Montag, 21. Dezember 2015



18.12., Pinar del Rio
Ein Provinznest am Ende der bekannten Welt, Endstation Sehnsucht. Von hier geht kein öffentlicher Verkehr mehr nach Westen oder Süden, hier gibt’s auch keine Mopeds auszuleihen. Die Strommasten bestehen aus handgeschnitzten, windschiefen Baumstämmen, die Sehenswürdigkeiten Pinar del Rios erschöpfen sich in einer geschlossenen Zigarrenfabrik und einer kleinen rosa Kirche. Unser Plan, von hier aus Tagestouren zu unternehmen, löst sich somit in Wohlgefallen auf und wir stecken bis zum Anschlussbus nach Osten bis übermorgen hier fest. Als ich den Schaffner am Bahnhof frage, wo ich zwei Plätze reservieren könne, grinst er. Schalter gibt es keinen. Wir sollen einfach kommen und dann wird das schon. Wann die Busse gehen? Um 7.40 und der nächste dann wieder einen Tag später. Was die paar Kilometer kosten? 62 Euro für uns, dabei peckt er sich schon ab. Wahnsinn, als Tourist ist man hier wirklich der letzte Trottel.
In der Lobby des größten Hotels dieser Stadt mit immerhin knapp 200 000 Einwohnern sitzt ein Schädel vom staatlichen Reisebüro seine Zeit ab und schaut ins Leere. Unsere Frage, ob es eine organisierte Tour zur Tabakplantage zwanzig Kilometer außerhalb gäbe, bejaht er, wir könnten uns ein Taxi nehmen. Wir versuchen, ihm das Grundprinzip einer organisierten Tour näherzubringen, unter anderem das nicht unerhebliche Element des festgesetzten Beginns, auf dass sich zu dieser per Aushang angegebenen Uhrzeit mehrere Interessierte einfinden und einen gemeinsamen Transport dorthin in Anspruch nehmen könnten. Das ginge nicht, sagt er, weil die Touristen ja immer zu unterschiedlichen Zeiten zu ihm kämen, um sich nach organisierten Touren zu erkundigen. Ein Wunder, dass diese Dumpfbacke jeden Tag wieder heim findet. Ich kaufe mir eine Flasche Rum und wir sehen uns daheim einen Film an, bis uns etwas Besseres einfällt.
Nach Sonnenuntergang werdendie Gehsteige hochgeklappt. Es würde einen nicht wundern, sollten gelegentlich Distelbälle durch die verlassenen Gassen rollen. Wie es für einen Ort wie diesen zu erwarten ist, versammeln sich dessen Einwohner in den kühlen Stunden vermehrt dort, wo sie mit dem zivilisierten Teil dieses Planeten kommunizieren können, in den zwei Parks mit Wifi-Hotspots.Die Landjugend steht vor einer Disco an.
Ena meint, ich solle die positiven Dinge des heutigen Tages nicht aussparen. Als Quartier haben wir ein geräumiges Appartement mit vollvergittertem Balkon ausgefasst, fällt ihr ein, und die Pizza am Bahnhof war auch ganz lecker.

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