Mittwoch, 2. Dezember 2015



29.11., Sancti Spirius, Ciego de Avila
Noch Strache aus dem Wohnzimmer der Nachbarn holen, wo er über die Nacht untergestellt war, dann geht’s weiter nach Sancti Spiritus. Metallene Ungetüme von Brücken sind über kleine Rios, Schluchten, gebaut, durch die sich malerisch Flüsse schlängeln. Die Landschaft ist die schönste bisher. Steppe, Bananen, Kühe unter extrem hohen Palmen, weites Land. Als es zu regnen beginnt flüchte ich unter eine Bushaltestelle und bis ich fertig damit bin, mich und die Rucksäcke wasserfest zu machen, scheint schon wieder die Sonne. Die Luft ist jetzt schwer vom Geruch der Straße, dem Vieh und der Pflanzen, solange bis ein Bus oder ein klappriger Lastwagen wieder nachhaltig die Gegend verstinkt. Auf Plakatwänden wird die Freundschaft zu Venezuela beschworen. Die haben die letzten Jahre hauptsächlich mit Erdöl ausgeholfen, weil die Russen ausgelassen haben. Apropos, Strache säuft wie ein Loch und stinkt auch ausreichend. Zudem fehlt ihm bisweilen der zündende Funke, befürchte ich. Spätestens alle hundert Kilometer brauche ich eine Tankstelle, die nicht nur gemeinen Diesel sondern auch die exotische Variante Especial vertreibt. Die sind rar und beschildert sind sie gar nicht. Aufgegebene Fabrikanlagen mit Hallen so groß wie Hangars und kolossalen Schloten rosten vor sich hin. Die Zufahrtsstraßen dorthin sind schon lange überwachsen und aufgebrochen. Auch auf den noch befahrenen Straßen sieht der Belag mitunter aus, als wäre er irgendwann einmal geschmolzen, mit abnormal tiefen Spurrinnen. Im Zuge einer Polizeikontrolle begrüßt mich der Bulle per Handschlag und kontrolliert pro Forma meinen Führerschein, ein Impfpass oder eine Kinokarte hätten es wohl auch getan. In Sancti Spiritus ist die Hauptstraße voll mit Militär. Zwei Radpanzer, Lastwägen mit Soldaten, alte Busse, wie sie die Polizei in der DDR hatte. Vielleicht irgendeine Demo oder ein Aufmarsch, erfreulicherweise wird nicht geschossen. Ich fahre über die Puente Yayabo, eine vierbogige, vor zweihundert Jahren von den Spaniern erbauten Brücke und das Wahrzeichen der Stadt, becruise kurz das historische Zentrum von Sancti Spiritus und fahre gleich die achtzig Kilometer weiter nach Ciego de Avila. Hunderttausend Einwohner, ehemalige Militärstadt hinter der sogenannten Trochlinie, einer Befestigungsanlage, die im neuzehnten Jahrhundert auf dieser Höhe durch ganz Kuba von Norden nach Süden verlief. Die Straßen mit ihren fast durchgehenden Kolonnaden sind streng rasterförmig ausgerichtet und viel zu sehen gibt es hier nicht, aber es ist schon spät und ich bin müde. Nein, eigentlich tut mir hauptsächlich der Hintern weh. Morgen möchte ich die Trochlinie abfahren, für heute checke ich hier ein. Den Parque de la Ciudad schaue ich mir noch an, laut meinem Reiseführer die interessanteste städtische Grünfläche des Landes. Ein künstlicher See, sehr schöne Skulpturen aus Schrott, ein paar ausgemusterte Lokomotiven. Aus den Bars und Restaurants plärrt  die Musik. Gruppen mit Rumflaschen feiern das Wochenende, während sie von riesigen Nachtfaltern umflattert werden.

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