21.1.,
Maumere, Waiwerang
Keine
zehn Minuten stehe ich kurz vor Sieben neben der Hauptstraße, bleibt schon ein
Minibus nach Larantuka stehen, der östlichsten Stadt von Flores mit Hafen zu
den Inseln des Solor-Alor-Archipels. Heute die Frauen Perry und Pink in
Dauerschleife, während wir beengte Dörfer außerhalb Maumeresabklappern, um noch
mehr Passagiere für die vierstündige Fahrt aufzutun. Stelzenhäuser, verdreckte
Gassen, Männer, die an Einbäumen hobeln. Dann wird es immer einsamer. Statt
kleiner Siedlungen nur mehr einzelne Höfe inmitten von Reisfeldern. Fahrende
Händler mit Besen und anderen Waren auf ihren Mopeds. Ein Bauer schleift seine
Harke, indem er sie während der Fahrt auf dem Asphalt neben sich her zieht. In
Larantuka bringt mich ein Typ zu einer Bootsanlegestelle und von dort setzt
mich ein kleiner Kutter die dreihundert Meter zur Insel Adonara über. Der
Steuermann muss dabei steil gegen die in dieser Enge herrschende Strömung
halten, damit wir nicht zu weit abgetrieben werden. Drüben funktioniert die
Verständigung endgültig nur mehr mit mehrfach unterschiedlich betonten Ortsnamen
und einfachsten Gesten, beide Hände an den geneigten Kopf mit
Schnarchgeräuschen zum Beispiel oder reibende Finger und gestreckte Finger für
Preisverhandlungen. Mein Bilderbuch mit den wichtigsten Symbolen für unterwegs
ist noch irgendwo im Hauptgepäck vergraben. Nach Wureh möchte ich, zu
irgendeinem namenlosen Marktflecken in der entgegengesetzten Richtung bringt
mich ein Mopedtaxler, weil es nur hier so etwas wie eine Unterkunft gibt. Bis
ich das verstehe, vergeht eine halbe Stunde inmitten einer Traube aufgewühlter
Eingeborener, die mich mit wertlosen Wortfetzen und englischen Phrasen
behelligen, die sie irgendwo einmal aufgeschnappt haben. „Whereyougo, Mister?“,
das war´s aber dann. Permanent zupft wer an mir oder klopft mir auf die
Schulter, während ich herauszufinden versuche, wer mich hier überhaupt
versteht. Das finstere Loch mit zwei Stockbetten darin mitten im Marktgebiet
ist skandalös, keinen Hund würde ich hier über Nacht einsperren. Ein
Benzintandler verschafft mir schließlich einen groben Überblick über die örtlichen
Gegebenheiten, nur in Waiwerang gäbe es zwei Homestays.Mein Reiseführer erwähnt
ebenfalls zwei
Unterkünfteim
Hauptort der Insel, lässt aber die essentielle Frage unbeantwortet, welches der
vielen Dörfer denn jetzt der eigentliche Hauptort ist. Schreibtischtäter,na
wurscht. Mohidor, ein fünfundzwanzigjähriger Bursche, dessen Familie hier heute
einen Marktstand betreibt, bietet mir schließlich an, mit ihnen nach Waiwerang
zurückzufahren, sobald sie die Waren am Pickup verstaut hätten. Ich finde mich
wieder inmitten vieler anderer auf großen Kleidungssäcken in luftiger Höhe
sitzend, bei einem entgegenkommenden Truck haue ich mir gleich ordentlich die
Zehen an, weil ich meine Füße arglos herunterbaumeln habe lassen und die
Straßen sehr eng sind. Mohidor möchte dann alles über die westlichen
Gepflogenheiten in Bezug auf vorehelichen Sex, Prostitution, Heirat und
Religionsausübung wissen und während wir die engen Kehren über die Hügel im
Landesinneren erklimmen, stehe ich pflichtschuldigst Rede und Antwort. Ob
Polygamie in Ordnung sei und ob bei uns die Frauen vor der Eheschließung
ebenfalls schriftlich bestätigen müssten, dass mit ihnen körperlich und geistig
alles in Ordnung sei? Nicht alles ist mit wenigen Sätzen erklärt. Warum es denn
überhaupt noch horizontales Gewerbe bei uns gäbe, wo doch quasi jeder mit jedem
jederzeit und ähnliche Kurzschlüsse gilt es aufzuklären. Selbstredend ist er
begeistert ob der geschilderten Zustände und gibt mir noch einen Kaffee im Haus
der Familie aus, ehe er mich zu den zwei Hotels führt. Die schüchterne Frau des
Bruders tastet sich die Wand entlang so weit bis zum Vorraum vor, in dem wir
sitzen, dass ich ganz kurz ihre neugierigen Augen sehe, dann reicht sie die
Tassen ins Leere und zieht sich hurtig ins Innere des Hauses zurück, nachdem
ihr der Schwager endlich den Kaffee abgenommen hat. An der Wand hängt ein Bild
seines Koranlehrers und ich lerne alles über halal
und haram und noch irgendwas
dazwischen, ohne Worte. Mohidor
selbst hätte auch einen Raum frei, der ist allerdings bis auf eine Matte am
Boden leer und moskitoverseucht. Im Hotel Asri
checke ich ein und verschnaufe erst einmal, anstrengend ist das
Vagabundendasein. Am Abend gibt´s nicht mehr viel zu tun oder zu sehen in
Waiwerang und ich bin froh, dass ich noch gebratenen Reis mit kleinen Fischen
und Kokosraspeln und eine Flasche Wasser dazu aufstellen kann.
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