29.1.,
Lebolewa, Kupang
Mein
neues Leben auf der Landstraße. Vom Hotel zum Flughafen, wo der Ticketschalter
noch geschlossen hat. Menschen in Uniform schätzen die Wahrscheinlichkeit, dass
heute noch ein Vogel abheben wird, auf fifty
fifty. Vom Flughafen zum Internetcafe in der Stadt, bis die Leitung
zusammenbricht. Vom Internetcafe zum Flughafen, auf Verdacht ein Ticket für den
mittäglichen Flug nach Kupang in Westtimor kaufen. Vom Flughafen zum Hotel,
Gepäck holen. Vom Hotel zum Flughafen, einchecken. Der Flug wird erfreulicherweise
stattfinden. Die anderen zwanzig Passagiere und ich werden per Handschlag
begrüßt und am Schalter wird mir bereits eine Packung Schnitten ausgehändigt,
die Bordverpflegung. Gut, dass ich sie schon in der Abfertigungshalle esse, an
Bord der kleinen Propellermaschine wäre mir der Appetit mit Sicherheit
vergangen. Hier stinkt´s wie in einer öffentlichen Bedürfnisanstalt. Der Blick runter
aufs Meer ist sensationell. Sandbänke, deren Konturen sich bis tief unter die
Wasseroberfläche abzeichnen, bunte Fischerboote und eine kompakte, brodelnde
Stelle im ansonsten unbewegten, klaren Wasser. Vielleicht ein Schwarm Fische
oder Delphine. In Kupang angekommen, buche ich gleich den morgigen
Anschlussflug nach Alor, womit ich meinen gigantischen Umweg auf die östlichste
Insel des Solor-Alor-Archipels beenden werde. Eine fünfstündige Busfahrt, zehn
Taxifahrten, zwei Flüge, insgesamt mehr als drei Tage Reisezeit für ein Ziel,
von dem ich ursprünglich nicht mehr weiter entfernt war als achtzig Kilometer.
Hoffentlich lohnt sich der Aufwand. Ein abendlicher Spaziergang durch das alte
Hafenviertel Kupangs. Nach der Meuterei auf der Bounty hat hier nicht ganz
freiwillig der englische Kapitän 1789 schon sechs Wochen verbracht. Davor machten
sich die Holländer breit und vor denen kamen die Portugiesen. 1975 erklärte
sich der Osten Timors unabhängig von Indonesien, woraufhin die Armee einmarschierte.
1999 töteten proindonesische Milizen tausendvierhundert Zivilisten, 2002 bekam
Timor-Leste endgültig seine Unabhängigkeit. Vor zehn Jahren wurden die alten
Straßenverbindungen wieder geöffnet und man kann den Osten zwar mit einigem bürokratischen
Aufwand, aber doch wieder bereisen. So schaut´s aus, eine kleine geschichtliche
Auffrischung für euch und für mich. Zurück in die Gegenwart. Schilder am
schmutzigen Strand warnen vor Salzwasserkrokodilen, oberhalb braten Frauen Maiskolben
am Gehsteig. Viele Einheimische sitzen auf der Mauer der Küstenstraße und
schauen, die Burschen gebärden sich mit ihren Rollern. Ein
Nachtmarkt mit
frischem Fisch vom Grill. Alte Holzhütten und Trampelpfade in ruhigen Ecken
abseits der Hauptstraßen. Ein Fruchtsaftstand neben dem anderen, ich schlürfe Avocadosaft
mit Schokosauce. Nicht viel Neues in Westtimor.
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