Freitag, 11. Januar 2019

10.1., La Fortuna

Eine Zeit lang konnten wir die Vulkane, von denen wir hier umzingelt sind, ganz gut ignorieren, heute müssen wir doch noch auf einen raufklettern. Auf den größten, den El Arenal, führt kein offizieller Weg hoch, aber sein Nachbar, der Cerro Chato, lockt sogar mit einem klassischen Kratersee.
Auf der Straße zum Berg nimmt uns noch ein finnisch-costaricanisches Pärchen mit dem Auto mit, ab dann wird´s anstrengend. Der erste Abschnitt ist mit einer klassischen Almwanderung vergleichbar, mit schöner Landschaft und Aussicht auf die Stadt unter uns, dann folgt der Einstieg zum Steig, der an die Spitze des tausendeinhundert Meter hohen Vulkans führt.
Jaja, der sei zwar offiziell gesperrt und mit Stacheldraht dicht gemacht worden, das wäre aber eine
übertriebende Reaktion der Gemeinde auf noch akzeptable Zerfallserscheinungen entlang der Route, hat man uns gesagt. Also frohen Mutes am Zaun und an den Warntafeln vorbeigeschlüpft und weiter. Es folgen fünfzig bis hundert hüfthohe Geländekanten, ebenso hoch ausgeschwemmte, ganz schmale Rinnen, durch die wir uns hindurch zwängen, die meisten der ursprünglich als Treppen angebrachten Holzbalken im steilen Gelände sind schon weggespült oder verrottet.
Selbstverständlich musste dieser Weg gesperrt werden, er ist gänzlich verwüstet. Aber Spaß macht es auch, obwohl alles nass und schlammig ist und wir uns teilweise auf allen vieren fortbewegen müssen. Fünf Argentinierinnen sind hinter uns, zwei Amis schon am Weg retour, weil ihnen das Wasser ausgegangen ist und ihnen der Abstieg vom Kraterrand zum See als zu gefährlich erschien. Tatsächlich werden die letzten hundert Meter in unwegbarem Gelände sehr steil, dann
stehen wir am Fuß des Kraters vor dem türkisgrünen See, über den Nebelschwaden ziehen. Die Wände des Kraters sind mit dichtem Dschungel bewachsen, der letzte Ausbruch ist schon treitausendfünfhundert Jahre her. Scheinbar riecht es leicht nach Schwefel (ich rieche gar nichts, meine Nase ist dicht), an den Rändern hat sich Schaum gebildet, im Wasser selbst dürfte nichts leben.
Für den Weg zurück wählen wir eine andere Route über den El Arenal, hängen uns an eine russische Geburtenhelferin und ihre Mutter in der Hoffnung auf leichteres Terrain an. Der Weg ist allerdings doppelt so lange und die zwei Damen aus Sibirien (im Winter minus dreißig, im Sommer vierzig Grad und Mücken. Sehr schön, du kommen!) legen ein wahnwitziges Tempo vor. Wirklich, ich marschiere mit fünfundneunzig Prozent Leistungskapazität-den Rest als Reserve bei
einem Pumaangriff-, aber ich komme kaum nach. Auch ein veritabler Sturz kann das Duo nicht bremsen.
Nach sechs Stunden Marsch im Stechschritt treten wir endlich aus dem Wald und schauen alle aus wie ein Burgenlandler nach einem dreitägigen Weinfest. Verschwitzt und verstunken, dreckig und zerschrammt, aber glücklich.
Bis vor die Haustüre bringen uns die zwei noch mit ihrem Mietwagen und mehr geht heute nicht mehr.

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