18.1.,
Maumere
Der
Holländer reist heute ab nach Jakarta und für die restlichen sechs stellt der
Rezeptionist drei überteuerte, aber von uns heiß begehrte Mopeds auf. Alles
nicht so einfach hier, die Mopetten kommen alle aus privater Hand. In Richtung
Westen folgen wir der Küste und mit den Kilometern weg von der Stadt wird es
immer leiser, grüner und einsamer. Von Bananenstauden gesäumte Abschnitte, die
Straße von beiden Seiten teilweise schon fast zugewachsen. Bei den Pausen muss
man sich gut überlegen, wieviel Zeit man dafür aufbringen möchte. Alles außer
Dosenware, zum Beispiel Tee oder Eiskaffee, dauert locker eine Stunde, bis es
am Tisch steht. Im kleinen Verschlag kehren wir ein auf eine sehr gute Fischkopfsuppe
und auf gummiartige Fleischbällchen, in denen schon rein vom Preis her nur das
Schlimmste reingewurstet worden sein kann. Die Haussauce ist außer bekömmlich
sicher auch für Desinfektionszwecke ausreichend scharf und wir schnaufen ganz
ordentlich und schwitzen in unsere Teller zum Gaudium der Hiesigen. Irgendwann
müssen wir umkehren und am Weg retour ereilt mich mein gewohntes Schicksal, ein
Patschen hinten. In der Hitze schieben der Ire und ich abwechselnd, schon bald
begleitet von schreienden, aufgeregten Kindern. Nach einer halben Stunde
erreichen wir ziemlich fertig den Reifenschuster, erkennbar am Reifen, der
gegen seinen Verschlag gelehnt ist. Die Reparatur dauert. Der Schlauch muss zunächst
von der Felge gezogen werden und nach Eruierung des Loches wird schließlich mit
einer Zwinge ein Stück Gummi unter der Hitze einer brennenden Funzel mit dem
Schlauch verschmolzen. Während dieser einen Stunde entsteht neben der
Blechhütte ein großer Auflauf, an die dreißig Leute finden sich ein. Sessel
werden für uns gebracht und wie Adelige nehmen wir inmitten der
Dorfgemeinschaft Platz. Dass uns das peinlich ist, lassen wir uns möglichst
nicht anmerken. Man könnte irritiert oder vielleicht sogar gekränkt sein,
würden wir das Angebot ausschlagen. Die irgendwann gebrochenen Lehnen und
Sitzflächen der schmutzigen Plastiksessel wurden schon mehrmals aufwändig und
akkurat mit einer Schnur vernäht, hier schmeißt man nicht so schnell etwas weg.
Ein Albinokind ist unter den Zaungästen, einer hält einen winzigen, sicher erst
vor wenigen Tagen geborenen Affen. Eine dicke Frau in traditioneller
Ikat-Tracht mit einem Kamm im Haar und den Mund voll mit Betelsaft. Die Mädchen
kichern, die Burschen graben ihren Fundus aus. „I miss you“. „Sorry, thank you“.
Einer verblüfft mit einem unerwarteten „Icecream“. Ja, was soll man da
antworten? Für das Flicken des Reifens
bezahle ich 10.000 Rupies, umgerechnet siebzig Cent, und nach vielen, vielen
Fotos düsen wir weiter. Der Portugiese fährt voraus. Er hat eine Karte am Handy
aber sonst keinen Schimmer, möchte partout gegen alle Einbahnen fahren und
missachtet auch sonst die wenigen global geltenden Urgesetze des motorisierten
Straßenverkehrs. Die Einheimischen wacheln ihn nachsichtig weg und lachen nur,
wenn er sich durch unzählige Mopeds hindurch in die falsche Richtung schlängeln
möchte oder wenn er halsbrecherisch Kurven und andere Verkehrsteilnehmer
schneidet. Mein Reiseführer erwähnt einen Fastfoodladen Amazy,
indonesische Kopie eines KFC, und
alle pilgern wir in Erwartung saftig-knuspriger Hühnerteile abends dorthin. Die
Lady am Pult kann es nicht fassen, als wir das Lokal betreten. Sie lacht
hysterisch, beginnt unglaublich zu schwitzen und erklärt sich händeringend,
immer wieder unterbrochen von panischen Lachanfällen und nach Hilfe suchenden
Blicken. „Potato no, no!“, also keine Pommes, und mit Hilfe ihrer Finger gibt
sie uns zu verstehen, dass wir uns aufgrund unserer monströsen Bestellung auf
eine lange Wartezeit einzustellen hätten. Nach einer gefühlten Ewigkeit
serviert man uns endlich unglaublich viel Teig rund um ganz, ganz wenig Fleisch
und während wir an den freigelegten Knochen nagen, absolvieren wir
pflichtschuldigst Fototermine mit den Angestellten, Gästen und Passanten. Olli kauft sich noch fermentierte, sprudelnde
Milch mit Melonengeschmack und ich mir ein Guiness. Die alte Frau im kleinen
Laden gegenüber unserem Hotel zeigt höchstes unternehmerisches Geschick und hat
ihr Sortiment binnen kürzester Zeit gemäß unserer Bedürfnisse um Moskitokohle,
Insektenschutzmittel, Orangensaft und Bier erweitert.
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