7.12.,
Havanna
Mein
Vermieter setzt sich zum Frühstück dazu und spielt ein paar Lieder auf seiner
Gitarre, dann zeigt er mir das Flachdach, auf dem er eine Terrasse einrichten
will. Da hat er noch viel vor. Schon der klaustrophobische Aufgang ist wie ein
Bergwerksstollen dauerprovisorisch mit Holzbalken verstrebt. Oben ein Gewirr
aus Strom- und Wasserleitungen und große Wassertanks. Der Ausblick erinnert
mich an Delhi.
Ich besuche
das Museo de la Revolucion, untergebracht im ehemaligen Präsidentenpalast. Von
hier aus regierte einst Batista, hinter einem sehr schönen Schreibtisch mit der
üblichen Fahne und den üblichen Füllfederhaltern. Daneben liegt der
Versammlungsraum der Minister mit einem sehr schönen Klo, das ich aus Gründen
des Denkmalschutzes nicht benützen darf. Ich hätte es schon nicht kaputt
gemacht, mein Stoffwechsel unterscheidet sich
sicher nicht wahnsinnig von dem eines prähistorischen Ministers. Viel
Propaganda, vereitelte oder gelungene Anschläge, Revolutionen und
Konterrevolutionen. Hinter dem Palast ist
neben Landrovern und Jeeps, Panzern und Flugzeugen auch die achtzehn Meter lange
Jacht Grandma, mit der Castro und
einundachtzig weitere Revolutionäre mit umstürzlerischen Absichten 1956 von
Mexico nach Kuba übergesetzt haben, ausgestellt. Die Yacht ist ja ganz schön,
aber zweiundachtzig Typen? Sieben Tage hat die Überfahrt gedauert und bei der
Landung wurde die Partie gleich von Batistas Armee aufgerieben. Nur zwölf
Männer konnten entkommen, die Revolution fand mit etwas Verspätung trotzdem
statt. 1958 marschierten Fidel und Che ungehindert in Havanna ein und Batista
buchte sich einen längeren Urlaub auf der Domrep. Hochinteressant das alles,
aber für hier viel zu umfassend.
Weiter im
Osten stehen dann die gewaltigen Festungen. Nachdem Havanna im sechzehnten
Jahrhundert mehrmals von französischen Piraten geplündert worden war, ließen
sich die Spanier nicht lumpen und errichteten zunächst die zwei größten
Festungen Amerikas ihrer Zeit. Ein Weilchen war dann einmal Ruhe, bis die
Briten quasi von hinten kamen, ordentlich aufmischten und Havanna nach
elfmonatiger Besatzung gegen Florida eintauschten. Seltsam, aber so steht es
geschrieben. Die Spanier bauten also noch eine Festung, was Havanna damals zur
am besten befestigten Stadt der Welt machte. Diese ganzen Anlagen sind bis
heute erhalten und warten auf meine Erforschung, das wird aber erst in den
nächsten Tagen passieren. Inzwischen streife ich die Altstadt und schlendere
über den Plaza de Armas, dem ältesten Platz Havannas, der schon um 1520
angelegt wurde. Meerseitig steht eine Burg wie aus dem Bilderbuch mit schrägen
Mauern und in Kleeblattform, einem unüberwindlichen Wassergraben und
Hängebrücken darüber. Noch weiter östlich, vorbei an Klöstern und Kirchen dann
der Hafen mit seinen alten Piers und vergammelten Lagerhallen. In einer von
ihnen ist ein Markt mit Plunder untergebracht, wo ich mich mit einer Kokosnuss
mit einem Schuss Zitrone und Rum stärke. So findet sich noch Kraft für das
längste erhaltene Teilstück der alten Stadtmauer, die die mittlerweile
scheinbar paranoid gewordenen Spanier im siebzehnten Jahrhundert auch noch
gebaut haben. Eineinhalb Meter dick, zehn Meter hoch, mit elf schwer bewachten
Toren. Dann reicht´s aber für heute. Später beim Frisör, den ich schon dringend
notwendig hätte, eine Themenverfehlung des weiblichen Personals. Statt mir die
Haare zu schneiden, führt mich eine Dame kurzerhand in ein Zimmer mit Bett. Der
Frisör sei gerade nicht da, wir könnten uns aber derweilen anderweitig
vergnügen. Ob sie mir nicht schnell die Maschine geben könnte, ich würde mir
die Haare auch selbst schneiden? Ihre Maschine hätte sie immer dabei, sagt sie
und deutet auf einschlägige Körperpartien. Ich flüchte. Ein Wahnsinn. Schon
gestern wollte sich eine überschminkte Tante mit eindeutigen Absichten Zutritt
zu meinen Gemächern verschaffen und nur das massive Gitter vor meiner Tür
konnte sie daran hindern. Ich fürchte um meine Unschuld.
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