29.11.,
Sancti Spirius, Ciego de Avila
Noch
Strache aus dem Wohnzimmer der Nachbarn holen, wo er über die Nacht
untergestellt war, dann geht’s weiter nach Sancti Spiritus. Metallene Ungetüme
von Brücken sind über kleine Rios, Schluchten, gebaut, durch die sich malerisch
Flüsse schlängeln. Die Landschaft ist die schönste bisher. Steppe, Bananen,
Kühe unter extrem hohen Palmen, weites Land. Als es zu regnen beginnt flüchte
ich unter eine Bushaltestelle und bis ich fertig damit bin, mich und die
Rucksäcke wasserfest zu machen, scheint schon wieder die Sonne. Die Luft ist jetzt
schwer vom Geruch der Straße, dem Vieh und der Pflanzen, solange bis ein Bus
oder ein klappriger Lastwagen wieder nachhaltig die Gegend verstinkt. Auf
Plakatwänden wird die Freundschaft zu Venezuela beschworen. Die haben die
letzten Jahre hauptsächlich mit Erdöl ausgeholfen, weil die Russen ausgelassen
haben. Apropos, Strache säuft wie ein Loch und stinkt auch ausreichend. Zudem
fehlt ihm bisweilen der zündende Funke, befürchte ich. Spätestens alle hundert
Kilometer brauche ich eine Tankstelle, die nicht nur gemeinen Diesel sondern
auch die exotische Variante Especial vertreibt. Die sind rar und beschildert
sind sie gar nicht. Aufgegebene Fabrikanlagen mit Hallen so groß wie Hangars
und kolossalen Schloten rosten vor sich hin. Die Zufahrtsstraßen dorthin sind
schon lange überwachsen und aufgebrochen. Auch auf den noch befahrenen Straßen
sieht der Belag mitunter aus, als wäre er irgendwann einmal geschmolzen, mit abnormal
tiefen Spurrinnen. Im Zuge einer Polizeikontrolle begrüßt mich der Bulle per
Handschlag und kontrolliert pro Forma meinen Führerschein, ein Impfpass oder
eine Kinokarte hätten es wohl auch getan. In Sancti Spiritus ist die
Hauptstraße voll mit Militär. Zwei Radpanzer, Lastwägen mit Soldaten, alte
Busse, wie sie die Polizei in der DDR hatte. Vielleicht irgendeine Demo oder
ein Aufmarsch, erfreulicherweise wird nicht geschossen. Ich fahre über die
Puente Yayabo, eine vierbogige, vor zweihundert Jahren von den Spaniern
erbauten Brücke und das Wahrzeichen der Stadt, becruise kurz das historische
Zentrum von Sancti Spiritus und fahre gleich die achtzig Kilometer weiter nach
Ciego de Avila. Hunderttausend Einwohner, ehemalige Militärstadt hinter der
sogenannten Trochlinie, einer Befestigungsanlage, die im neuzehnten Jahrhundert
auf dieser Höhe durch ganz Kuba von Norden nach Süden verlief. Die Straßen mit
ihren fast durchgehenden Kolonnaden sind streng rasterförmig ausgerichtet und
viel zu sehen gibt es hier nicht, aber es ist schon spät und ich bin müde.
Nein, eigentlich tut mir hauptsächlich der Hintern weh. Morgen möchte ich die
Trochlinie abfahren, für heute checke ich hier ein. Den Parque de la Ciudad schaue
ich mir noch an, laut meinem Reiseführer die interessanteste städtische
Grünfläche des Landes. Ein künstlicher See, sehr schöne Skulpturen aus Schrott,
ein paar ausgemusterte Lokomotiven. Aus den Bars und Restaurants plärrt die Musik. Gruppen mit Rumflaschen feiern das
Wochenende, während sie von riesigen Nachtfaltern umflattert werden.
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