Montag, 30. Januar 2017



29.1., Lebolewa, Kupang

Mein neues Leben auf der Landstraße. Vom Hotel zum Flughafen, wo der Ticketschalter noch geschlossen hat. Menschen in Uniform schätzen die Wahrscheinlichkeit, dass heute noch ein Vogel abheben wird, auf fifty fifty. Vom Flughafen zum Internetcafe in der Stadt, bis die Leitung zusammenbricht. Vom Internetcafe zum Flughafen, auf Verdacht ein Ticket für den mittäglichen Flug nach Kupang in Westtimor kaufen. Vom Flughafen zum Hotel, Gepäck holen. Vom Hotel zum Flughafen, einchecken. Der Flug wird erfreulicherweise stattfinden. Die anderen zwanzig Passagiere und ich werden per Handschlag begrüßt und am Schalter wird mir bereits eine Packung Schnitten ausgehändigt, die Bordverpflegung. Gut, dass ich sie schon in der Abfertigungshalle esse, an Bord der kleinen Propellermaschine wäre mir der Appetit mit Sicherheit vergangen. Hier stinkt´s wie in einer öffentlichen Bedürfnisanstalt. Der Blick runter aufs Meer ist sensationell. Sandbänke, deren Konturen sich bis tief unter die Wasseroberfläche abzeichnen, bunte Fischerboote und eine kompakte, brodelnde Stelle im ansonsten unbewegten, klaren Wasser. Vielleicht ein Schwarm Fische oder Delphine. In Kupang angekommen, buche ich gleich den morgigen Anschlussflug nach Alor, womit ich meinen gigantischen Umweg auf die östlichste Insel des Solor-Alor-Archipels beenden werde. Eine fünfstündige Busfahrt, zehn Taxifahrten, zwei Flüge, insgesamt mehr als drei Tage Reisezeit für ein Ziel, von dem ich ursprünglich nicht mehr weiter entfernt war als achtzig Kilometer. Hoffentlich lohnt sich der Aufwand. Ein abendlicher Spaziergang durch das alte Hafenviertel Kupangs. Nach der Meuterei auf der Bounty hat hier nicht ganz freiwillig der englische Kapitän 1789 schon sechs Wochen verbracht. Davor machten sich die Holländer breit und vor denen kamen die Portugiesen. 1975 erklärte sich der Osten Timors unabhängig von Indonesien, woraufhin die Armee einmarschierte. 1999 töteten proindonesische Milizen tausendvierhundert Zivilisten, 2002 bekam Timor-Leste endgültig seine Unabhängigkeit. Vor zehn Jahren wurden die alten Straßenverbindungen wieder geöffnet und man kann den Osten zwar mit einigem bürokratischen Aufwand, aber doch wieder bereisen. So schaut´s aus, eine kleine geschichtliche Auffrischung für euch und für mich. Zurück in die Gegenwart. Schilder am schmutzigen Strand warnen vor Salzwasserkrokodilen, oberhalb braten Frauen Maiskolben am Gehsteig. Viele Einheimische sitzen auf der Mauer der Küstenstraße und schauen, die Burschen gebärden sich mit ihren Rollern. Ein Nachtmarkt mit frischem Fisch vom Grill. Alte Holzhütten und Trampelpfade in ruhigen Ecken abseits der Hauptstraßen. Ein Fruchtsaftstand neben dem anderen, ich schlürfe Avocadosaft mit Schokosauce. Nicht viel Neues in Westtimor.

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