Dienstag, 1. Januar 2019

31.12., Isla Colon, Isla Bastimentos

Ein Taxiboot setzt uns über nach Bastimentos, in der geläufigeren Kurzform auch Basti Island genannt. Wer möchte, kann sich jetzt selbst einen Witz mit Bezug auf unseren derzeitigen Kanzler dazu ausdenken.
Das System der Boote funktioniert wie das von Sammeltaxis. Sobald sich genügend Leute eingefunden haben, wird abgelegt. Schwärme von eleganten Fregattvögeln und Pelikanen treiben unbeeindruckt inmitten des regen Bootsverkehrs. Auf Basti angekommen, fragen wir uns
durch zum Dreamcatcher-Hostel, einer auf einen Hang mit Blick auf die Bucht gebauten Oase der Ruhe. Zu leiser Musik nach Art des Buena Vista Social Club chillen ein Serbe, der schon seit zwölf Jahren unterwegs ist, und Betty, Bekanntschaft aus Bouquete und Grund unseres Besuches.
Wir schlürfen eiskalten Wassermelonensmoothie, im Garten flattert ein Kolibri. Später wandern wir zum Wizard-Strand. Auf diesem Pfad kam es in letzter Zeit immer wieder zu Überfällen,
weswegen die Polizei Besucher persönlich dazu anhält, ab fünf Uhr nachmittags wieder den Weg nach Hause anzutreten.
In unseren Hängematten beobachten wir, wie die hohen Wellen weiß schäumend hereinrollen und das Schnattern der Damen übertönt die Brandung nur mit Mühe. Beim Heimgehen gesellt sich ein Einheimischer zu uns und möchte auch nach mehrmaliger Aufforderung nicht überholen. Er hegt aber keine unlauteren Absichten, vielleicht ist er Teil einer Bürgerwehr oder so.
Wieder zurück im Dorf möchte mir ein Typ Feuerwerkskörper andrehen und meint auf meinen Einwand hin, ich würde einen ruhigen Jahreswechsel bevorzugen, Then go back to the Jungle.
Zurück auf Colon bleibt noch Zeit, ein paar Partien Billard zu spielen, ehe der Neujahrszirkus startet. Die zentralen Straßen und der Hauptplatz sind für den Verkehr gesperrt, was nicht jeder Autofahrer zur Kenntnis nimmt. Tausende Menschen schreien mit, als der Countdown eingeläutet wird, dann bricht ein Inferno über Bocas Town herein. Sechs oder acht Meter lange Reihen miteinander verbundener Knallkörper, so wie überdimensionale Ladycracker, wer sich noch erinnern
kann, werden gezündet. Keine Absperrungen, keine Sicherheitsvorkehrungen,nix, ohrenbetäubender Lärm. Dicker Rauch in den Straßen. Tausende Raketen schießen hoch auf der Jagd nach einer einzigen friedlich in den Nachthimmel aufsteigenden Feuerlaterne. Drohnen stehen in der Luft. Böller detonieren ringsum. So stark und laut, daß man die Druckwelle spürt, zum Fürchten. Eine bemühte Band am Hauptplatz geht mit einer gewissen Restwürde im Wahnsinn unter. Einer
schüttelt noch wie in Trance seine Rasseln, die anderen haben es schon aufgegeben. Zeug rieselt auf uns herab, Irrläufer und Funkenflug auf Holzdächer. Alarmanlagen von Autos mischen sich mit Geschrei und Explosionen, mittendrin die Polizei mit Blaulicht. Rumflaschen am Boden, Tanzende, Besoffene. Irgendwann stelle ich mein Bier ab und halte mir die Ohren zu, deutlicher Indikator einer Ausnahmesituation. Unvermindert hält der Wirbel über dreißig Minuten lang an, feliz ano, prospero ano nuevo, dann beruhigt sich die Lage. Am Weg heim fragt mich ein Bub nach meiner leeren Bierdose, die möchte er noch mit seinen Knallern sprengen, bitte sehr. Prosit!

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