzlich mit der Aufteilung an die Straßenverkäufer beschäftigt. Zur Kenntnis
nehmen, dass es meine Marken nicht hier, sondern nur in einer bestimmten
Bankfiliale zu kaufen gibt. „Soy Tourista, no hablo Espanol!“, eine Frau nimmt
mich am Arm und bringt mich bis zu besagter Bank. „Il Ultimo?“, anstellen.
Zurück im Amt „Il Ultimo?“, anstellen. Die Beamtin möchte von mir den Pass,
eine Versicherungsbestätigung, die Tickets für den Rückflug und die Stempelmarken,
hab ich alles. Außerdem noch eine Zahlungsbestätigung meines Vermieters. Hab
ich nicht. Die Alte lässt nicht mit sich handeln. Nix mit „Soy Tourista, no
hablo Espanol!“. Einmal zurück durch die halbe Stadt, Jesus erklären, welchen
Zettel er mir ausstellen muss, wieder retour. Ja, mein Vermieter heißt Jesus. „Il
Ultimo?“, warten. Dann dem Amtsschimmel zuschauen, wie er in Zeitlupe das
Antragsformular ausfüllt und noch ein bisschen warten bis das Ansuchen
bewilligt und bis die Bewilligung ebenfalls bewilligt wird. Am Weg heim dämmert
es schon. Kein Wunder, dass die hier bis abends Kundenverkehr haben. Wahrscheinlich
sagt das kubanische Familienoberhaupt zu seiner Familie im Anlassfall eines
aufwendigeren Rechtsgeschäftes: „Ihr müsst jetzt sehr stark sein, ich habe
einen Amtsweg vor mir. Sollte ich bis Ende des Monats nicht wieder zurück sein,
verkauft meine Zigarren und seht zu, wie ihr alleine klar kommt.“ Viel Zeit
bleibt nicht mehr, muss ich mich schon auf zum Flughafen machen. Als der öffentliche
Gelenkbus in die erste Station beim Kapitol einfährt, kommt Bewegung in die
Wartenden. Alle müssen vorne einsteigen, wo ich den Fahrer in angewandtem
Esperanto um Auskunft ersuche. Ähh, ist das der Bus zum Flughafen? Wo muss ich dann
aussteigen? Wie lange dauert das? Was kostet die Fahrt? Dabei wachle ich mit
einem Geldschein, um den ich den ganzen Bus kaufen könnte. Er gibt mir zu
verstehen, dass mich meine Blödheit heute von den Fahrtkosten befreit und ich schleunigst
den Durchgang frei machen solle, dann drängen mich die restlichen, geschätzten fünftausend
Passagiere in einem Schwall bis nach hinten zur Windschutzscheibe. Das Ding
platzt aus allen Nähten. So viele Leute drängen in den Bus,
dass die Türen nicht mehr zugehen, was den Fahrer freilich kalt lässt. Als ich später
eine beleuchtete Landebahn sehe, steige ich aus und schon nach einer Stunde
Fußmarsch über finsteres Gelände habe ich das internationale Terminal erreicht.
Drei Stunden nach der Landung wächst die Gefährtin endlich aus der
Abfertigungshalle, allerdings ohne Rucksack. Der soll übermorgen ankommen,
haha. Wer´s glaubt. Schön, dass zumindest sie da ist, sie wird mir wie immer
Glück bringen. Ab ins Zentrum, diesmal mit dem Taxi.
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