Freitag, 20. Januar 2017

18.1., Maumere
Der Holländer reist heute ab nach Jakarta und für die restlichen sechs stellt der Rezeptionist drei überteuerte, aber von uns heiß begehrte Mopeds auf. Alles nicht so einfach hier, die Mopetten kommen alle aus privater Hand. In Richtung Westen folgen wir der Küste und mit den Kilometern weg von der Stadt wird es immer leiser, grüner und einsamer. Von Bananenstauden gesäumte Abschnitte, die Straße von beiden Seiten teilweise schon fast zugewachsen. Bei den Pausen muss man sich gut überlegen, wieviel Zeit man dafür aufbringen möchte. Alles außer Dosenware, zum Beispiel Tee oder Eiskaffee, dauert locker eine Stunde, bis es am Tisch steht. Im kleinen Verschlag kehren wir ein auf eine sehr gute Fischkopfsuppe und auf gummiartige Fleischbällchen, in denen schon rein vom Preis her nur das Schlimmste reingewurstet worden sein kann. Die Haussauce ist außer bekömmlich sicher auch für Desinfektionszwecke ausreichend scharf und wir schnaufen ganz ordentlich und schwitzen in unsere Teller zum Gaudium der Hiesigen. Irgendwann müssen wir umkehren und am Weg retour ereilt mich mein gewohntes Schicksal, ein Patschen hinten. In der Hitze schieben der Ire und ich abwechselnd, schon bald begleitet von schreienden, aufgeregten Kindern. Nach einer halben Stunde erreichen wir ziemlich fertig den Reifenschuster, erkennbar am Reifen, der gegen seinen Verschlag gelehnt ist. Die Reparatur dauert. Der Schlauch muss zunächst von der Felge gezogen werden und nach Eruierung des Loches wird schließlich mit einer Zwinge ein Stück Gummi unter der Hitze einer brennenden Funzel mit dem Schlauch verschmolzen. Während dieser einen Stunde entsteht neben der Blechhütte ein großer Auflauf, an die dreißig Leute finden sich ein. Sessel werden für uns gebracht und wie Adelige nehmen wir inmitten der Dorfgemeinschaft Platz. Dass uns das peinlich ist, lassen wir uns möglichst nicht anmerken. Man könnte irritiert oder vielleicht sogar gekränkt sein, würden wir das Angebot ausschlagen. Die irgendwann gebrochenen Lehnen und Sitzflächen der schmutzigen Plastiksessel wurden schon mehrmals aufwändig und akkurat mit einer Schnur vernäht, hier schmeißt man nicht so schnell etwas weg. Ein Albinokind ist unter den Zaungästen, einer hält einen winzigen, sicher erst vor wenigen Tagen geborenen Affen. Eine dicke Frau in traditioneller Ikat-Tracht mit einem Kamm im Haar und den Mund voll mit Betelsaft. Die Mädchen kichern, die Burschen graben ihren Fundus aus. „I miss you“. „Sorry, thank you“. Einer verblüfft mit einem unerwarteten „Icecream“. Ja, was soll man da antworten?  Für das Flicken des Reifens bezahle ich 10.000 Rupies, umgerechnet siebzig Cent, und nach vielen, vielen Fotos düsen wir weiter. Der Portugiese fährt voraus. Er hat eine Karte am Handy aber sonst keinen Schimmer, möchte partout gegen alle Einbahnen fahren und missachtet auch sonst die wenigen global geltenden Urgesetze des motorisierten Straßenverkehrs. Die Einheimischen wacheln ihn nachsichtig weg und lachen nur, wenn er sich durch unzählige Mopeds hindurch in die falsche Richtung schlängeln möchte oder wenn er halsbrecherisch Kurven und andere Verkehrsteilnehmer schneidet. Mein Reiseführer erwähnt einen Fastfoodladen  Amazy, indonesische Kopie eines KFC, und alle pilgern wir in Erwartung saftig-knuspriger Hühnerteile abends dorthin. Die Lady am Pult kann es nicht fassen, als wir das Lokal betreten. Sie lacht hysterisch, beginnt unglaublich zu schwitzen und erklärt sich händeringend, immer wieder unterbrochen von panischen Lachanfällen und nach Hilfe suchenden Blicken. „Potato no, no!“, also keine Pommes, und mit Hilfe ihrer Finger gibt sie uns zu verstehen, dass wir uns aufgrund unserer monströsen Bestellung auf eine lange Wartezeit einzustellen hätten. Nach einer gefühlten Ewigkeit serviert man uns endlich unglaublich viel Teig rund um ganz, ganz wenig Fleisch und während wir an den freigelegten Knochen nagen, absolvieren wir pflichtschuldigst Fototermine mit den Angestellten, Gästen und Passanten.  Olli kauft sich noch fermentierte, sprudelnde Milch mit Melonengeschmack und ich mir ein Guiness. Die alte Frau im kleinen Laden gegenüber unserem Hotel zeigt höchstes unternehmerisches Geschick und hat ihr Sortiment binnen kürzester Zeit gemäß unserer Bedürfnisse um Moskitokohle, Insektenschutzmittel, Orangensaft und Bier erweitert.

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